Zusammenfassung
Das Prostatakarzinom (PCa) ist eine bösartige Gewebeveränderung der Vorsteherdrüse (Prostata). Sie ist einer der häufigsten Krebserkrankung des Mannes und die dritthäufigste Krebstodesursache. Die Inzidenz dieser Erkrankung steigt mit dem Alter stark an.
Faktoren wie hormonelle Veränderungen, Umwelteinflüsse, familiäre Disposition begünstigen die Entstehung eines Prostatakarzinoms (Kausalgenese).
Die Symptome reichen je nach Tumorstadium von asymptomatisch, Blasenentleerungsstörungen bis hin zu Rückenschmerzen aufgrund von Metastasen.
Als Diagnostik dient neben einer ausführlichen Anamnese, eine körperliche Untersuchung samt digital-rektale Untersuchung, das Labor (zur Bestimmung des prostataspezifischen Antigens im Serum, kurz PSA), die transrektale Sonografie sowie Biopsien. Durch Vorsorgeuntersuchungen lässt sich das Prostatakarzinom meistens in einem frühen Krankheitsstadium diagnostizieren.
Die Wahl der Therapie ist stark abhängig vom Stadium, der voraussichtlichen Lebenserwartung und dem Wunsch des Patienten.
Epidemiologie
- Als häufigstes Karzinom des Mannes hat das Prostatakarzinom eine Inzidenz von etwa 58.780 (Stand: 2016) Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland
- Höchste Inzidenz (weltweit): USA
- Das mittlere Erkrankungsalter beträgt ca. 72 Jahre (Stand: 2016)
- Weltweit betrachtet erkranken deutlich mehr Menschen der westlichen Welt, vor allem in den USA und Nordeuropa, als in südlichen und östlichen Regionen der Welt
Ursachen
Wie bei vielen Krebserkrankungen ist die Entstehung des Prostatakarzinoms multifaktoriell. Folgende Faktoren begünstigen die Entstehung:
- Genetische Disposition: 2-3 mal höheres Risiko bei direkten Angehörigen
- Hormonelle Stimulation: Wachstumsstimulierung der Prostata durch Androgene
- Lebensalter
- Herkunft: Asiaten sind bspw. seltener betroffen als Afroamerikaner
- Lebensstil, Essgewohnheiten, Umweltfaktoren: Nikotinkonsum, Alkohol, Abgase, hoher Konsum von tierischen Proteinen und Fetten
- Entzündungen: bspw. Prostatitis
- Stoffwechselstörungen: u.a. metabolische Syndrom
Klassifikationen
Klassifikationen eines Tumors dienen der Zuordnung des Krankheitsstadiums, der Aggressivitätsstufe, Therapie sowie Prognose.
TNM-Klassifikation
TNM-Stadium | Ausbreitung | Klassifikation |
---|---|---|
Primärtumor - T | ||
T1 | T1 Tumor nicht tastbar T1a <5% des untersuchten Gewebes ist befallen T1b >5% des untersuchten Gewebes ist befallen T1c Nachweis eines Tumors durch Biopsie | lokal begrenzt |
T2 | T2a <50% Lappenbefall, einseitig T2b >50% Lappenbefall, einseitig T2c Lappenbefall, beidseits | |
T3 | T3 Tumordurchbruch der Prostatakapsel T3a Ausbreitung außerhalb der Kapsel T3b Durchdringung der Samenbläschen | lokal fortgeschritten |
T4 | Tumor ist unverschieblich (fixiert) oder befällt nächstgelegene Struktur (z.B. Rektum) | |
Lymphknoten (LK) - N | N1, M1 = metastasiert | |
Nx | Keine beurteilbaren LK | |
N0 | Kein regionärer LK-Befall | |
N1 | Regionärer LK-Befall | |
Fernmetastasen - M | ||
Mx | Keine beurteilbaren Fernmetastasen | |
M0 | Keine Fernmetastasen | |
M1 | M1 Fernmetastasen M1a Metastasen-Befall von Lymphknoten M1b Metastasen-Befall von Knochen M1c Metastasen-Befall anderer Organe |
Risikostratifizierung nach D'Amico
- Risikoeinstufung mittels PSA-Wert, Gleason-Score (siehe Diagnostik - Stanzbiopsie), klinische T-Stadium (siehe Diagnostik)
- Ergebnis: je mehr Risiko, desto ungünstiger die Prognose
Risiko | PSA-Wert | Gleason-Score | Tumorstadium |
---|---|---|---|
Low-Risk | <10 ng/ml | 6 | cT1-cT2a |
Intermediate-Risk | 10-20 ng/ml | 7 | cT2b |
High-Risk | >20 ng/ml | >7 | min. cT2 |
Pathophysiologie
Die Gewebeveränderung entsteht hauptsächlich aus
- Dem Drüsenepithel (Adenokarzinom), selten aus Platten- oder Übergangsepithel
- Der peripheren Zone (ca. 70%) selten aus zentraler Zone oder Übergangszone
Klinik
Im Anfangsstadium der Erkrankung liegen meist keine Symptome vor. Erst durch Abflussbehinderungen oder Metastasenschmerzen wird ein Prostatakarzinom sichtbar (klinisch manifest).
AchtungTrotz der starken Häufigkeit des Prostatakarzinoms bleiben viele Tumore klinisch unauffällig. Es ist davon auszugehen, dass nur etwa 10 % der Prostatakarzinom-Patienten Symptome entwickeln. Daher sollte man nicht zu früh ein Prostatakarzinom ausschließen, wenn der Patient keine Beschwerden angibt.
Folgende Symptome können auf das Vorliegen hindeuten:
- Harnverhalt
: durch tumorbedingte Volumenzunahme mit Einengung der Harnröhre (Urethra) - Dysurie
: ca. 10 % der Patienten weisen bei dieser Symptomatik ein Prostatakarzinom auf - Inkontinenz
: Infiltration des Sphinkterapparats der Harnröhre - Erektile Dysfunktion: Infiltration von Gefäßen der Schwellkörper
- Hämaturie: Gefäßschädigungen
- Knochenschmerzen: Knochenmetastasen
- B-Symptomatik
: ist eine Begleitsymptomatik von verschiedenen malignen Erkrankungen - Klassische Symptomtrias: Fieber, Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust von mind. 10% in 6 Monaten
InfoMehr als 90 % der Prostatakarzinome werden heutzutage vermehrt durch einen erhöhten PSA-Wert entdeckt, und nicht aufgrund der Symptome.
Diagnostik
Anamnese
- Symptome: derzeitige Beschwerden insbesondere Miktionsbeschwerden
, Schmerzen (Rückschmerzen) - Past medical history: onkologische Vorerkrankungen
- Risikofaktoren: Umweltfaktoren, Alter, hoher Konsum von fettreicher Lebensmittel oder tierischen Proteinen, Wohnort (Industrieland)
- Familienanamnese: genetische Disposition
TippAls Orientierungsfaden für eine Anamnese kann man das
SAMPLER(S)-Schema nutzen.
Körperliche Untersuchung
- Allgemeinzustand bewerten
- Inspektion und Palpation des Abdomen
- Digital-rektale Untersuchung (DRU
) - Beurteilt wird dabei die Begrenzung, Konsistenz, Oberflächenbeschaffenheit der Prostata
- 70% der Karzinome stammen aus dem peripheren, hinteren (dorsalen) Teil der Prostata und können dementsprechend gut vom Rektum ertastet werden
- Tastbefundung: erfolgt in klinischen cT-Stadien
cT-Stadium | Befund |
---|---|
cT1 | Kein Tumor tastbar |
cT2a | Tumorausdehnung in weniger als die Hälfte eines Seitenlappens |
cT2b | Tumorausdehnung in mehr als die Hälfte eines Seitenlappens |
cT2c | Befall in beiden Seitenlappen |
cT3a | Befall über die Prostatakapsel hinaus, Samenblasen nicht befallen |
cT3b | Befall über die Prostatakapsel hinaus, Samenblasen befallen |
cT4 | Befall von Nachbarorganen (Harnblase, Rektum etc.) |
Labor
- Prostataspezifisches Antigen
(PSA) - Bildungsort: ausschließlich im Gewebe der Prostata
- Funktion: dient der Samenverflüssigung; ohne PSA koaguliert diese
- Erhöht: bei einem benignen Prostatasyndrom, Prostatakarzinoms, einer Prostatitis
- Anwendung: Früherkennung bzw. Vorsorgeuntersuchung, Beurteilung der Aktivität, Rezediverkennung
- Erfolgt vor der DRU
, um falsch hohe Werte durch die Manipulation zu vermeiden
- Erfolgt vor der DRU
- Interpretation: PSA-Werte >4 ng/ml gelten als erhöht. Dieser Wert muss jedoch immer im Kontext gesehen werden:
- Falsch hohe Werte: durch gutartig vergrößerte Prostata, kürzlich erfolgte DRU
oder eine Prostatitis - Falsch niedrige Werte: durch Einnahme von 5α-Reduktasehemmern (z.B. Finasterid)
- Falsch hohe Werte: durch gutartig vergrößerte Prostata, kürzlich erfolgte DRU
- Nachteil: der PSA-Wert ist durchaus fehleranfällig; daher werden weitere Parameter herangezogen:
- PSA-Antigengeschwindigkeit (PSA-Velocity): besteht, wenn der PSA-Wert innerhalb eines Jahres über 0,75 ng/ml angestiegen ist
- Freie PSA (f-PSA) zum Gesamt PSA (%f-PSA): ist der Anteil an ungebundenem PSA im Blut
; sollte etwa 20–25% betragen - Deutlich erhöht: Hinweis auf benigne Prostatavergrößerung
- Vermindert: Hinweis auf ein Prostatakarzinom
TippBei einem einmalig leicht erhöhten PSA-Wert empfiehlt es sich, weitere Parameter heranzuziehen und eine Laborkontrolle im Verlauf vorzunehmen.
Zusätzliche sinnvolle Laborwerte bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom sind:
- Elektrolyte (Natrium
, Kalium , Calcium ) - Ein kleines Blutbild
(Hämoglobin , Hämatokrit , Erythrozyten , Thrombozyten , Leukozyten )
MerkeDas prostataspezifische Antigen ist nicht karzinom- sondern organspezifisch!
Bildgebung
- Abdominal-Sonografie: der Nieren, Harnblase, Prostata
- Transrektale Sonografie (TRUS): um inhomogene Areale innerhalb der Prostata zu erkennen und eventuell bereits ein Wachstum außerhalb der Prostatakapsel zu detektieren
InfoDie TRUS gehört standardmäßig nicht zur Vorsorgeuntersuchung, da diese suspekte Areale in der Prostata nicht zuverlässig genug detektiert.
- Multiparametrisches MRT (mpMRT): angewendet bei einem suspekten Tastuntersuchung und/oder einem auffällig erhöhten PSA-Wert
- Radiologische Auswertung: mittels PIRADS-System (Prostate Imaging - Reporting and Data System)
- Es gibt die Wahrscheinlichkeit eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms an
- Punktevergabe 1 bis 5
- Ab PIRADS-Score 3 wird eine Stanzbiopsie empfohlen, um das Karzinom zu diagnostizieren oder auszuschließen
- Radiologische Auswertung: mittels PIRADS-System (Prostate Imaging - Reporting and Data System)
PIRADS-Score | Bedeutung |
---|---|
1 | Das Vorliegen eines klinisch signifikanten Karzinoms ist sehr unwahrscheinlich |
2 | Das Vorliegen eines klinisch signifikanten Karzinoms ist unwahrscheinlich |
3 | Das Vorliegen eines klinisch signifikanten Karzinoms ist fragwürdig (unklarer Befund) |
4 | Das Vorliegen eines klinisch signifikanten Karzinoms ist wahrscheinlich |
5 | Das Vorliegen eines klinisch signifikanten Karzinoms ist sehr wahrscheinlich |
Stanzbiopsie
- Anwendung: mit Hilfe einer transrektalen Sonografie (TRUS) werden Gewebeproben aus der Prostata entnommen
- Gewebeprobe: mind. 10 Stanzzylinder mit Prostatagewebe
- Entnahmeort: perineal oder transrektal; meist aus der peripheren Zone der Prostata, da dort Prostatakarzinome am häufigsten auftreten
- Pathologische Beurteilung: mittels Gleason-Score (WHO-Grading-System)
- Definition: Der Gleason-Score ist eine Summe aus 2 Gleason-Graden, die Architekturstörungen der Prostatadrüse beschreiben
- Bestimmt die Prognose sowie das weitere Vorgehen (Therapie)
- Definition: Der Gleason-Score ist eine Summe aus 2 Gleason-Graden, die Architekturstörungen der Prostatadrüse beschreiben

Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=440437, via Wikimedia Commons.
Das Bild wurde zugeschnitten. Ziffern 1-5 wurden ergänzt.
- Punkteverteilung: Gleason-Grade 1–5, wobei die Grade 1 und 2 klinisch nahezu unbedeutend sind und nicht mehr vergeben werden
- Grad 1: ein Gewebe, welches in seiner Architektur nahezu physiologisch ist
- Grad 5: das Gewebe ist so stark verändert, dass keine sichere Aussage mehr über seinen Ursprung getroffen werden kann
- Ergebnis in Abhängigkeit der Gewebeprobe
- Prostatastanzbiopsie
- Summenbildung aus dem häufigsten vorliegenden Gleason-Muster und dem schlechtesten vergebenen Wert
- Gleason = “the most + the worst“
- Beispiel: Entspricht das häufigste Muster einem Gleason-Grad 3 und finden sich auch Areale mit Gleason-Grad 5, dann beträgt der Gleason-Score 8.
- Gleason = “the most + the worst“
- Summenbildung aus dem häufigsten vorliegenden Gleason-Muster und dem schlechtesten vergebenen Wert
- Prostataoperation
- Summenbildung aus häufigsten und zweithäufigsten nachgewiesenen Gleason-Score
- Prostatastanzbiopsie
AchtungStanzbiopsie
Da diese Untersuchung invasiv ist, besteht Infektionsgefahr! Risikovermeidung durch single-shot-Gabe eines Antibiotikums kurz vor der Untersuchung (zum Beispiel Ceftriaxon, i.v.).
Ggf. erfolgt die Biopsie als sog. Fusionsbiopsie: Dabei wird die Prostata-MRT-Datei mit den Bildern der transrektalen Sonografie fusioniert und die suspekten Areale können zielgerichteter biopsiert werden.
Exkurs Histologie
- Pathologische Fragestellung:
Wie unterscheiden sich gesunde Zellen von Tumorzellen?
Alex brollo, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
Bild wurde zugeschnitten. Die Beschriftungen bzw. Markierungen wurde ergänzt.
Histologisches Präparat des normalen Prostatagewebes

myself (Alex_brollo), CC BY-SA 3.0, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons
Bild wurde zugeschnitten. Die Beschriftung wurde ergänzt.

KGH, CC BY-SA 3.0, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons
Therapie
Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
Die Therapieoptionen sind stark abhängig von dem Risikostadium, der Lebenserwartung und dem Wunsch des Patienten. Allgemein gibt es im klinisch begrenzten Stadium (Tumor ist auf Prostata beschränkt und nicht metastasiert) folgende Optionen:
- Aktive Überwachung
- Watchful Waiting
- Radikale Prostatektomie
- Strahlentherapie
- Brachytherapie
Aktive Überwachung (Active Surveillance)
- Indikation:
- Diese Therapie wird bei Patienten im Low-Risk-Stadium und bei geringer Tumorlast angewendet, wenn eine Lebenserwartung von unter 15 Jahren besteht oder auf Patientenwunsch auch bei höherer Lebenserwartung
- Anwendung:
- In der aktiven Überwachung erfolgen alle 3 Monate eine DRU
und eine Bestimmung des PSA-Wertes, bei ausbleibender Progression wird dieser Zeitraum auf ein halbjährliches Intervall erhöht - Außerdem erfolgt am Anfang alle 12–18 Monate ein multiparametrisches MRT mit anschließender Stanzbiopsie
- Sobald kein Low-Risk-Karzinom mehr vorliegt, wird in eine kurative Therapie gewechselt oder das sogenannte Watchful Waiting eingeleitet
- In der aktiven Überwachung erfolgen alle 3 Monate eine DRU
Watchful Waiting
- Watchful Waiting vs. aktive Überwachung:
- Der Unterschied zur aktiven Überwachung ist der Verzicht auf eine kurative Therapie bei Progress
- Es ist ein palliatives Konzept
- Indikation:
- Patienten mit vielen Komorbiditäten und/oder geringer Lebenserwartung
- Therapiemöglichkeit:
- Bei starkem Tumorprogress oder Beschwerden durch Metastasierung kann eine symptomatische Therapie und eine Hormontherapie angeboten werden
Radikale Prostatektomie
- Indikation:
- Goldstandard bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom und einer Lebenserwartung von mind. 10 Jahren
- Vor allem bei Intermediate- und High-Risk-Karzinomen zeigt sie sich in Studien überlegen
- Anwendung:
- Mithilfe eines OP-Roboters; in vielen Zentren auch noch durch eine offene, retropubische OP
- Keine der beiden Techniken scheint klar überlegen zu sein. Studien zeigen bislang ein sehr ähnliches Outcome
- Ab einem Intermediate-Risk-Tumor, wird zusätzlich zu einer radikalen Prostataektomie eine Lymphadenektomie durchgeführt
- Mithilfe eines OP-Roboters; in vielen Zentren auch noch durch eine offene, retropubische OP
InfoRisiken der Operation sind, neben allgemeinen OP-Risiken, vor allem:
- Belastungsharninkontinenz
- Erektile Dysfunktion
- Ansammlung von Lymphflüssigkeit (Lymphozelen)
- Anastomoseninsuffizienz/-strikturen zwischen der Blase und der Urethra
- Risikovermeidung:
- Postoperativ erektile Dysfunktion: durch Schonung des N. cavernosus
- Da dies jedoch mit dem Risiko einer R1-Resektion (Resektionsränder mikroskopisch nicht tumorfrei) verbunden ist, muss man das onkologische Risiko und das Risiko einer erektilen Dysfunktion sorgfältig abwägen
- Falls in der Pathologie ein R1-Befund auffällt, sollte im Anschluss an die OP eine Strahlentherapie durchgeführt werden
- Bei einem positiven N1-Befund (Lymphknoten befallen), sollte adjuvant eine Hormontherapie begonnen werden
- Da dies jedoch mit dem Risiko einer R1-Resektion (Resektionsränder mikroskopisch nicht tumorfrei) verbunden ist, muss man das onkologische Risiko und das Risiko einer erektilen Dysfunktion sorgfältig abwägen
- Postoperativ erektile Dysfunktion: durch Schonung des N. cavernosus
Strahlentherapie - External Beam Radiation Therapy (EBRT)
- Indikation:
- Beim lokal begrenzten Prostatakarzinom in allen Risikostadien
- Vor allem in Low-Risk-Stadium zeigt die EBRT vergleichbare Ergebnisse zur radikalen Prostatektomie, in höheren Stadien ist die OP etwas überlegen
- Beim lokal begrenzten Prostatakarzinom in allen Risikostadien
- Vorteil: ist eine geringere Rate an Harninkontinenz
- Anwendung:
- Die Strahlentherapie wird mit einer Stärke von 76 bis 78 Gy durchgeführt, welche fraktioniert mit einer Stärke von etwa 2 Gy pro Sitzung verabreicht wird
- Durch genaue, CT-gestützte Darstellung der anatomischen Nachbarstrukturen können die Nerven, Samenblasen und Harnblase geschont werden
- Trotzdem ist die Schädigung dieser Strukturen nicht ausgeschlossen
- Bei Intermediate und High-Risk Prostatakarzinomen sollte adjuvant nach der Strahlentherapie eine Hormontherapie erfolgen
InfoRelevante Nebenwirkungen der Strahlentherapie sind:
- Miktionsbeschwerden
- Makrohämaturie
- Fisteln in den unteren Harnwegen
- Entwicklung einer Schrumpfblase
- Hämatochezie, Schleimbeimengungen im Stuhl
- Darmstenosen/Fisteln
- Erektile Dysfunktion
- Zweitkarzinome
Strahlentherapie - Brachytherapie
- Indikation:
- Für Patienten im Low-Risk, teilweise im Intermediate-Risk-Krazinomen geeignet
- Anwendung:
- Bei dieser Therapie wird die Prostata zunächst in einer sogenannten Planimetrie genau vermessen und die exakte Strahlendosis berechnet
- Anschließend werden an die, in der Planimetrie markierten Stellen, sogenannte Seeds (radioaktive Implantate) eingesetzt, die als Strahlenquelle im Gewebe dienen
- Häufig kommen 125Jod-Seeds oder 103Palladium-Seeds zum Einsatz
- Durch die genaue Planung und geringe Strahlendosis wird wenig Schaden am Nachbargewebe erwirkt
- Der Einsatz von Brachytherapie beim Prostatakarzinom ist noch nicht sehr verbreitet und wird häufig nur in sehr begrenzten klinischen Stadien durchgeführt
Therapie des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms
- Der Krankheitsverlauf des Prostatakarzinoms wird zunächst anhand des PSA-Wertes beobachtet
- Nach einer radikalen Prostatektomie sollte der PSA-Wert innerhalb von sechs Wochen unter die Nachweisgrenze fallen
- Ist der PSA-Wert in Laborkontrollen zweimal >0,2 ng/ml, so liegt ein sogenanntes biochemisches Rezidiv vor
- Das bedeutet, dass der Patient lokal ein Rezidiv entwickelt hat (bspw. nach R1-Resektion) oder sich Metastasen gebildet haben (meistens in Lymphknoten oder Knochen)
- Zu Beginn eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms ist das Tumorgewebe meistens kastrationssensibel
- Das Tumorwachstum ist also abhängig von Androgenen
- Der Therapieansatz liegt somit im Androgenentzug (Androgendeprivationstherapie). Dieser wird erreicht durch:
- GnRH-Analoga (z.B. Buselerin, Goselerin)
- GnRH-Anatgonisten (z.B. Degarelix, Abarelix)
- Nichtsteroidale Androgenrezeptorantagonisten (z.B. Bicalutamid, Darolutamid)
- Chirurgische Kastration
- Am häufigsten wird mit GnRH-Analoga gearbeitet. Zur besseren Verträglichkeit kann man diese Hormontherapie auch intermittierend durchführen
- Je nach Verlauf bietet sich eine sog. maximale Androgenblockade an. Bei dieser erfolgt die Kombination aus GnRH-Analoga/Antagonisten und einem Androgenrezeptorantagonist. Dadurch wird auch die Androgensynthese in der Nebenniere gehemmt
- Beim metastasierten Prostatakarzinom mit hoher Tumorlast wird diese Hormontherapie durch eine Chemotherapie mit Taxanen (z.B. Docetaxel) ergänzt
- Neueste Studien deuten zudem einen Überlebensvorteil an, wenn die Therapie als Triple-Therapie
mit GnRH-Analoga, Androgenrezeptorantagonisten und Chemotherapie durchgeführt wird
AchtungDie Hormontherapie hat deutliche Nebenwirkungen. Die häufigsten sind:
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Libidoverlust
- Hitzewallungen
- Hodenatrophie
- Ödeme
- Depressive Verstimmungen
Kastrationsresistentes Prostatakarzinom
- Definition:
- Ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom liegt vor, wenn die Erkrankung trotz Androgendeprivation fortschreitet
- Dieser Schritt gilt als kritisch in der Behandlung des Prostatakarzinoms, da die Behandlungsmöglichkeiten oftmals limitiert sind
- Ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom liegt vor, wenn die Erkrankung trotz Androgendeprivation fortschreitet
- Anwendung:
- neben der Triple-Therapie
, die Gabe von: - Abirateron: ist ein CYP-17-Inhibitor und hemmt die Testosteron
-Biosynthese - Olaparib: ein Poly-ADP-Ribose-Polymerase-Hemmer; dieser zeigt bei Patienten mit BRCA-Mutation und kastrationsresistentem Prostatakarzinom ein deutliches Ansprechen
- Abirateron: ist ein CYP-17-Inhibitor und hemmt die Testosteron
- neben der Triple-Therapie
- Zudem kann man die kausale Therapie mit supportiver Gabe von Prednisolon
, Denosumab oder Zoledronsäure bei Knochenmetastasen ergänzen
Quellen
- S3-Leitlinie Prostatakarzinom, Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU)
- Gassar et al: Basiswissen Urologie. Springer Verlag 2023, ISBN: 978-3-662-67449-9
- Hautmann et al: Urologie. Springer Verlag 2014, ISBN: 13 978-3-642-34318-6