Zusammenfassung
Eine Pneumonie ist eine Entzündung des Lungengewebes, die durch Bakterien, Viren und seltener durch Pilze oder andere Mikroorganismen verursacht wird. Die wichtigsten Symptome einer Pneumonie sind Husten (oft mit Auswurf), Fieber
Epidemiologie
- Die ambulant erworbene Pneumonie ist nach Durchfallerkrankungen die zweithäufigste Infektionskrankheit weltweit
- Unter den Infektionskrankheiten ist die Pneumonie die häufigste Todesursache in Deutschland
- Ca. 1% der hospitalisierten Patient:innen erkranken im Laufe des Krankenhausaufenthaltes an einer nosokomialen Pneumonie (HAP) ➜ Erkrankungsrisiko steigt mit zunehmender Aufenthaltsdauer
Ursachen
Einer Pneumonie liegen meist bakterielle oder virale Infektionen zugrunde. Die Entzündung kann aber auch durch andere Mikroorganismen, Pilze oder Parasiten verursacht werden. Das Erregerspektrum variiert je nach vorliegenden Risikofaktoren, Entstehungsort der Infektion
Risikofaktoren
- Immunsuppression (z.B. HIV, immunsuppressive Therapie)
- Höheres Lebensalter (>60 Jahre)
- Rauchen (eingeschränkte mukoziliäre Clearance)
- Vorerkrankungen: chronische Lungenerkrankungen (z.B. COPD
, Asthma, Mukoviszidose), Herzinsuffizienz , neurologische Erkrankungen mit Schluckstörungen - Krankenhausaufenthalt, insbesondere auf der Intensivstation
- Invasive Beatmung (Intubation
) - Mangelnder Impfschutz
- Asplenie/Splenektomie (Fehlen oder Entfernung der Milz)
- Bettlägerigkeit
- Vorbehandlung mit Antibiotika
Typ der Pneumonie | Definition | Häufige Erreger |
---|---|---|
Ambulant erworbene Pneumonie (CAP) |
| Typische, bakterielle Erreger:
Atypische Erreger:
Virale Erreger:
|
Nosokomiale Pneumonie (HAP) | Erkrankungsbeginn ≥48 Stunden nach Krankenhausaufnahme |
|
Pneumonie unter Immunsuppression |
| Infektion
|
Pneumonie bei Neugeborenen |
|
|
Pneumonie unter erhöhtem Risiko für multiresistente Erreger | Risikofaktoren für multiresistente Erreger (MRE)
| Zusätzliche Erreger: Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus Multiresistente gramnegative Stäbchen (MRGN): Pseudomonas aeruginosa, Stenotrophomonas maltophilia, Acinetobacter baumannii |
Klassifikation
MerkeEs gibt viele Möglichkeiten, eine Pneumonie zu klassifizieren. Nicht jede Klassifikation ist jedoch klinisch relevant oder hat Auswirkungen auf die Therapieentscheidung.
Klassifikation nach Ort des Erwerbs und Immunkompetenz
- Ambulant erworbene Pneumonie (CAP = community-acquired pneumonia) bei bestehender Immunkompetenz
- Im Krankenhaus erworbene Pneumonie (HAP = hospital-acquired pneumonia) bei bestehender Immunkompetenz
- Pneumonie unter Immunsuppression (z.B. bei Organtransplantation, HIV-Infektion
etc.) - ➜ Einteilung erlaubt Rückschlüsse auf die Herkunft der Infektionserreger. Sie ist relevant für die Therapieentscheidung.
- Weitere Untergruppen:
- Beatmungs-assoziierte Pneumonie (VAP = ventilator associated pneumonia): Pneumonie, die innerhalb von 48 Stunden nach einer endotrachealen Intubation
oder innerhalb von 48 Stunden nach einer Extubation erworben wurde
- Beatmungs-assoziierte Pneumonie (VAP = ventilator associated pneumonia): Pneumonie, die innerhalb von 48 Stunden nach einer endotrachealen Intubation
Klassifikation nach Klinik
- Klinisch kann die Pneumonie durch typische und atypische Verläufe gekennzeichnet sein. In der klinischen Praxis sind die Verläufe meistens schwer zu unterschieden und erlauben keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Infektionserreger:
Typische Pneumonie/alveoläre Pneumonie | Atypische Pneumonie / interstitielle Pneumonie | |
---|---|---|
Erregerspektrum (unsicher) | Häufiger bakterielle Erreger
|
|
Klinik | Akuter Beginn | Subakuter Beginn |
Fieber | Fieber | |
Produktiver Husten | Trockener Husten | |
Häufig Begleitpleuritis | Selten Begleitpleuritis | |
Körperliche Untersuchung | Rasselgeräusche | Häufig auskultatorisch unauffällig bzw. diskrete Rasselgeräusche |
Klassifikation nach Pathologie
- Alveoläre Pneumonie:
- Lobärpneumonie: Entzündung eines Lungensegments oder –lappens
- Bronchopneumonie: Die Entzündung betrifft primär die Bronchien und greift sekundär auf das umliegende Gewebe über (multifokale Entzündungsherde)
- Interstitielle Pneumonie: Entzündung des Lungeninterstitiums
MerkeDiese Klassifikation wird auch bei der radiologischen Diagnostik eingesetzt. Eindeutige Rückschlüsse auf die Infektionserreger und die daraus resultierende antibiotische Therapie sind durch diese Einteilungen nicht möglich.
Klassifikation nach bestehenden Vorerkrankungen
- Primäre Pneumonie: entwickelt sich bei Gesunden ohne relevante Vorerkrankungen
- Sekundäre Pneumonie: entwickelt sich auf Basis von Vorerkrankungen oder Grundleiden
- Vorerkrankungen: COPD
, Herzinsuffizienz , Diabetes mellitus , angeborene oder erworbene Immundefekte etc. - Anatomische Veränderungen: Tuberkulosekavernen, die einen Nährboden für Infektionen bilden können, tumorbedingte Stenose der Bronchien mit Sekretstau, Atelektasenbildung und nachfolgender Entzündung ➜ Retentionspneumonie
- Schluckstörungen: Risiko der Aspiration von Nahrung oder Flüssigkeit ➜ Aspirationspneumonie
- Vorerkrankungen: COPD
Pathophysiologie
Um die Entstehung einer Pneumonie zu verhindern, gibt es zahlreiche Abwehrmechanismen gegen entsprechende Krankheitserreger. Der häufigste Infektionsweg einer Pneumonie ist die Inhalation
TippPartikel und Erreger mit einer Größe von unter 5 μm können durch Inhalation
bis in die Alveolen gelangen.
- Abwehrmechanismen:
- Nasenhaare, Nasenmuscheln
- Hustenreflex
- Mukoziliäre Clearance: Schleim (Mukus) wird zusammen mit Fremdpartikeln und Mikroorganismen durch einen gerichteten Zilienschlag (kleine haarförmige Zellfortsätze) aus den Atemwegen befördert
- Alveolarmakrophagen
- Sekretion antimikrobieller Defensine (z.B. Lysozym
) - Epithel als physikalische Barriere
- Spezifische Immunantwort
- Typischer Infektionsweg und Entzündungskaskade:
- Inhalation
der Erreger ➜ Vermehrung in Alveolen und lokale Gewebeschädigung ➜ Aktivierung von Makrophagen ➜ Freisetzung von Entzündungsmediatoren (TNF-α, IL-6, IL-1) ➜ Kapillarleckage und Flüssigkeitsaustritt in die Alveolen ➜ Beeinträchtigung des Gasaustauschs
➜ Atemnot, Fieber (durch Entzündungsmediatoren) und Husten
- Inhalation
- Andere Infektionswege:
- Aspiration: von Fremdkörpern, Mageninhalt (z.B. bei Crush-Intubation
) - Deszendierend: initial Bronchien betroffen, anschließend deszendierende Ausbreitung auf die Alveolen
- Hämatogene Streuung: Pathogene gelangen über den Blutweg in die Lunge
(z.B. bei Sepsis) - Kontinuierliche Ausbreitung: Bei Brustverletzungen, Pleuraempyem
oder chirurgischen Eingriffen können Pathogene aus dem angrenzenden Gewebe zum Lungengewebe gelangen - Lymphogen: insbesondere bei Tuberkulose oder Pilzerkrankungen relevant
- Aspiration: von Fremdkörpern, Mageninhalt (z.B. bei Crush-Intubation
Klinik
Die Symptome der typischen Pneumonie, die häufig durch Bakterien wie Streptococcus pneumoniae verursacht wird, sind in der Regel intensiver und gehen mit deutlichen Anzeichen einer Infektion
Typische Pneumonie:
- Allgemeinsymptome:
- Ausgeprägtes Krankheitsgefühl
- Fieber
und Schüttelfrost - Tachykardie
- Respiratorische Symptome:
- Produktiver Husten
mit purulentem Auswurf (gelb-grün) - Dyspnoe
und Tachypnoe - Bei Begleitpleuritis: atemabhängige Brustschmerzen
- Produktiver Husten
- Begleitsymptome:
- Glieder- und Kopfschmerzen
- Neurologische Symptomatik (z.B. Verwirrtheit)
- Glieder- und Kopfschmerzen
Atypische Pneumonie:
- Allgemeinsymptome:
- Subfebrile
Temperaturen oder leichtes Fieber - Allgemeine Schwäche
- Subfebrile
- Respiratorische Symptome:
- Trockener, unproduktiver Husten
- Geringe Dyspnoe
- Trockener, unproduktiver Husten
- Begleitsymptome:
- Glieder- und Kopfschmerzen
- Neurologische Symptomatik (z.B. Verwirrtheit)
- Ggf. extrapulmonale Symptomatik (z.B. Durchfall)
- Glieder- und Kopfschmerzen
TippBei gleichzeitigem Auftreten von Urtikaria sollte an eine Pneumonie durch Mycoplasma
pneumoniae gedacht werden.
Diagnostik
MerkeDie Diagnose einer Pneumonie erfolgt durch Anamnese, Ergebnisse der körperlichen Untersuchung, Laborbefunde, Erregerdiagnostik und radiologische Bildgebung.
Diagnosekriterien der Pneumonie
Hauptkriterium | Nebenkriterien |
---|---|
Neu aufgetretenes Infiltrat im Röntgen-Thorax |
|
Einschränkungen der Diagnosekriterien:
➜ Die Pneumonie ist daher in der Regel eine klinische Diagnose, die aus einer Kombination von Symptomen, klinischer Untersuchung, Laborbefunden und bildgebenden Verfahren gestellt wird. |
Anamnese
Um bei der Anamnese keine wichtigen Punkte zu vergessen, empfiehlt sich eine strukturierte Vorgehensweise. Dazu kann das SAMPLER-Schema
- Symptoms: Beginn, Symptomatik, Schwere, Schmerzen, Husten
, Auswurf , Fieber - Allergies: z.B. Penicillin
-Allergie - Medication: Immunsuppressiva
, Antibiotika - Past Medical History (Vorerkrankungen, Voroperationen, bekannte Lungenerkrankungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus
) - Letzte (letzter Krankenhausaufenthalt, letzte Antibiotikatherapie)
- Events Prior to Incident (dem Vorfall vorangegangene Ereignisse)
- Risk Factors (Risikofaktoren): Immunsuppression, Rauchen, Krankenhausaufenthalte, rezidivierende Pneumonien, strukturelle Lungenerkrankungen, invasive Beatmung, Bettlägerigkeit
, etc. - Weitere:
- Impfstatus: Pneumokokken-Impfung, Influenza-Impfung
- Sozialanamnese, häusliche Versorgung
- Vor allem bei jungen Patienten:innen: Reiseanamnese
Körperliche Untersuchung
Die Bestimmung der Vitalparameter ist wichtig für die Beurteilung des klinischen Schweregrades:
- Herzfrequenz
- Blutdruck
- Atemfrequenz
- Temperatur
- Sauerstoffsättigung
Es sollte eine vollständige körperliche Untersuchung durchgeführt werden, einschließlich einer Untersuchung des Herz-Kreislaufsystems, einer neurologischen Untersuchung sowie einer Untersuchung der Haut und der Lymphknoten. Der Fokus liegt auf der klinischen Untersuchung der Lunge
- Inspektion: Zeichen der Dyspnoe
(Tachypnoe, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, bei Kindern: Nasenflügeln, thorakale Einziehungen) - Palpation: verstärkter Stimmfremitus
- Perkussion: gedämpfter Klopfschall
möglich, bei oberflächlichen Infiltrationen oder Pleuraergüssen - Auskultation:
- Feinblasige Rasselgeräusche
- Bronchialatmen
: verstärktes Atemgeräusch (wie über den Bronchien) in der Lungenperipherie - Verstärkte Bronchophonie
AchtungDie körperliche Untersuchung kann vor allem bei atypischer Pneumonie oder tief liegenden Infiltraten unauffällig ausfallen.
Laboruntersuchung
- Kleines Blutbild
: - Entzündungsparameter: CRP
, Procalcitonin (PCT besitzt die höchste Spezifität für bakterielle Pneumonien), Leukozytenzahl, eventuell BSG - Arterielle BGA
: Evaluation einer Hypoxämie , respiratorischen Insuffizienz
Erregerdiagnostik:
Die Erregerdiagnostik ermöglicht eine gezielte Antibiotika
- Erregerdiagnostik besteht routinemäßig aus:
- Blutkulturen
(mindestens 2 Paare aerob und anaerob) - Erweiterte Erregerdiagnostik umfasst:
- Urindiagnostik
: Legionellen-Antigen (bei V.a. Legionellen-Pneumonie), Pneumokokken-Antigen (keine Routine-Diagnostik) - Bei schweren Verläufen, Verdacht auf multiresistente Erreger oder antibiotisch vorbehandelte Patient:innen: Erregerdiagnostik aus Sputum
, Trachealsekret oder bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit - Erregerdiagnostik aus Pleuraflüssigkeit nach Pleurapunktion
- Bei Verdacht auf saisonale Influenza: Influenza-Rachenabstrich
- Bei Verdacht auf Covid-Pneumonie: Rachenabstrich und SARS-CoV-2-PCR
- Urindiagnostik
TippSputum
, oft auch Auswurf genannt, ist das Sekret der unteren Atemwege. Es darf nicht mit dem Speichel verwechselt werden, der im Mund produziert wird und in erster Linie der Befeuchtung und Verdauung der Nahrung dient. Um Sputum für diagnostische Untersuchungen zu gewinnen, werden die Patient:innen in der Regel angeleitet, tief einzuatmen und kräftig abzuhusten.
InfoDie gewonnenen Körperflüssigkeiten (Sputum
, Trachealsekret, bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit, Pleurapunktat, Blutkultur , Urin) können mit verschiedenen diagnostischen Methoden auf Erreger untersucht werden.
Diagnostische Methode | Anwendungsbereich | Beschreibung |
---|---|---|
Kulturelle Anzucht | Bakterien & Pilze | Kultur von Mikroorganismen auf Nährmedien zur Identifizierung und Bestimmung ihrer Antibiotika |
Grampräparat | Bakterien | Färbung von Bakterien zur Unterscheidung in gram-positive und gram-negative Arten, beispielsweise zur Identifikation von Pneumokokken (grampositive Diplokokken) |
Antigennachweise | Bakterien, Viren & Pilze | Nachweis spezifischer Antigene von Erregern wie Legionellen, Pneumokokken oder Aspergillus (Galactomannan-Test) |
Serologie | Viren & Bakterien | Nachweis von spezifischen Antikörpern |
PCR (Polymerase-Kettenreaktion) | Bakterien, Viren, Pilze | Hochspezifische Methode zum Nachweis erregerspezifischer DNA |
Bildgebende Verfahren
Eine bildgebende Diagnostik sollte immer angestrebt werden. Die Wahl der Bildgebung fällt zumeist auf ein Röntgen-Thorax
Röntgen-Thorax

Hellerhoff, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Der typische Befund einer Pneumonie im Röntgen-Thorax
Lobärpneumonie | Bronchopneumonie | Interstitielle Pneumonie | |
---|---|---|---|
Pathophysiologie | Entzündung eines Lungensegments oder -lappens | Deszendierende Infektion herdförmiger, multifokaler Befall | Infiltration des Lungeninterstitiums |
Radiologisches Korrelat |
|
|
|
AchtungHäufig zeigen sich Pneumonieinfiltrate im Röntgen-Thorax
erst im klinischen Verlauf. Insbesondere bei leichten Pneumonien ist die Aussagekraft des Röntgen-Thorax deutlich eingeschränkt.
Weitere unspezifische Befunde, die im Röntgen-Thorax
- Pleuraverdickungen
bei Begleitpleuritis - Atelektasen
: Kollaps von Lungengewebe, der sich radiologisch als Bereich erhöhter Dichte mit Volumenverlust der betroffenen Region darstellt - Vergrößerte Hili: Hinweis auf eine Beteiligung der Lymphknoten
CT -Thorax
- Indikationen für ein CT
-Thorax sind: - Unklarer Befund im Röntgen-Thorax
bei fortbestehendem Verdacht auf Pneumonie - Schwere oder lebensbedrohliche Verläufe einer Pneumonie
- Verdacht auf eine andere Lungenerkrankung
- Pneumonie bei Patient:innen unter Immunsuppression
- Unklarer Befund im Röntgen-Thorax
- Befund: Die Pneumonie zeigt sich im CT
-Thorax als helle, milchglasartige Trübung
(= Konsolidierung). Die normale Lungenstruktur ist charakteristischerweise noch erkennbar. Das CTeignet sich besonders gut zur Darstellung von Komplikationen wie Pleuraergüssen oder Lymphknotenvergrößerungen.

“Severe Pneumonia Caused by Legionella pneumophila Serogroup 11, Italy.jpg” von Antonella GrottolaComments to Author , Fabio Forghieri, Marisa Meacci, Anna Fabio, Lorena Pozzi, Patrizia Marchegiano, Mauro Codeluppi, Monica Morselli, Leonardo Potenza, Ambra Paolini, Valeria Coluccio, Mario Luppi, Fabio Rumpianesi, and Monica Pecorari, Public domain, via Wikimedia Commons
Lungensonografie
In der Lungensonografie
Bei guter Expertise erreicht die Lungensonografie
Differentialdiagnosen
- Sonderformen der Pneumonie:
- Infarktpneumonie: Infektion eines Lungenbereichs, der infolge einer Lungenembolie
minderdurchblutet ist - Ornithose (Psittakose): durch Chlamydia
psittaci ausgelöste Pneumonie, durch Inhalation von infektiösem Vogelkot (v.a. bei Vogelzüchtern) - Opportunistische Pneumonien: verursacht durch Erreger wie Pneumocystis jirovecii, CMV (Zytomegalievirus), Aspergillus oder Candida, meist bei immungeschwächten Patient:innen
- Lipidpneumonie: Entzündung der Lunge
, oft infolge einer Aspiration von öligen Substanzen - Eosinophile Pneumonie: seltene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine erhöhte Anzahl eosinophiler Granulozyten im Lungengewebe gekennzeichnet ist
- Aspirationspneumonie: durch Aspiration von Fremdmaterial verursachte Pneumonie, häufig bei Patient:innen mit Schluckstörungen
- Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP): bei intubierten Patient:innen mit maschineller Beatmung
- Infarktpneumonie: Infektion eines Lungenbereichs, der infolge einer Lungenembolie
- Pulmonale Differentialdiagnosen:
- Akute Bronchitis
- Akut exazerbierte COPD
(aeCOPD ) - Lungenkarzinom
- Extrapulmonale Differentialdiagnosen:
- Herzinsuffizienz
- Lungenödem
anderer Ursachen
- Herzinsuffizienz
Therapie
Die Entscheidung, ob eine Pneumonie ambulant behandelt werden kann, richtet sich nach dem CRB-65-Score, dem Allgemeinzustand der Patient:innen, der Sauerstoffsättigung
CRB-65-Score (Entscheidung zur stationären Aufnahme) | ||
---|---|---|
C = Confusion Bewusstseinstrübung | Vorhanden | 1 Punkt |
R = Respiratory Rate Atemfrequenz | ≥30/min | 1 Punkt |
B = Blood Pressure Blutdruck | Systolischer Blutdruck <90 mmHg Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg | 1 Punkt |
65 = Age ≥65 Alter | ≥65 Jahre | 1 Punkt |
U = Urea Serum | >7 mmol/L (42 mg/dL) | 1 Punkt |
Bedeutung der Punktzahl
| ||
Im palliativen Therapiesetting oder bei funktionell eingeschränkten Patienten kann auch unabhängig von diesen Kriterien eine ambulante Therapie erwogen werden. |
Supportive Therapie
- Hohe Flüssigkeitszufuhr (erleichtert die Sekretolyse
) - Körperliche Schonung
- Thromboembolieprophylaxe
- Frühe Mobilisierung
- Atemtraining
- Behandlung von Begleiterkrankungen
- Bei unzureichender Oxygenierung: Sauerstofftherapie
- Antipyretika, Analgetika
Antibiotische Behandlung
- Prinzipien der antibiotischen Therapie:
- Möglichst früher Beginn, nach Materialgewinn für Erregerdiagnostik, spätestens 8 Stunden nach stationärer Aufnahme
- Initial kalkuliert beginnen und im Verlauf entsprechend dem Antibiogramm spezifisch anpassen
- Klinische Reevaluation nach 48–72 Stunden, abhängig von der klinischen Besserung
- Berücksichtigen: Vorerkrankungen, antibiotische Vorbehandlung, klinischer Zustand, lokale Resistenzlage, Reiseanamnese
- Therapiedauer: Mindestens 5–7 Tage, mindestens 72 Stunden über klinische Stabilisierung hinaus
- Bei antibiotischer Behandlung (<3 Monate) Wechsel der Substanzklasse empfohlen
- Fluorchinolone
sollten aufgrund ihrer zahlreichen Nebenwirkungen nur nach Risiko-Nutzen-Abwägung eingesetzt werden
- Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach:
- Entstehungsort: CAP/HAP
- Schweregrad der Pneumonie
- Individuellen Risikofaktoren für einen schweren Verlauf
- Risikofaktoren für nosokomiale Erreger
- Im Verlauf: Nach Erregernachweis und Antibiogramm
Einteilung der ambulant erworbenen Pneumonie in Schweregrade | ||
---|---|---|
Leichte Pneumonie ➜ Ambulant | Mittelschwere Pneumonie ➜ Stationär, Normalstation | Schwere Pneumonie ➜ Intensivmedizinische Überwachung |
|
|
|
ATS-Majorkriterien:
| ||
ATS-Minorkriterien:
|
Antibiotische Therapie bei ambulant erworbener Pneumonie (CAP)
AchtungBei fehlendem Nachweis atypischer Erreger und klinischer Stabilisierung können Makrolide
im Rahmen einer Kombinationstherapie nach 3 Tagen abgesetzt werden. Der Einsatz von oralen Cephalosporinen zur Behandlung der Pneumonie wird aufgrund der schlechten Wirksamkeit und dem erhöhten Risiko für Clostridioides-difficile-Infektionen nicht empfohlen.
Antibiotische Therapie bei nosokomialer Pneumonie (HAP)
TippDie kalkulierte Antibiotikabehandlung einer nosokomialen Pneumonie sollte frühzeitig nach der Probengewinnung für die Erregerdiagnostik begonnen werden, wobei die intravenöse Verabreichung zur genauen Kontrolle der Wirkstoffkonzentration im Blut erfolgen sollte. Dabei ist darauf zu achten, dass die Dosierung im oberen Bereich der Dosisempfehlungen liegt, um so wirksame Konzentrationen zu erzielen. Bei Nieren- oder Leberfunktionsstörungen kann jedoch eine Dosisanpassung notwendig sein.
Therapieüberwachung
Eine klinische Reevaluation sollte spätestens 48 Stunden nach Beginn der antibiotischen Therapie stattfinden. Die antibiotische Therapie sollte anhand der folgenden Parameter überwacht und evaluiert werden:
- Bewusstseinszustand
- Vitalparameter: Herzfrequenz
(<100/min), Atemfrequenz (<25/min), Blutdruck (systolisch >90 mmHg) - Temperatur, Fieber
(<37,8°C) - Sauerstoffsättigung
(SaO2 >90%), Sauerstoffpartialdruck >60 mmHg - Nahrungsaufnahme (gesicherte orale Nahrungsaufnahme)
- Zusätzlich können durch laborchemische Kontrollen Entzündungsparameter bestimmt werden. Die klinischen und laborchemischen Befunde helfen zu beurteilen, ob die Antibiotikatherapie wirkt, ob das Ansprechen auf die Therapie verzögert ist oder ob die Erkrankung progredient verläuft.
Maßnahmen bei Therapieversagen
- Erneute Erregerdiagnostik (am besten vor Therapieeskalation) und erweiterte Bildgebung
- Umstellung der antibiotischen Therapie: Wechsel der Substanzklasse und Kombinationstherapien in Betracht ziehen
- Intensivmedizinische Überwachung erwägen, Kriterien zur Aufnahme auf IMC/ICU überprüfen
Komplikationen
- Pleuraergüsse
- Pleuraempyem
- Lungenabzess
- Begleitpleuritis
- Sepsis, septischer Schock
- Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS)
- Verschlechterung anderer Komorbiditäten (COPD, Herzinsuffizienz
)
Prävention
- Händehygiene
: zur Vermeidung der Übertragung von Infektionserregern - Tragen von Atemschutzmasken (z.B. FFP2-Masken): zur Unterbindung des Hauptinfektionsweges über die Inhalation
von Krankheitserregern - Pneumokokken-Impfung: empfohlen für immunsupprimierte Patient:innen, alle Personen ab dem 60. Lebensjahr und Kinder (bis zum Alter von 23 Monaten)
- Influenza-Impfung: jährliche Impfung im Herbst empfohlen für alle Personen ab dem 60. Lebensjahr, Schwangere, Patient:innen mit chronischen Erkrankungen (z.B. COPD
, Asthma bronchiale , Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus ), medizinisches Personal, Personal für die Betreuung von Risikopersonen, Tätigkeiten mit Vogelkontakt
Algorithmus: Pneumonie
Fallbeispiel
Für ein praktisches Fallbeispiel zum Thema siehe
Für ein praktisches BGA
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Quellen
- S3-Leitlinie: Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie, Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), der PaulEhrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG), der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), der Gesellschaft für Virologie (GfV), des Kompetenznetzwerks CAPNETZ, der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM), der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT), der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SGP) und der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (SGInf)
- S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)