Zusammenfassung
Der plötzliche Säuglingstod (SIDS) ist eine Ausschlussdiagnose und beschreibt den plötzlichen unerwarteten Tod eines scheinbar gesunden Säuglings im ersten Lebensjahr während des Schlafs, der auch nach vollständiger Abklärung einschließlich Obduktion ungeklärt bleibt. Die Genese gilt als multifaktoriell, wobei zentrale und externe Risikofaktoren vermutet werden. Einige dieser Risikofaktoren sind bekannt und bilden die Grundlage für präventive Empfehlungen an Eltern.
Häufigkeitsgipfel
SIDS kann in verschiedenen Altersphasen auftreten, weist aber zwei Häufigkeitsgipfel auf:
- 1.–2. Lebenstag (seltenere Form, oft andere Ursachen im Rahmen der Differenzialdiagnostik)
- 2.–6. Lebensmonat (klassisches SIDS-Alter mit Maximum um den 3.–4. Monat)
Risikofaktoren
Externe Risikofaktoren
- Schlafen in Bauch- oder Seitenlage
- Unsichere Schlafumgebung (weiche Matratzen, Kissen, Decken, Kuscheltiere)
- Schlafen im elterlichen Bett (v. a. bei niedrigem sozioökonomischem Status)
- Überwärmung (zu warme Kleidung, Heizdecken, hohe Raumtemperatur)
- Rauchen oder Drogenkonsum während der Schwangerschaft und postnatal
Interne Risikofaktoren
- Frühgeburtlichkeit
und niedriges Geburtsgewicht (IUGR) - Männliches Geschlecht
- Junges Alter der schwangeren Person
- SIDS bei einem Geschwisterkind in der Vorgeschichte
- Reifungsstörungen der zentralen Atem- oder Herzfrequenzregulation
- Fehlende oder verminderte Arousal-Reaktion (Aufweckreaktion auf Hypoxie)
Vermutete Pathophysiologie
Ein multifaktorieller Ansatz wird angenommen („Triple-Risk-Modell“):
Anatomisch-funktionelle Reifungsstörung + externer Stressor + vulnerable Schlafphase
1. Vulnerabler Säugling:
Anatomisch-funktionelle Reifungsstörung, z. B. im Bereich der autonomen Atemkontrolle (Medulla oblongata, serotonerge Bahnen), gestörte kardiorespiratorische Regulation, beeinträchtigtes Arousal-System
2. Kritische Entwicklungsphase:
→ Besonders im Alter von 2–4 Monaten, in dem sich die Atem- und Kreislaufregulation noch in der Reifung befindet
3. Externe Risikofaktoren:
→ z. B. Bauchlage
Pathophysiologischer Verlauf (vermutet):
Externer Stressor (z. B. Hypoxie durch Rebreathing in Bauchlage
→ Asphyxie
→ Fehlende oder unzureichende Aufwachreaktion/Atemantrieb
→ respiratorische Insuffizienz und Tod
InfoObwohl die genauen Ursachen von SIDS noch nicht vollständig geklärt sind, können präventive Maßnahmen, wie das Schlafen in Rückenlage
, die Vermeidung von Überwärmung und die Schaffung einer sicheren Schlafumgebung, das Risiko für SIDS erheblich reduzieren.
Diagnostik
- Ausführliche Anamnese, insbesondere zu Schwangerschaft, Geburt
und Schlafumgebung - Untersuchung der Todesumstände (z. B. Liegeposition, Umgebungstemperatur, Bett)
- Rechtsmedizinische Obduktion zur Ausschlussdiagnostik – keine pathologische Todesursache feststellbar
MerkeErst wenn sämtliche anderen Ursachen ausgeschlossen wurden, darf die Diagnose „plötzlicher Säuglingstod“ gestellt werden. Zunächst ist daher der Tod als „unklare Todesursache“ zu dokumentieren, und die Polizei muss informiert werden.
Prävention im ersten Lebensjahr
Allgemeine Empfehlungen
- Verzicht auf Rauchen, Alkohol und Drogen während Schwangerschaft und Stillzeit
- Stillen für mindestens 4–6 Monate
- Regelmäßige Impfungen nach STIKO
- Gezieltes Bauchlage
-Training unter Aufsicht zur motorischen Förderung
Sicherer Schlaf
- Rückenlage
beim Schlafen - Eigenes Babybett im Elternschlafzimmer
- Feste, glatte Matratze ohne Kissen oder Decken
- Verwendung eines passenden Babyschlafsacks anstelle von Decken
- Keine losen Gegenstände (z. B. Spielzeug, Nestchen)
- Raumtemperatur < 20 °C, keine Überwärmung
- Keine Anwendung des „Puckens“ (Wickeltechniken, bei denen Säuglinge in den ersten Lebensmonaten eng in ein Tuch eingebunden werden)
- Raucherfreier Haushalt – auch keine Rauchrückstände auf Kleidung (Third-Hand-Smoke)
TippPrävention des plötzlichen Säuglingstods – Das SAFE-SLEEP-Prinzip
Ein praxisnahes Akronym für die ärztliche Beratung:
S – Schlafposition:
Rückenlageist die sicherste Schlafposition – konsequent und ausnahmslos empfohlen A – Allein
, aber nicht isoliert:
Das Kind schläft im eigenen Bett, aber im selben Raum wie die Eltern (Rooming-in)F – Feste Unterlage:
Matratze soll fest und eben sein – keine Kissen, Decken, Nestchen oder weiche MaterialienE – Eliminierung von Risikofaktoren:
Keine Überwärmung, kein Rauchen (auch nicht passiv oder auf Kleidung), keine Drogen, BabyschlafsackS – Stillen:
Stillen reduziert das SIDS-Risiko signifikant – empfohlen für mindestens 4–6 MonateL – Luftzirkulation:
Keine Abdeckung des Gesichts durch Decken o. ä., ideale Raumtemperatur: 16–20 °CE – Elternaufklärung:
Frühe, wiederholte Aufklärung über Schlafsicherheit, z. B. bei U-UntersuchungenE – Eigenes Bett:
Kein Co-Sleeping – Säuglinge sollten nicht im elterlichen Bett schlafenP – Präventive Medizin:
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen (schützen indirekt durch Vermeidung von Infekten)

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALLE (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Quellen
S1‑Leitlinie: Prävention des Plötzlichen Säuglingstods, Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM)