Einleitung
Proteine bestehen aus Aminosäuren und spielen eine wichtige Rolle im menschlichen Stoffwechsel. Sie bilden unter anderem Enzyme, ermöglichen die Zellbewegung, bilden Elektrolytkanäle und –pumpen und fungieren als Signaltransmitter.
Aufgrund ihrer außerordentlichen Relevanz im Stoffwechsel sind sie an der Pathogenese und Pathophysiologie vieler Krankheitsprozesse beteiligt. Die qualitative und quantitative Proteindiagnostik spielt daher eine wichtige Rolle in der Labormedizin. Wir werden im Folgenden die relevantesten Plasmaproteine kurz vorstellen. In den weiteren Kapiteln erfolgt eine detailliertere Betrachtung.
Plasmaproteine
Das Blut
Das Blutplasma besteht zu 90% aus Wasser. Der Rest wird durch verschiedene gelöste Substanzen, unter anderem die Plasmaproteine, gebildet. Die Plasmaproteine werden überwiegend in der Leber synthetisiert. Auch in den
B-Lymphozyten werden Gamma-Globuline, also Antikörper synthetisiert, die ebenfalls einen wichtigen Anteil der Plasmaproteine bilden.
Physiologisch liegen im Blutplasma um die 60 Gramm Proteine pro Liter vor.
Als Blutplasma wird der zellfreie Anteil des Blutes inklusive der Gerinnungsfaktoren bezeichnet. Dieses besteht hauptsächlich aus Wasser. Daneben enthält es Serumproteine und andere Bestandteile wie Hormone
Das Blutserum bezeichnet die Blutflüssigkeit, die keine Zellen und keine Gerinnungsfaktoren enthält.
MerkeBlutplasma = zellfreie Blutflüssigkeit mit Gerinnungsfaktoren
Blutserum = zellfreie Blutflüssigkeit ohne Gerinnungsfaktoren
Albumin
Das Albumin wird in der Leber hergestellt. Es stellt mit 60% den größten Teil der Plasmaproteine dar. Albumin dient im Plasma zur Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks und als Puffer für pH-Wert
Ein Albuminmangel führt daher zur Abnahme des kolloidosmotischen Drucks
Albumin fungiert weiterhin als Transportprotein. So bindet es z.B. Bilirubin
Erhöhung
- Dehydratation
Verminderung
- Synthesedefekt der Leber
- Proteinverlust über den Magen
-Darm-Trakt - Nephrotisches Syndrom
- Mangelernährung
- Verbrennungen
- Malabsorption
Antikörper (Immunglobuline)
Die Immunglobuline werden von den Plasmazellen (spezielle B-Lymphozyten) gebildet und ins Blut
Antikörper bestehen aus zwei schweren und zwei leichten Ketten.
Die leichten Ketten lassen sich in Kappa- und Lambda-Leichtketten unterteilen.
Anhand der Struktur der schweren Ketten werden die Immunglobuline in die folgenden Isotypen unterteilt:
- IgA: an mukosalen Oberflächen
- IgD: B-Zell-Rezeptor
- IgE: Parasiten & allergische Reaktionen
- IgG: sekundäre Immunantwort (Gedächtnis)
- IgM: primäre Immunantwort

Gerinnungseiweiße (Fibrinogen, Prothrombin)
Die Gerinnungsfaktoren bestehen aus Eiweißen, die durch eine Spaltung aktiviert werden. Über eine Gerinnungskaskade kommt es zur Entstehung eines Blutgerinnsels.
Laborchemisch ist insbesondere das Fibrinogen
Eine geringe Fibrinkonzentration gibt Hinweise auf eine verlängerte Blutungszeit
Eine erhöhte Fibrinogenkonzentration kann zu einer erhöhten Gerinnungsneigung führen.
Das Prothrombin
Antithrombin
Antithrombin
Antithrombin
Ein Antithrombinmangel kann ebenfalls Hinweise für eine verminderte Lebersyntheseleistung oder eine Verbrauchskoagulopathie liefern.
Erhöht
- Medikamente: orale Antikoagulation (z.B. Vitamin-K-Antagonisten
, Heparine) - Vitamin-K-Mangel
Erniedrigt
- Erblich bedingter Antithrombin
-Mangel - Lebererkrankungen
- Nephrotisches Syndrom (Proteinverlust)
- Verbrauchskoagulopathie
- Sepsis
a1-Antitrypsin
Auch das α1-Antitrypsin gehört wie das Antithrombin
Ein α1-Antitrypsinmangel führt zu einer Überaktivität der Trypsine und in der Folge zu einer Schädigung des Alveolar- und Lebergewebes. Dieser Mangel ist meistens erblich bedingt und beruht auf einer fehlerhaften Synthese in der Leber.
Da es weiterhin eine wichtige Rolle in der Immunmodulation einnimmt, steigt es bei einer Entzündung als Akute-Phase-Protein an.
Bindungsproteine
Im Plasma liegen weiterhin zahlreiche Bindungsproteine vor.
Das Haptoglobin
Haptoglobin
Haptoglobin
AchtungBei schweren Entzündungen kann trotz normwertigen oder erhöhten Haptoglobin
-Konzentrationen eine Hämolyse vorliegen!
TippDa das Haptoglobin
schnell gesättigt ist, sollte für die Bestimmung des Ausmaßes einer Hämolyse das Hämopexin bestimmt werden.
Im Blut
- Thyroxin
-bindendes Globulin (TBG): T3 & T4 - Transcortin: Cortisol
- Albumin: Medikamente, Fettsäuren
- Transferrin
: Eisen - Coeruloplasmin: Kupfer
Strukturproteine
Im Plasma sind ebenfalls Strukturproteine vorhanden:
Lipoproteine
Die verschiedenen Fette
Die verschiedenen Fette
Löslicher Transferrinrezeptor
Auch der lösliche Transferrinrezeptor ist ein Strukturprotein. Er vermittelt die Aufnahme von Transferrin
Eine Erhöhung des löslichen Transferrinrezeptors (sfTR) im Blut
TippAnhand des sfTR lässt sich eine Aussage über den aktuellen Eisenbedarf treffen, während der Ferritinwert eine Aussage über den Eisenspeicher ermöglicht.
Akute-Phase-Proteine (Entzündungswerte)
Akute-Phase-Proteine werden bei Gewebeschädigungen im Rahmen von Traumata oder Operationen und insbesondere im Rahmen von akuten Entzündungen ins Blut
Konzentrationsabnahme bei Entzündung (Anti-Akute-Phase-Proteine)
- Albumin: Kompensatorische Verminderung zur Konstanthaltung des kolloidosmotischen Drucks
bei erhöhten Immunglobulinkonzentrationen - Transferrin
: Vermindert, um Eisenkonzentration im Blut gering zu halten
Konzentrationszunahme bei Entzündung
- CRP: Aktiviert das Komplementsystem – hängt 2 Tage hinterher
- Ferritin
: Bindet Eisen - Haptoglobin
: Bindet Hämoglobin und somit Eisen - Hepcidin: Hemmt die Eisenaufnahme aus dem Darm
- Interleukine
: Vermitteln Kommunikation zwischen Leukozyten - Fibrinogen
: Thrombusbildung – verhindert Ausbreitung der Erreger - Procalcitonin: Sehr spezifisch für bakterielle Entzündungen – Verlaufsmarker bei Sepsis
- a1-Antitrypsin: Hemmung der Proteasen und somit der Gewebeschädigung
Proteine im Urin
Proteine lassen sich nicht nur im Blutplasma, sondern auch im Urin nachweisen. Physiologisch befinden sich nur geringe Mengen an Proteinen im Urin (<100 mg/Tag). Bei Nierenschäden, wie z.B. dem nephrotischen Syndrom, kann es zu einer signifikanten Eiweißausscheidung von bis zu 20g/Tag kommen.
Proteine im Liquor cerebrospinalis

Im Liquor cerebrospinalis befinden sich physiologisch nur geringe Mengen an Proteinen oder Zellen. Bei dem Verdacht auf eine neurologische Erkrankung, wie z.B. einer Multiplen Sklerose oder einer Meningitis erfolgt häufig eine Liquorpunktion. Stellen sich vermehrt Proteine im Liquor cerebrospinalis (>500 mg/l) dar, so kann dies ein Hinweis auf eine Störung der Blut
Proteine in Punktaten
Liquorpunktion:
Die Liquorpunktion, auch Lumbalpunktion
Pleurapunktion:
Bei der Pleurapunktion handelt es sich um eine Methode, um Flüssigkeit aus dem Pleuraspalt, dem Raum zwischen Lunge und Brustwand, zu entnehmen. Dies kann therapeutisch notwendig sein und/oder um die Ursache des Pleuraergusses zu identifizieren.
Perikardpunktion
Die Perikardpunktion
Aszitespunktion:
Die Aszitespunktion ist ein Verfahren zur Entnahme von Flüssigkeit aus der Bauchhöhle. Diese Flüssigkeitsansammlung kann durch Lebererkrankungen, Herzinsuffizienz
Bei der Analyse von Pleura-, Perikard- oder Aszitespunktaten ist die Kenntnis der Eiweißkonzentrationen wichtig.
Man unterscheidet ein Transsudat von einem Exsudat.

Transsudat
Bei einem Transsudat wird die eiweißarme Flüssigkeit in die seröse Höhle „hineingepresst“. Ursachen hierfür sind entweder ein verringerter kolloidosmotischer Druck, z.B. im Rahmen eines Eiweißmangels bei einem nephrotischen Syndrom oder einer Leberzirrhose
Exsudat
Bei einem Exsudat kommt es zu einem Austritt von eiweißreicher Flüssigkeit. Dies ist meistens durch Entzündungen oder Gewebeverletzungen, z.B. im Rahmen einer Tumorerkrankung bedingt.
Unterscheidung von Transsudat und Exsudat
Laborchemisch lassen sich ein Transsudat und ein Exsudat anhand des Proteinverhältnisses im Serum und Punktat unterscheiden.
Transsudat: Proteine im Punktat/Proteine im Serum: ↓
Exsudat: Proteine im Punktat/ Proteine im Serum: ↑
Enzyme & Hormone
Auch diverse Enzyme und Hormone
Analyseverfahren
Zur Bestimmung der Proteine werden Heparin
Photometrie
Die Photometrie eignet sich zur Bestimmung von Proteinkonzentrationen im Grammbereich. Sie wird insbesondere zur Bestimmung des Gesamteiweißes genutzt. Bei der Photometrie wird ein Lichtstrahl durch die Probe geleitet. Anhand der Menge des absorbierten Lichtes lässt sich ein Rückschluss auf die Proteinkonzentration ziehen. Die Korrelation erfolgt mit dem Lambert-Beerschen Gesetz.
Turbidimetrie
Die Turbidimetrie eignet sich zur Messung bei Konzentrationen im Milligrammbereich. Hierbei werden der Probe spezifische Antikörper zugesetzt. Diese führen zu einer Antikörper-Antigen-Reaktion und somit zur Bildung von Immunkomplexen, die ausfallen. Auch hier wird die Absorption
Nephelometrie
Bei der Nephelometrie werden der Probe ähnlich zur Turbidimetrie Antikörper zugesetzt. Diese führen zu einer Bildung von Immunkomplexen, die ausfallen und das Licht in Abhängigkeit ihrer Größe seitlich streuen (Tyndall-Effekt). Bei der Nephelometrie wird die seitliche Streuung (Mie-Streuung) von Laserlicht gemessen.
Immunoassays
Die Immunoassays eignen sich für eine Proteinbestimmung im Mikrogrammbereich. Hierbei werden spezifische Antikörper hinzugesetzt, die an die zu bestimmenden Proteine in einer Antikörper-Antigen-Reaktion binden. Anschließend werden der Probe Detektions-Antikörper hinzugegeben, die an die Antikörper-Antigen-Komplexe binden. Die Detektions-Antikörper tragen eine spezielle Markierung, die gemessen werden kann. Übliche Messmethoden sind:
Radioaktivität: Radioimmunoassay (RIA)
Enzymaktivität: Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA)
Fluoreszenz: Fluoreszenz-Enzym-Immunoassay (FEIA), Fluoreszenz Polarisations Immunoassay (FPIA)
Lumineszenz: Lumineszenz-Immunoassay (CLIA → Chemilumineszenz-Immunoassay; ECLIA → Elektrochemilumineszenz-Immunoassay)
Elektrophorese
Bei der Elektrophorese werden die Proteine auf ein Elektrophoresegel aufgetragen. Anschließend wird ein elektrischer Strom an das Gel angelegt. Die negativ geladenen Proteine wandern abhängig von ihrer Größe und ihrer Ladung unterschiedlich schnell durch das Gel in Richtung des positiven Pols.
Die Serum-Elektrophorese wird primär als Screening-Tool eingesetzt.
Die Serum-Proteine werden durch die Serum-Elektrophorese in 6 Gruppen aufgetrennt:
- Albumin
- α1-Globuline: Akute-Phase-Proteine
- (Erhöht: Entzündung – Erniedrigt: a1-Antitrypsin-Mangel)
- α2-Globuline: Akute-Phase-Proteine
- (Erhöht: Entzündung, nephrotisches Syndrom – Erniedrigt: Leberschaden)
- ß1-Globuline & ß2-Globuline: Transferrin
, Fibrinogen , CRP, ß-Lipoprotein, ß-2-Mikroglobulin (Leichtkette) (Erhöht: Cholestase , Eisenmangel , Hyperlipoproteinämie) - γ-Globuline: Immunglobuline
Immunfixationselektrophorese
Bei der Serum-Elektrophorese stellen die γ-Globuline eine Gruppe dar. Hierdurch lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen von monoklonalen Antikörpern
Scharf abgegrenzte Banden, nur eines Immunglobulins und einer leichten Kette deuten auf ein pathologisches Vorliegen von monoklonalen Antikörpern
Auch der Urin kann anhand dieser Methode untersucht werden. Ist die Resorptionsfähigkeit der Niere überschritten, so gelangen die freien Ketten in den Urin. Dies nennt man Bence-Jones-Proteinurie
Quellen
- S2k-Leitlinie Rationelle Labordiagnostik zur Abklärung Akuter Nierenschädigungen und Progredienter Nierenerkrankungen, Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V. (DGKL)