Hautbefund

Jacopo188, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Zusammenfassung
Psoriasis vulgaris, auch Schuppenflechte genannt, ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, bedingt durch eine dysregulierte Immunantwort. Sie zeigt sich oft mit multifaktoriellen Ursachen und hat meistens schubförmig Verläufe, allerdings ist sie nicht ansteckend. Zu den möglichen Ursachen gehören genetische, autoimmune und äußere Einflussfaktoren. Sie kennzeichnet sich durch eine beschleunigte Produktion von Keratinozyten und erythrosquamösen Plaques an klassischen Prädilektionsstellen. Oft leiden die Patient:innen unter Juckreiz. Diese Krankheit betrifft etwa 2-3 % der Weltbevölkerung. Sie kann in jedem Alter auftreten, obwohl sie häufig im jungen Erwachsenenalter beginnt. Es handelt sich in der Regel um eine Blickdiagnose, die in der klinischen Untersuchung gestellt werden kann, wobei der Hautbefund sich in unterschiedliche Schweregrade einteilen lässt. Die Therapie richtet sich nach diesen Schweregraden. Man unterscheidet zwischen topischen und systemischen Therapien, sowie Biologika-Therapien in therapieresistenten Fällen. Die Behandlung ist symptomorientiert und hat das Ziel, die Lebensqualität der Patient:innen zu verbessern, da eine kausale Therapie aktuell nicht möglich ist.
Diagnose | Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
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Hautbefund & Symptome | Oftmals am gesamten Oberkörper (Bild 1), mit Betonung des unteren Brustkorbes und ebenfalls befallenem Bauchnabel, finden sich teils konfluierende erythrosquamöse Plaques mit einem Maximaldurchmesser von ca. 10 cm. Die Plaques sind scharf begrenzt und diffus
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Pathophysiologie | Polygen und multifaktoriell durch Trigger (z.B. Infektionen, Stress, Alkohol etc.) ausgelöste T-Zell-vermittelte organspezifische Autoimmunerkrankung mit proinflammatorischer Wirkung auf Keratinozyten und Blutgefäße, dadurch kommt es zu einer übermäßigen Verhornung und Erythem. |
Diagnostik | In der Regel erfolgt die Diagnostik klinisch. Außerdem sollte die Familienanamnese genauso, wie potenzielle Trigger, erfragt werden. “Kratzphänomene” finden in der Klinik zu diagnostischen Zwecken heutzutage kaum noch Anwendung.
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Therapie | Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad:
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Epidemiologie
In Deutschland sind ungefähr 2-3% der Bevölkerung, was etwa zwei Millionen Menschen entspricht, von Psoriasis vulgaris betroffen. Damit ist die Schuppenflechte eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen nach dem allergischen Kontaktekzem und dem atopischen Ekzem.
- Männer und Frauen sind laut Studien gleichermaßen betroffen
- Der Beginn ist meist im jungen Erwachsenenalter, allerdings können auch Kinder oder Jugendliche betroffen sein
- Der verbreitetere Typ 1 (Frühtyp) tritt überwiegend im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt auf und zeichnet sich durch einen schwereren Verlauf aus
- Seltener ist der im 5. Lebensjahrzehnt auftretende Typ 2 (Spättyp), der durch einen milderen Verlauf gekennzeichnet ist
- Obwohl der Erkrankungsbeginn in jedem Alter eintreffen kann, gibt es insbesondere zwei Erkrankungsgipfel: zwischen 16 bis 22 Jahren und zwischen 57 bis 60 Jahren zeigen sich besondere Peaks
InfoDie Psoriasis vulgaris ist eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen. In Deutschland sind ungefähr 2-3% der Bevölkerung betroffen!
Ursachen und Triggerfaktoren
Die Psoriasis vulgaris ist eine polygen vererbte Erkrankung mit einer T-Zell-vermittelten Autoimmunreaktion, die zu einer dysregulierten Immunantwort führt, was die zentrale Rolle der Erkrankung darstellt. Die genaue Ursache der Psoriasis vulgaris ist bisher nicht geklärt, allerdings gibt es eine genetische Disposition, die vererbt wird und somit für eine familiäre Häufung spricht.
InfoDas Risiko zu erkranken liegt mit 60-70% besonders hoch, wenn beide Elternteile erkrankt sind.
Insgesamt handelt es sich bei Psoriasis vulgaris um eine multifaktoriell verursachte Erkrankung: hierbei spielen genetische Veranlagungen, sowie immunologische und umweltbezogene Faktoren eine Rolle. Einige dieser Risikofaktoren sind durch die Therapie oder die Patient:innen selbst beeinflussbar. Gewisse Faktoren können zu einer Verschlechterung der Erkrankung führen, genauso wie es Nachweise protektiver Effekte für andere Einflussfaktoren gibt.
InfoBei der Schuppenflechte handelt es sich um eine T-Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung, die mit einer genetischen Prädisposition einhergeht.
Triggerfaktoren
- Rauchen
- Das Risiko an Psoriasis vulgaris zu erkranken, ist bei Raucher:innen etwa zweimal so hoch wie bei Nichtraucher:innen
- Alkoholkonsum
- Übergewicht
- Ab einem BMI
>25 spricht man von Übergewicht
- Ab einem BMI
- Emotionaler Stress und psychische Belastung
- Entzündliche, chemische oder physikalische Hautreizungen
- Z.B. Sonnenbrand, allergische Reaktionen oder Kratzen (Köbner-Phänomen: Durch kleine Traumata entstehen Läsionen an vorher nicht betroffenen Arealen)
- Hormonelle Einflüsse
- Hormonelle Umstellungen durch z.B. Menstruation
, Schwangerschaft, Menopause oder auch Schilddrüsenerkrankungen - Hierbei hat Östrogen
einen protektiven Effekt und man beobachtet in Schwangerschaften einen Rückgang des klinischen Befundes
- Hormonelle Umstellungen durch z.B. Menstruation
- Klimaeinflüsse
- Insbesondere im Frühling und Herbst treten Erkrankungsschübe auf
- Im Sommer bemerken viele Patient:innen eine Besserung des Hautbefundes
- Infekte und Immunschwäche
- HIV-Infizierte stellen eine besondere Risikogruppe dar
- Bakterielle Infektionen mit Streptokokken oder Staphylokokken können Erkrankungsschübe verursachen
- Medikamente (hier handelt es sich nur um einige Beispiele)
- Herz-Kreislauf-Medikamente: Betablocker
, ACE-Hemmer , Antiarrhythmika - Psychopharmaka: Lithiumsalze
- Immuntherapeutika: Interferone
- Malariamittel: Chloroquin, Mepacrin
- NSAR
: Indomethazin - Antibiotika
: Tetracycline
- Herz-Kreislauf-Medikamente: Betablocker
TippMan kann zwischen internen (z.B. Stress, Immunschwäche und psychische Belastung) und externen (Medikamente, Klimaeinflüsse, Alkohol, Nikotinabusus) Triggerfaktoren unterscheiden.
Einteilung
Man unterscheidet zwischen zwei Typen:
- Typ 1 zeichnet sich durch einen frühen Krankheitsbeginn (vor dem 40. Lebensjahr) aus. Oft ist die Familienanamnese positiv und es besteht eine HLA-Assoziation. Der Verlauf bei Typ 1 ist schwerer als bei Typ 2. Hier lässt sich eine hohe Rate an Rezidiven feststellen
- Typ 2 betrifft Patient:innen, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten haben und in der Regel ist der Krankheitsverlauf milder als bei Typ 1
InfoDie Einteilung in die unterschiedlichen Typen hat für die Therapie keine Relevanz.
Pathophysiologie
Pathophysiologisch steht eine Dysregulation von Immunzellen, insbesondere der T-Lymphozyten, im Vordergrund. Diese wird durch unterschiedliche Mechanismen bedingt:
- Bei entsprechender genetischer Disposition sorgen antigenpräsentierende, dendritische Zellen
für die Aktivierung von T-Lymphozyten durch proinflammatorische Zytokine (z.B. TNF-alpha, IFN -gamma oder IL-23, IL-12 und IL-6). - Die T-Lymphozyten (vorwiegend Th1- und Th-17-Zellen) wiederum schütten proinflammatorische Entzündungsmediatoren (TNF-alpha, Interferon-gamma, IL-2, IL-17, IL-21 und IL-22) aus.
- Diese Entzündungsmediatoren beeinflussen die Funktion der Keratinozyten und Gefäßendothelien in Form einer benignen Hyperproliferation mit erhöhter Durchwanderungszeit der Keratinozyten. Normalerweise liegt die Durchwanderungszeit der epidermalen Keratinozyten von Stratum basale zu Stratum corneum bei 28 Tagen.
- Im Falle einer Psoriasis vulgaris ist diese auf drei bis fünf Tage verkürzt, was eine überhöhte und gestörte Verhornung verursacht: Es kommt zu einer Hyperkeratose mit psoriatrischer Akanthose, einer Verdickung der Epidermis.
Im Falle der Gefäßendothelien kommt es zu einer Blutgefäßhyperplasie, was in Kombination die erythematösen-schuppigen Plaques bedingt.
Hier kommen also unterschiedliche Komponenten zusammen, die die Erkrankung begünstigen, zusammengefasst sind diese genetische Prädisposition, immunologische Mechanismen und externe oder interne Einflussfaktoren.
MerkePathophysiologischer Ablauf:
Antigenpräsentierende Zellen → Aktivierung von T-Lymphozyten → Ausschütten von proinflammatorischen Entzündungsmediatoren → Hyperproliferation der Keratinozyten und Blutgefäßhyperplasie → erythematös
-schuppige Plaques.
Genetische Prädisposition
- Psoriasis vulgaris ist eine polygenetische Erkrankung, was bedeutet, dass mehrere Gene zur Anfälligkeit beitragen. Insgesamt gibt es vier Genloci, die PSORS 1–4 benannt sind. Patient:innen mit Polymorphismen in diesen Genloci haben ein erhöhtes Risiko an Psoriasis vulgaris zu erkranken
- HLA-Assoziation, vor allem HLA-B27 bei der Psoriasis-Arthritis
- Aufgrund des Genschutzgesetzes benötigt man in Deutschland die unterschriebene Einverständniserklärung, wenn Untersuchungen in Bezug auf HLA-Typisierungen durchgeführt werden sollen
- Kinder von Eltern, bei denen nur ein Elternteil erkrankt ist, haben ein Risiko von ca. 30% selbst zu erkranken. Wenn beide Elternteile erkrankt sind, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 60-70%
AchtungAuch ohne positive Familienanamnese oder genetische Disposition ist eine Erkrankung möglich.
Immunologische Mechanismen
- Keratinozyten-Proliferation: Im Zentrum der Pathogenese steht die übermäßige Proliferation und gestörte Differenzierung von Keratinozyten. Dies führt zu einer Verdickung der Epidermis durch eine gestörte und übermäßige Verhornung, sowie zu der klassischen Bildung von silbrigen Schuppen
durch die verkürzte Durchwanderungszeit - Blutgefäß-Hyperplasie: Durch die freigesetzten proinflammatorischen Entzündungsmediatoren werden auch die Gefäßendothelien beeinflusst, hierdurch kommt es zu einer Hyperplasie und nachfolgendem kutanen Erythem
T-Zell-Mediierte Immunantwort: Psoriasis vulgaris wird als eine T-Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung angesehen. Insbesondere Th1 und Th17 Zellen spielen eine zentrale Rolle. Diese T-Zellen sezernieren proinflammatorische Zytokine wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interleukin
-17 (IL-17) und Interleukin -22 (IL-22), die zur Entzündung und Hyperproliferation der Hautzellen und Gefäßendothelien beitragen Info
Neuere Studien legen den Verdacht nahe, dass nicht die Keratinozyten selbst auslösend sind, sondern Melanozyten. Diese produzieren ein Protein (ADAMTSL5), auf das die T-Zellen reagieren, da sie es womöglich aufgrund einer früheren Infektion als fremd einstufen.
- Dendritische Zellen
und Antigenpräsentation: Dendritische Zellen in der Haut nehmen Antigene auf und präsentieren sie den T-Zellen, was zur Aktivierung und Differenzierung der T-Zellen führt, außerdem tragen sie zur Aufrechterhaltung der Entzündung und so zur Krankheitspersistenz bei
Externe und interne Einflussfaktoren
- Triggerfaktoren: Die oben aufgelisteten Triggerfaktoren können eine Erstmanifestation oder auch einen akuten Krankheitsschub bei bereits bekannter Psoriasis vulgaris verursachen
- Positive Einflussfaktoren:
- Durch moderate Sonnenexposition bemerken viele Patient:innen eine Besserung der Hautbefunde im Sommer
- Die hormonellen Umstellungen bei Schwangerschaft können sich positiv auf die Erkrankung auswirken
- Reduktion des Alkoholkonsums, Abstinenz
- Gewichtsreduktion
- Rauchentwöhnung, Abstinenz
- Stressbewältigung durch Meditation, Yoga, Achtsamkeits- oder Atemübungen
Klinik
Bei der Psoriasis vulgaris handelt es sich in der Regel um eine Blickdiagnose.
AchtungBei der Untersuchung sollte auf die klassischen Prädilektionsstellen geachtet werden, wobei unauffälligere Lokalisationen nicht übersehen werden dürfen und deshalb auf eine sorgfältige körperliche Untersuchung geachtet werden muss.
Klinische Präsentation
Hautläsionen:
- Primäre Läsionen:
- Charakteristisch sind erythematöse, scharf begrenzte Plaques mit silbrig-weißen Schuppen
. Die Plaques können konfluieren und große Bereiche der Haut betreffen. Die Patient:innen leiden unter Juckreiz, Stechen und Schmerzen
- Charakteristisch sind erythematöse, scharf begrenzte Plaques mit silbrig-weißen Schuppen
- Prädilektionsstellen:
- Typische Stellen sind die Streckseiten der Ellenbogen und Knie, die Kopfhaut sowie der Haaransatz, der retroaurikuläre Bereich und der untere Rücken. Auch der Nabel- und Anogenitalbereich können betroffen sein
- Unterformen:
- Psoriasis guttata: Die Psoriasis guttata ist durch sehr kleine Plaques charakterisiert, die den gesamten Körper betreffen. Sie tritt eher akut auf und ist oft Infekt-assoziiert
- Psoriasis inversa: Die entzündlichen Krankheitsherde finden sich nicht an den klassischen Prädilektionsstellen, sondern vor allem in den Intertrigines (Achseln, Leisten, Kniekehlen, Ellenbeugen, submammär, ggf. auch Bauchfalten)
- Psoriasis pustulosa: Zusätzlich zu den typischen Plaques treten hier auch noch Pusteln auf. Die Krankheit betrifft vor allem Hand- und Fußinnenflächen (Psoriasis palmoplantaris), kann aber auch generalisiert vorkommen
- Psoriasis erythrodermica: Bei dieser Sonderform ist ein Großteil der Körperoberfläche (>75 %) betroffen, welche durch eine generelle Rötung im Sinne einer Erythrodermie gekennzeichnet ist. Die Patient:innen leiden an allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber
. Diese Form der Psoriasis ist potenziell lebensbedrohlich, die Patient:innen neigen zu Ödemen und weisen eine Tachykardie auf - Morbus Hallopeau: Es handelt sich um eine sehr seltene Sonderform, bei der die Finger- und Zehenendglieder entzündlich pustulös verändert und ebenfalls die Nägel betroffen sind. Bei älteren Patient:innen kann die Erkrankung in eine generalisierte Psoriasis pustulosa übergehen
Nagelbeteiligung:
- Tüpfelnägel (kleine, punktförmige Vertiefungen)
- Krümelnägel (krümelig, brüchige Nagelplatte)
- Onycholyse (Abhebung der Nagelplatte)
- Ölfleckenphänomen (gelb-bräunliche Verfärbungen)
- Nageldystrophie

Psoriasis fingernail.jpg, Public Domain

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALLE (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Psoriasis-Arthritis:
- Bis zu 30 % der Patient:innen mit Psoriasis vulgaris entwickeln eine Psoriasis-Arthritis
- Diese zeichnet sich durch Schmerzen, Schwellungen und Steifheit der Gelenke aus
- Sie kann sowohl die peripheren Gelenke als auch die Wirbelsäule betreffen und benötigt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Rheumatologie.
InfoDie Psoriasis-Arthritis wird in einem extra Kapitel behandelt.
Begleiterkrankungen:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Metabolisches Syndrom
- Chronisch entzündliche Darmerkrankung
- Depressionen
AchtungZwar gilt die Psoriasis vulgaris primär als Hauterkrankung, dennoch kann sie in Form einer Psoriasis-Arthritis auch systemisch werden und ist mit weiteren Erkrankungen assoziiert. Demnach ist eine sorgfältige Anamnese wichtig. Auch sollten immer wieder Evaluationen der körperlichen Untersuchung erfolgen.

Psoriasis on elbow.jpg von Haley Otman, CC BY 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0, via Wikimedia Commons
Klinische Zeichen
- Köbner-Phänomen: Neue Psoriasis-Läsionen können nach mechanischem Trauma an zuvor nicht betroffenen Hautstellen auftreten
- Kerzenwachsphänomen: Das Ablösen einer Schuppenlamelle ähnelt dem Abkratzen eines Wachsflecks
- Phänomen des letzten Häutchens: Nach dem Ablösen zeigt sich eine inflammatorisch hyperäme Dermis unter der letzten Epidermisschicht
- Auspitz-Phänomen: Auftreten punktförmiger Blutungen nach Ablösen der Epidermislamelle
AchtungDas Köbner-Phänomen ist ein in der Dermatologie allgemein genutztes Phänomen und bezieht sich nicht nur auf die Psoriasis vulgaris.
Diagnostik
Obwohl die Diagnose der Schuppenflechte oft bereits durch den klinischen Befund mit der typischen Morphologie an den bekannten Prädilektionsstellen als Blickdiagnose gestellt werden kann, ist eine ausführliche Untersuchung wichtig, um die optimale Therapie zu finden. Auch sollten Sonderformen oder weitere Ausprägungen wie die Nagelpsoriasis oder eine Psoriasis-Arthritis nicht übersehen werden.
Anamnese
Eine sorgfältige Anamnese ist der erste Schritt in der Diagnostik der Psoriasis vulgaris. Zu den wichtigsten Aspekten gehören:
- Krankheitsverlauf:
- Informationen über den Beginn der Symptome, Schweregrad und Verlauf (z.B. plötzlicher Beginn, chronischer Verlauf, saisonale Schwankungen) sind relevant
- Familienanamnese:
- Psoriasis vulgaris hat eine starke genetische Komponente. Eine positive Familienanamnese kann die Diagnose unterstützen
- Triggerfaktoren:
- Erfassung potenzieller Auslöser wie Infektionen (insbesondere Streptokokken), Stress, Hautverletzungen und bestimmte Medikamente sind poentielle Auslöser neuer Hautveränderungen
- Bei der Medikamentenanamnese sollte nach der Dauer der Einnahme und dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dieser sowie dem Auftreten der Hautveränderungen gefragt werden
- Assoziierte Symptome:
- Fragen nach Gelenkschmerzen, die auf eine Psoriasis-Arthritis hinweisen könnten.
Hierzu gehören die Fragen nach:- Morgensteifigkeit
- Schmerzen in Ruhe
- Besserung über den Tag
- Lindernde Faktoren
- Nagelveränderungen: Hierbei sollte auch auf die Fußnägel geachtet werden
- Bei starkem Befall sollten auch psychosoziale Belastungsfaktoren bedacht werden, hierzu kann es sinnvoll sein, zunächst eine bessere Beziehung zu den Patient:innen aufzubauen und ein sicheres Umfeld zu schaffen
- Fragen nach Gelenkschmerzen, die auf eine Psoriasis-Arthritis hinweisen könnten.
Körperliche Untersuchung
Die klinische Untersuchung konzentriert sich auf die charakteristischen Hautläsionen und Nagelveränderungen:
- Morphologie:
- Die typischen Psoriasis-Plaques sind erythematös
, scharf begrenzt und mit silbrigen Schuppen bedeckt - Teilweise kann die Schuppung fehlen, diese wird oft von Patient:innen selbst entfernt, da sie als besonders störend empfunden wird
- Die Größe der Plaques kann variieren. Ausserdem können sie konfluieren
- Die typischen Psoriasis-Plaques sind erythematös
- Prädilektionsstellen:
- Häufig betroffen sind die Streckseiten der Ellenbogen, Knie, Kopfhaut und der untere Rücken
- Weniger auffällige Stellen sind Hände, Füße, Bauchnabel, Analfalte, Nacken sowie der retroaurikulärer Bereich. Auch die Nagelbetten können beteiligt sein
- Köbner-Phänomen:
- Beschreibt Psoriasis-artige-Hautläsionen, welche durch Reizung an vorher nicht betroffenen Stellen auftreten
- Das Köbner-Phänomen ist nicht Psoriasis-spezifisch und kann auch bei anderen Hauterkrankungen positiv sein
- Nagelbeteiligung:
- Sowohl Finger als auch Zehennägel können auf unterschiedliche Arten betroffen sein
- Tüpfelnägel, wobei es sich um stecknadelkopfgroße Einziehungen der Nageloberfläche handelt
- Nagelauflösungen (Onycholyse) mit bröckeligen und dystrophen Nägeln
- Subunguale Hyperkeratosen, die sich als gelb-bräunliche Flecken
(Ölflecken) auf der Nageloberfläche zeigen
Schweregradeinteilung
Die Einteilung in die Schweregrade leicht, mittelschwer und schwer hat Einfluss auf die Therapie, da diese sich in den jeweiligen Schweregraden unterscheidet. Die genaue Definition wurde im europäischen Konsensusprojekt festgelegt und beinhaltet:
BSA = Body Surface Area
- Anteil der betroffenen Körperoberfläche
- Hierbei entspricht eine Handfläche ca. 1%
PASI = Psoriasis Area and Severity Index
- Vereint BSA und die Symptomstärken von Erythem, Schuppung und Dicke der Plaques
TippFür die einfachere Bestimmung des PASI gibt es Apps und Rechner im Internet, z.B.:
https://dermatologe-werden.de/apps-und-online-services/pasi-rechner/?L=0
- Er kann ebenfalls zur Bewertung des Therapieerfolges benutzt werden
- Das PASI-Ansprechen wird berechnet, indem man den PASI zu Beginn der Therapie mit dem Wert unter Therapie vergleicht und als prozentuale Verbesserung angibt
DLQI = Dermatology Life Quality Index
- Der DLQI ist ein Fragebogen mit zehn Items, die darauf abzielen, die Beeinträchtigung der Patient:innen im Alltag zu bewerten und einzuordnen
TippUnter folgendem Link kann man den Fragebogen nutzen:
https://www.psoriasis-bund.de/fileadmin/images/download/DLQI-Fragebogen.pdf
- Es können 0 bis 30 Punkte erreicht werden, ab einer Punktezahl von 6 wird empfohlen einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen
- Gilt vor allem für die Psoriasis vulgaris, kann aber auch für andere Hauterkrankungen genutzt werden
MerkeBeim BSA geht man davon aus, dass eine Handfläche ungefähr einem Prozent der Körperoberfläche entspricht. Für PASI und DLQI gibt es Rechner in Form von Apps oder vorgefertigten Fragebögen. Die Objektivierung erleichtert die Einteilung in Schweregrade.
InfoLeichte Psoriasis vulgaris: BSA <10 und PASI <10 und DLQI <10
Mittelschwere bis schwere Psoriasis vulgaris: (BSA >10 oder PASI >10) und DLQI >10
Beim Vorliegen folgender Kriterien erfolgt zudem ebenfalls eine Einordnung als mittelschwere
bis schwere Psoriasis vulgaris („Upgrade-Kriterien“):
- Ausgeprägte Erkrankung von sichtbaren Arealen
- Ausgeprägte Erkrankung der Kopfhaut
- Erkrankung des Genitalbereichs
- Erkrankung der Handflächen und Fußsohlen
- Onycholyse oder Onychodystrophie von mindestens zwei Fingernägeln
- Jucken und damit einhergehendes Kratzen
- Vorliegen therapieresistenter Plaques
Zusätzlich kann die Health related quality of life (HRQoL) bestimmt werden:
- Beschreibt die subjektiv wahrgenommene Auswirkung von Gesundheit und Krankheit auf variable Lebensbereiche und kann zusammen mit dem DLQI interpretiert werden
MerkeDie Einteilung der Psoriasis vulgaris erfolgt in drei Schweregrade: leicht, mittelschwer und schwer. Diese werden anhand der BSA, des PASI und DLQI bestimmt. Wenn Sonderkriterien ("Upragde-Kriterien") vorliegen, erfolgt trotz eventuell mäßigen Hautbefund die Einteilung in höhere Schweregrade.
AchtungTrotz der durch Fragebögen und Scores erlangten Objektivität des Befundes ist es wichtig, auch immer das subjektive Krankheitsgefühl der Patient:innen zu beachten und die Patient:innen in der klinischen Untersuchung sorgfältig einzuschätzen.
Zusatzdiagnostik
In der Regel reicht die klinische Untersuchung zur Diagnose aus, in unklaren Fällen oder bei atypischen Präsentationen können zusätzliche diagnostische Tests, wie eine Hautbiopsie
- Laboruntersuchungen:
- In der Regel nicht erforderlich, aber in speziellen Fällen (z.B. Verdacht auf Psoriasis-Arthritis) können Blutuntersuchungen (z.B. Rheumafaktoren, HLA-B27) nützlich sein
- Bildgebung:
- Bei Verdacht auf Psoriasis-Arthritis können Röntgenaufnahmen, Ultraschall oder MRT verwendet werden, um Gelenkbeteiligungen zu beurteilen
- Hautbiopsie
: - Eine Biopsie kann durchgeführt werden, um histologische Merkmale, wie Akanthose, Parakeratose, verlängerter rete ridges und neutrophile Mikroabszesse (Munro-Mikroabszesse), zu bestätigen. Außerdem lassen sich erweiterte kapilläre Gefäße in der Papillarschicht finden
MerkeDa es sich bei der Psoriasis vulgaris um eine Blickdiagnose handelt, ist eine weitere Diagnostik nur nötig, wenn die Hautbefunde sich auch unter Therapie nicht verbessern oder der Verdacht auf eine Psoriasis-Arthritis besteht.
Histopathologie
Bei unklarem klinischen Befund oder ausbleibender Besserung unter Therapie kann eine Hautbiopsie
Hautbiopsie
Unter Lokalanästhesie wird mithilfe einer Stanze eine Probe im Randbereich von bereits länger bestehenden Plaques oder von neu aufgetretenen Papeln genommen.
Bewertung der Hautbiopsie
Im Laufe der Entwicklung der klassischen Plaques durchlaufen die Hautveränderungen unterschiedliche Lebensphasen ("Life of lesions"), die sich klinisch und histopathologisch festhalten lassen. Das für die Psoriasis vulgaris typische Erscheinungsbild lässt sich vor allem in den frühen Stadien finden und ist gekennzeichnet durch mikroskopisch sichtbare Veränderungen in Form von:
- Konfluente Parakeratose und Hyperkeratose (Akanthose) → Gestörte und übermäßige Verhornung der Haut, die zu einem veränderten Epidermisaufbau führt. Die Zellen im Stratum corneum weisen entgegen der physiologischen Histologie noch Zellkerne auf
- Fehlendes Stratum granulosum
- Gleichmäßige Akanthopapillomatose → Verbreitertes Stratum spinosum
- Schmalere suprapapilläre Epidermis
- Neutrophilen Ansammlung im Stratum corneum → Auch Munro-Mikroabszesse genannt. Sie spiegeln die immunologische Aktivität wieder
- Schmal verlängerte Retezapfen (epidermale Epithelzungen) → ergeben mikroskopisch eine wellenartige Struktur
- Erweiterte, gewundene Kapillaren
im Bereich der papillären Dermis → Korkenziehergefäße: Diese sind verantwortlich für das Auspitz-Phänomen - Papillenödem
- Perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat bei oberflächlichem Entzündungsmuster. Die Dermis weist ebenfalls Infiltrationen mit Makrophagen
, T-Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten auf. Diese Zellen tragen zur Aufrechterhaltung der Entzündung bei
Differentialdiagnosen
Wichtigen Differentialdiagnosen:
- Seborrhoische Dermatitis
- Allergisches Kontaktekzem
- Nummuläres Ekzem
- Lichen planus
- Tinea corporis
Weitere Differentialdiagnosen:
- Pityriasis rosea
- Pityriasis rubra/ alba
- Kutanes T-Zell-Lymphom (Mycosis fungoides vor allem im Plaquestadium)
- Syphillis
- HIV
Arzneimittelallergie in Form einer Arzneimittel-induzierten Psoriasiformen Dermatitis
- Betablocker
z.B. Metoprolol - Lithium
- Nichtsteroidale Antirheumatika
- ACE-Hemmer
- Tetrazykline
- Interferone
- TNF-alpha-Inhibitoren
Info
Histologisch ist eine Arzneimittel-induzierte Psoriasiforme Dermatitis nur schwer von einer echten Psoriasis vulgaris zu unterscheiden. Wichtig ist daher der zeitliche Zusammenhang mit dem Medikament bzw. das Abklingen nach Stoppen des möglichen Auslösers.
- Betablocker
Therapie
Aktuell gibt es keine kausale Therapie der Psoriasis vulgaris, demnach kann mit den aktuellen Therapien nur eine Symptombekämpfung erreicht werden.
- Das Therapieziel ist es, die kutane Erscheinung der Psoriasis vulgaris zu unterbinden, um den Patient:innen eine bessere Lebensqualität zu geben
- Die Behandlungsstrategie wird individuell an den Schweregrad der Erkrankung, die betroffenen Körperstellen und die persönlichen Bedürfnisse des Patient:innen angepasst
- Falls dieses Ziel mit der zunächst durchgeführten Therapie nicht erreicht werden kann, ist es sinnvoll, diese zu eskalieren. Daher sollte in gewissen Zeitabständen eine Überprüfung des Therapiefortschritts erfolgen
Therapiemodalitäten
Es gibt unterschiedlichen Therapiemodalitäten, die teilweise synergistische Effekte aufweisen:
- Bei der nicht-medikamentösen Therapie sind vor allem die Patient:innen in der Verantwortung, die Triggerfaktoren zu vermeiden, z.B. durch Stressmanagment oder auch Alkohol- und Nikotinabstinenz. Gleichzeitig können positiv wirkende Faktoren vermehrt genutzt werden
- Die topische Therapie hat in der Regel wenig systemische Nebenwirkungen, kann bei leichten bis mittelschweren Formen als alleinige Therapie erfolgreich sein und benötigt ausreichend Compliance der Patien:innen
- Die Phototherapie wird vor allem bei mittelschweren und schweren Fällen angewandt, in denen die topische Therapie alleine erfolglos ist
- Die systemischen Therapien werden bei mittleren bis schweren Fällen eingesetzt, die auf andere Arten der Therapieformen nicht ansprechen. Auch bei Fällen von Nagelpsoriasis werden systemische Therapien bevorzugt, da diese anders oft nicht zu beherrschen sind. Durch die systemische Wirkung benötigt diese Art der Therapie vor Einleitung bestimmte Untersuchungen und auch während der Therapie sind engmaschige Kontrollen notwendig
Basistherapie:
Ergänzend zu jeder Form der angewandten Therapie, sollte von Patient:innen die regelmäßige lokale Anwendung von folgender Basistherapie erfolgen:
- Rückfettenden und pflegenden Externa auf Salbengrundlage
- Salicylsäure-/ oder Harnstoff
-Cremes zur Lösung der Schuppen (Keratolyse)
MerkeSowohl im akuten Schub als auch in der Pflege der verheilenden Haut nach Therapie unterstützt die Basistherapie die Integrität der Hautbarriere. Als alleinige Therapie reicht sie allerdings nicht aus.
Nicht-medikamentöse Therapie
Zur nicht-medikamentösen Therapie bei der Psoriasis vulgaris gehört vor allem das Beeinflussen der Triggerfaktoren durch die Patient:innen, die hierbei selbst in der Verantwortung stehen.
InfoZur nicht-medikamentösen Therapie gehören Stressmanagement, Nikotin- und Alkoholabstinenz sowie Gewichtsreduktion bei Adipositas
.
Klimatherapie und Balneotherapie:
Im Wesentlichen bezieht sich die Therapie auf das Nutzen meteorologischer Bedingungen vor allem in Form von UV-Lichtexposition durch Sonne und natürlicher mineralhaltiger Gewässer (Balneotherapie). Die Klassifikation dieser Gewässer erfolgt nach chemischer Zusammensetzung, physikalischen Eigenschaften und Wirkmechanismen. Die Effekte beruhen auf der Wirkung des UV-Lichtes und im Fall der Balneotherapie werden chemische, mechanische und thermische Effekte diskutiert, die modulierend auf das Immunsystem wirken.
InfoHäufig findet eine Kombination aus Klimatherapie und Balneotherapie statt.
Psychologische Betreuung (Patientenschulung):
Die psychosoziale Belastung durch die Psoriasis vulgaris ist für die Patient:innen enorm hoch. Daher hilft eine psychologische Betreuung bei der Krankheitsbewältigung und kann so sekundär die Lebensqualität steigern. Die Schulungen haben das Ziel, den Patient:innen wissenschaftliche Hintergründe in Bezug auf Krankheitsentstehung und Therapie zu vermitteln, um eine fundierte Entscheidungsfindung möglich zu machen. Die Studienlage ist bisher noch gering, allerdings ist die Patientenschulung als additive Behandlung wegen der geringen unerwünschten Wirkungen attraktiv.
Ziele der Patientenschulung:
- Steigerung der Therapiemotivation
- Steigerung der Selbstwirksamkeit
- Verbessertes Selbstbewusstsein
- Adäquate Krankheitsbewältigung
- Steigerung der Kompetenzen der Patient:innen
- Verhinderung eines progredienten Krankheitsverlaufs
- Nutzen der Ressourcen des Gesundheitssystems
Topische Therapie
Die topische Therapie ist die Grundlage der Behandlung bei leichten bis mittelschweren Formen der Psoriasis vulgaris. Sie wirkt direkt auf die betroffenen Hautstellen und hat in der Regel weniger systemische Nebenwirkungen.
Glukokortikosteroide
- Wirkung: Kortikosteroide haben entzündungshemmende, immunsuppressive und antiproliferative Effekte. Sie reduzieren die Entzündung und die Schuppenbildung
. Durch die Bindung an intrazelluläre Glukokortikoiderezeptoren wird die Expression von entzündungshemmenden Genen erhöht und die proinflammatorischer Gene inhibiert - Anwendung: externe Anwendung in Abhängigkeit von der Stärke der Kortikosteroide und der Lokalisation der Psoriasis vulgaris. Schwächere Präparate werden im Gesicht und in intertriginösen Bereichen verwendet, während stärkere Präparate für dicke Plaques auf der Kopfhaut, den Ellenbogen und Knien geeignet sind
- Einsatz: Oft sind Kortikosteroide die Mittel erster Wahl, werden aber aufgrund ihrer Nebenwirkungen gerne mit anderen topischen oder auch systemischen Medikamenten kombiniert, um möglichst Steroid-sparend zu therapieren. Je nach betroffenem Hautareal können unterschiedliche Formulierungen zum Einsatz kommen
- Nebenwirkungen: Langfristige Anwendung kann zu Hautatrophie
, Striae, Osteoporose und Abnahme der Wirkung des Kortikosteroidpräparates führen - Dosierungsbeispiel: z.B. Betamethasondipropionat 1x/Tag über drei Wochen.
- Die Therapie wird über zwei Wochen ausgeschlichen: In der ersten Woche mit einer Anwendung alle zwei Tage, in der zweiten Woche mit einer Anwendung alle 3 Tage. Danach sollte das Absetzen der topischen Therapie erfolgen.
- Die Dosierung und die maximale Therapiedauer hängt vom verwendeten Präparat ab, normalerweise erfolgt jedoch eine Anwendung von 1x/ Tag
- Bei Besserung des Hautbefundes empfiehlt sich eine Verlängerung des Therapieintervalls oder eine Deeskalation auf ein schwächeres topisches Glukokortikoid
TippDie Kombination von topischen Glukokortikoiden
und Salicylsäure verbessert die Wirkung der Glukokortikoidtherapie.
AchtungStudien haben gezeigt, dass die Wirksamkeit bei der topischen Therapie mit Klasse IV Glukokortikoiden
wie Clobetasol-17-Proprionat nicht signifikant durch die Galenik als Lotio oder Creme beeinflusst wird.
Vitamin-D3 -Analoga (z.B. Calcipotriol, Calcitriol )
- Wirkung: Hemmen die Proliferation sowie Entzündung und fördern die Differenzierung der Keratinozyten über eine Bindung an den Vitamin-D
-Rezeptor (VDR) der Keratinozyten. Der Rezeptor stellt einen Transkriptionsfaktor dar, der die Expression von Genen reguliert, die für Zellproliferation und -differenzierung verantwortlich sind. Die Aktivierung dieses Rezeptors führt zur Proliferationshemmung und Differenzierungsförderung - Anwendung: Topische Anwendung in Form einer Salbe. Häufig in Kombination mit Kortikosteroiden oder Phototherapie verwendet, um die Wirksamkeit zu steigern und Nebenwirkungen der Kortikosteroide zu reduzieren
- Einsatz: Vitamin-D3
-Analoga können sicher über einen längeren Zeitraum angewendet werden - Nebenwirkungen: Kann lokale Hautirritationen verursachen. Ebenso erfolgt oft erst ein später Einsatz der Wirkung
- Dosierungsbeispiel: z.B. Calcipotriol 1-2x/Tag auf maximal 30% der Körperoberfläche. Bei einer Maximaldosis von 15 g/Tag und 100 g/Woche kann die Therapie bis zu ein Jahr lang durchgeführt werden
TippVor allem zu Beginn der Therapie mit Vitamin-D3
-Analoga beschleunigt die gleichzeitige Therapie mit topischen Glukokortikoiden der Klassen II und III das klinische Ansprechen.
MerkeDie Anwendung der Standardkombination aus Calcipotriol und Betamethasondiproprionat (z.B. Daivobet) sollte 1x/ Tag bis zu vier Wochen lang erfolgen.
InfoIn Fällen von schwerer Psoriasis vulgaris kann in der Therapie der synergistischer Effekt durch eine Kombinationstherapie mit systemischen Calcineurin-Inhibitoren
von Nutzen sein.
Calcineurin-Inhibitoren (z.B. Tacrolimus, Pimecrolimus)
- Wirkung: Über die Hemmung der Phosphatase Calcineurin wird die Aktivierung des nuklearen Transkriptionsfaktors (NF-AT) gestoppt. Der Transkriptionsfaktor sorgt für die Regulierung der Genexpression von proinflammatorischer Zytokinen. Dadurch wird die Aktivierung von T-Zellen gehemmt, die in der Pathogenese der Psoriasis vulgaris eine wichtige Rolle spielen
- Anwendung: In empfindlichen Hautarealen, in denen die Anwendung von Kortikosteroiden reizend sein kann, wie zum Beispiel den Intertrigines, dem Gesicht oder den Genitalien sind Calcineurin-Inhibitoren
gut einsetzbar - Einsatz: Sowohl topische als auch systemische Einnahme sind langfristig möglich. Es kommt nicht zur Hautatrophie
- Nebenwirkungen: Erythem, Brennen und Jucken an der Applikationsstelle. Die Patient:innen sollten wegen gesteigerter Photosensibilität übermäßige Sonnenexposition vermeiden
- Dosierungsbeispiel: z.B. Tacrolimus (Protopic) 1-2x/Tag. Bei Anwendung im Gesicht: Beginn mit einer Konzentration von 0,03% und einer späteren Steigerung auf 0,1% in Salbenform
- Oft kurzzeitige Vortherapie mit Glukokortikoiden
- Nutzung als Erhaltungs- oder Intervalltherapie möglich
- Anwendung bis zur Symptomfreiheit und dann Fortführung mit hautpflegenden Externa
- Oft kurzzeitige Vortherapie mit Glukokortikoiden
Teerpräparate und Dithranol
- Wirkung: Antiproliferative und entzündungshemmende Effekte. Zusätzlich wird die Keratinozyten-Differenzierung normalisiert
- Anwendung: Die komplexe Anwendung erfolgt entweder kurzzeitig (ca. 30 Minuten) im Sinne einer “short-contact-therapy" oder im stationären Setting über mehrere Stunden im Sinne einer “in-patient-therapy” und wird nach der Einwirkzeit abgewaschen
- Einsatz: Vor allem in Kombination mit anderen Therapien, wie der UV-Therapie
- Nebenwirkungen: Hautreizungen, erhöhte Photosensibilität und Verfärbung der Haut oder Kleidung. Hierzu ist eine Schulung der Patient:innen sinnvoll
- Dosierungsbeispiel Teerpräparate:
- Teepräparate 5-20% in Form von Gelen oder Salben zur lokalen Therapie bei einer Einwirkzeit von einigen Stunden mit anschließender UVB-Bestrahlung in suberythematöser Dosierung
MerkeNicht zur Langzeitanwendung geeignet.
- Dosierungsbeispiele Dithranol:
- Short-contact-therapy: z.B. Psoralon MT Salbe 1% in den ersten Tagen zehn Minuten auf den betroffenen Arealen einwirken lassen, danach mit lauwarmem Wasser ohne Seife abspülen. Die Einwirkzeit wird über einige Tage hinweg auf 30 Minuten gesteigert und dann durch eine höhere Konzentration von 2 bzw. 3% und eine Einwirkzeit von zehn bis 20 Minuten über jeweils drei bis vier Tage ersetzt
- In-patient-therapy: Beginn mit einer Konzentration von 0,1% 2x/Tag, die Steigerung der Konzentration erfolgt je nach Grad der Hautreizung. In der Regel erfolgt eine Verdopplung der Konzentration alle drei Tage, die Zielkonzentration liegt bei 1-3%. Bei starker Hautreizung sollte eine Reduktion erfolgen
- Anwendungsdauer von vier bis sechs Wochen. Eine Besserung des Hautbefundes sollte nach zwei bis drei Wochen bemerkbar sein
MerkeDithranol sollte in Kombination mit Phototherapien, Vitamin-D3
-Analoga wie Calcipotriol oder auch Glukokortikoiden angewandt werden.
Phototherapie
Die Phototherapie ist eine effektive Behandlungsoption für mittelschwere bis schwere Psoriasis vulgaris, insbesondere wenn topische Therapien unzureichend sind.
- Durch ultraviolettes Licht (UV) kommt es zu einer Hemmung der Antigen-präsentierenden Langerhanszellen sowie zu einer geringeren T-Zell-Aktivierung
- Es erfolgt hierdurch eine Reduktion der Hautentzündung
- Die T-Lymphozytenzahl wird durch Apoptose
reduziert - Durch Zerstörung der DNA in den Hautzellen wird die Zellproliferation kontrolliert
AchtungMedikamente, welche die Lichtempfindlichkeit erhöhen (durch Phototoxizität oder photoallergischer Reaktion) sollten anamnestisch erfragt werden. Beispiele hierfür sind: Johanniskraut
, Tetrazykline (beide phototoxisch), HCT und Promethazin (beide photoallergisch). Absolute Kontraindikationen sind Gendefekte mir erhöhter Lichtempfindlichkeit, Patient:innen mit erhöhtem Hautkrebsrisiko, sowie Hautmalignome in der Vorgeschichte.
DefinitionBalneophototherapie: Kombination aus Solebädern und sich anschließender Phototherapie. Studien haben gezeigt, dass die therapeutische Ansprechrate von Phototherapien durch Solebäder steigt.
UVB-Therapie (Breitband und Schmalband)
- Wirkung: UVB-Licht reduziert die Entzündung und die Hautzellproliferation
- Anwendung: Die Anwendung erfolgt ca. 2–3 Mal pro Woche im ambulanten Setting
- Einsatz: Schmalband-UVB (311–313 nm) ist effektiver und mit weniger Nebenwirkungen (v.a. Hautkrebs) verbunden als Breitband-UVB (280–320 nm), wobei die Therapie mit Breitband-Bestrahlung weiter verbreitet und kostengünstiger ist
- Nebenwirkungen: Sonnenbrand und langfristig erhöhtes Risiko für Hautkrebs
PUVA (Psoralen plus UVA)
- Wirkung: Kombination aus Psoralen, einem Photosensibilisator und UVA-Bestrahlung (320–400 nm). Die Anwendung von Psoralen erfolgt entweder topisch oder oral. Wirkt durch DNA-Schädigung und Modulation der Immunantwort wie die UVB-Therapie
- Einsatz: Bei schweren Fällen oder beim Versagen anderer Therapien. Es kann zu einer dauerhaften Verbesserung des Krankheitsbildes kommen
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Hautalterung und erhöhtes Risiko für Hautkrebs. Zu Beginn kann es zu Sonnenbrand-ähnlicher Reaktion oder auch Blasenbildung kommen
- Dosierungsbeispiel:
- Die individuelle Dosierung erfolgt abhängig vom Hauttyp nach Fitzpatrick – je heller der Hauttyp, desto geringer die Initialdosis, und nach der minimalen Erythemdosis (MED). Gesteigert wird die Dosis anhand der Erythembildung, je weniger Erythem auftritt, umso leichter kann eine Steigerung erfolgen
- UVB-Therapie: z.B. Beginn mit 70% der MED
- PUVA:
- Orale PUVA: 75% der minimalen phototoxischen Dosis (MPD), Gabe von z.B. 0,6 mg/kg Körpergewicht 8-Methoxypsoralen (8-MOP)
- Topische PUVA (in Form von Creme oder Bad): 20-30% der MPD
AchtungKeine Empfehlung als Langzeittherapie aufgrund der kumulativen UV-Dosis.
TippDie Kombination mit topischen Vitamin-D3
-Analoga kann die Ansprechrate erhöhen, hierbei erzielt Calcitriol einen stärkeren Effekt.
Systemtherapie
Systemische Therapien werden bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris eingesetzt oder wenn die Psoriasis vulgaris auf andere Behandlungen nicht anspricht. Diese Medikamente haben systemische Wirkungen und erfordern eine engmaschige Überwachung.
Eigene Abbildung
Methotrexat (MTX)
- Wirkung: Zugehörig zur Gruppe der Immunsuppressiva und Zytostatika hemmt MTX als Folsäureantagonist die DNA- und RNA-Synthese und damit die Zellproliferation, außerdem wirkt es entzündungshemmend
- Voruntersuchungen: Vor Einleitung einer Therapie mit MTX müssen latente Infektionen wie Tuberkulose, Hepatitis B und C ausgeschlossen werden. Außerdem muss eine ausreichende Leber- und Nierenfunktion nachgewiesen werden
- Anwendungsgebiete: Besonders wirksam bei psoriatischer Arthritis, Psoriasis vulgaris und in weiterhin bei onkologischen Erkrankungen (z.B. Mammakarzinom und hämato-onkologische Erkrankungen)
- Einnahme:
- Die Gabe kann entweder oral, intramuskulär, subkutan oder intravenös erfolgen
- 24 Stunden nach Einnahme von MTX sollen 5-10 mg Folsäure verabreicht werden
- Zu Beginn der Therapie erfolgt eine Blutbilduntersuchung inklusive Differenzialblutbild und der Bestimmung von GOT, GPT, alkalischer Phosphatase und Kreatinin alle zwei Wochen. Im Verlauf kann dieses Intervall, bei längerer komplikationsloser Einnahme, schrittweise auf bis zu 12 Wochen gesteigert werden
- Die Patient:innen sollten während der Einnahme auf Alkohol verzichten
- Nebenwirkungen: Hepatotoxizität, Knochenmarksuppression, Lungenfibrose, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, erniedrigte Kreatinin-Clearance sowie Entzündungen und Ulzerationen der Mund- und Rachenschleimhaut
- Dosierungsbeispiel:
- MTX 7,5 mg, oral als Initialdosis, danach wöchentliche Gaben
- Maximaleinzeldosis beträgt 30 mg
- Die Erhaltungsdosis sollte die geringst mögliche Dosis sein, welche ausreichende Wirkung zeigt
- 24 Stunden nach der Einnahme von MTX sollten 5 mg Folsäure oral verabreicht werden
Ciclosporin
- Wirkung:
- Ciclosporin wirkt durch die Bindung an das zytoplasmatische Protein Cyclophilin in T-Zellen
- Dieser Komplex inhibiert das Enzym Calcineurin, eine Phosphatase, die normalerweise die Aktivierung des nuklearen Faktors der aktivierten T-Zellen (NF-AT) ermöglicht
- NF-AT ist notwendig für die Transkription von Genen, die für die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-2 (IL-2) verantwortlich sind
- Durch die Hemmung dieses Prozesses, reduziert Ciclosporin die T-Zell-Aktivierung und die daraus resultierende Entzündungsreaktion
- Voruntersuchungen:
- Anamnese, Blutdruckmessung
- Nieren- und Leberfunktionstests
- Blutbild
- Elektrolytprofil
- Blutfette
- Tests auf latente Infektionen wie Hepatitis B und C, HIV oder Tuberkulose
- Schwangerschaftstest bei Frauen im gebährfähigem Alter
- Anwendungsgebiete: Kurzfristige Anwendung zur Kontrolle schwerer Psoriasis, atopische Dermatitis, rheumatoide Arthritis und Anwendung im Bereich der Transplantationsmedizin. Ziel ist es, nach einigen Monaten die Dosis zu senken und wenn nötig auf andere Therapieformen umzustellen
- Einnahme: Die Einnahme erfolgt täglich oral, die im Verlauf der Therapie gesteigert werden kann, allerdings ist das Ziel eine möglichst kurzfristige Behandlung
- Nebenwirkungen: Nierenschäden, Bluthochdruck und erhöhtes Risiko für Infektionen, Hautkrebs oder Lymphome. Es kann zu einer Gingivahypertrophie und Hypertrichose kommen.
MerkeEine regelmäßige Kontrolle des Blutbildes inklusive der Elektrolyte und Nieren-/ Leberfunktionsparameter ist nötig.
AchtungKeine simultane Anwendung von Phototherapien.
- Dosierungsbeispiel:
- Initial: Ciclosporin 2,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag, aufgeteilt in zwei Einzeldosen
- Steigerung: auf bis zu 5 mg/kg Körpergewicht pro Tag möglich (Steigerungsintervalle von je 1 mg/kg Körpergewicht pro Tag)
- Ausnahmefälle: Initialdosen von 5 mg/kg Körpergewicht
- Die Erhaltungsdosis sollte die kleinste wirksame Dosis darstellen
Retinoide (z.B. Acitretin)
- Wirkung:
- Retinoide sind Vitamin-A-derivate
- Durch Bindung an nukleäre Retinoidrezeptoren (RAR und RXR) wirken sie in den Keratinozyten
- Diese Rezeptoren fungieren als Transkriptionsfaktoren, die die Expression von Genen regulieren, die für die Zellproliferation, Differenzierung und Apoptose wichtig sind
- Zu den Hauptwirkungen gehören die Zellproliferation und Differenzierung, sowie eine antientzündliche Wirkung
- Voruntersuchungen:
- Vor der Therapie wird der Impfstatus, die Leberfunktion und die Blutfette kontrolliert. Während der Therapie muss die regelmäßige Kontrolle der Leberenzyme und der Blutfettwerte erfolgen
AchtungBei Frauen im gebährfähigem Alter muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen und während der Therapie bei beiden Geschlechtern sicher verhütet werden, da Retinoide teratogen wirken.
- Anwendungsgebiete: Besonders wirksam bei pustulöser und erythrodermischer Psoriasis vulgaris
- Einnahme: Die Einnahme erfolgt oral und kann mit topischen Therapien oder auch Phototherapie kombiniert werden.
TippBesonders positive synergistische Effekte lassen sich in der Kombination mit topischen Kortikosteroiden oder Vitamin-D3-Analoga feststellen
- Nebenwirkungen: Teratogenität, Hyperlipidämie, Leberfunktionsstörungen und Schleimhautentzündungen. Selten treten psychische Nebenwirkungen auf, daher sollte der betreuende Arzt/ Ärztin auch hier regelmäßig evaluieren
- Die Patient:innen müssen schriftlich erklären, dass sie über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt worden sind
- Aufgrund der Teratogenität muss die gesamte Therapie über eine sichere Antikontrazeption erfolgen, die nach Therapieende drei weitere Jahre fortgeführt werden muss
- Alkoholkarenz ist wegen des Einflusses auf Leberenzyme und Blutfettwerte während der Therapie empfohlen
- Dosierungsbeispiel:
- Acitretin, initial 30 mg/Tag für zwei bis vier Wochen
- Steigerung: auf 75 mg/Tag ist möglich
- Erhaltungsdosis: von 30 mg/Tag für 6-8 Wochen (Maximaldosis 75 mg/Tag oder 1 mg/kg Körpergewicht/Tag)
Fumarate
- Wirkung:
- Als Fumarsäureester wirksam
- Der Wirkmechanismus ist bisher unbekannt, allerdings kommt es vermutlich zu einer Proliferationshemmung der Keratinozyten, einer verminderten Ausbildung von intrazellulären Adhäsionmolekülen, sowie zu einer Reduktion der T-Helferzellen über eine Reduktion der neutrophilen Granulozyten
- Daher lassen sich Fumarsäureester in die Gruppe der Immunsuppressiva einordnen
- Voruntersuchungen: Laboruntersuchungen mit Kontrolle von Blutbild, Leber- und Nierenwerten sowie des Urinstatus sollten alle vier Wochen erfolgen
- Anwendungsgebiete: Vor allem bei der Psoriasis vulgaris genutzt
InfoFumarate sind seit 2014 auch bei der Multiplen Sklerose zugelassen.
- Einnahme: Die Gabe kann sowohl oral als auch topisch erfolgen. Auslassversuche sind möglich, man beobachtet Rezidive Wochen bis Monaten nach Absetzen der Therapie
- Nebenwirkungen: Vor allem die Kombination von topischer und systemischer Anwendung kann nephrotoxisch wirken, Flush (Hitzewallungen), gastrointestinale Beschwerden (hören im Laufe der Therapie auf, selten Therapieabbruch), neophrotoxische NW mit Anstieg des Kreatinin und Proteinurie, Leukopenie/ Lymphopenie/ Eosinophilie (selten Therapieabbruch)
- Dosierungsbeispiel:
- Die Therapie beginnt einschleichend
- Dimethyl-Fumarat
- Die erste Woche: 30 mg/Tag, vorzugsweise am Abend
- Die zweite Woche: 60 mg/Tag, aufgeteilt auf den Morgen und Abend
- Die dritte Woche: 90 mg/Tag, aufgeteilt auf Morgens, Mittags und Abends
- Die vierte Woche: 120 mg/Tag, vorzugsweise Abends
- Diese Dosis wird in den folgenden fünf Wochen um jeweils 120 mg/Woche gesteigert
- Die Maximaldosis beträgt 720 mg/Tag
InfoEs sollte die möglichst kleinste wirksame Dosis herausgefunden werden. Diese sollte dann als Erhaltungsdosis gelten.
MerkeBei klinischer Verbesserung des Hautbefundes sollte eine Reduzierung der täglichen Dosis unter beachten der individuellen Erhaltungsdosis erfolgen.
Biologika
Biologika sind eine relativ neue Klasse von Medikamenten, die gezielt bestimmte Teile des Immunsystems beeinflussen. Sie sind besonders bei Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris wirksam, die auf andere Therapien nicht ansprechen, können allerdings auch mit anderen Therapiemodalitäten kombiniert werden.
Biologika benötigen vor Therapieeinleitung sorgfältige Voruntersuchungen:
- Anamnese mit Erfragen von medizinischer Vorgeschichte, chronischen Krankheiten und Allergien
- Kontrolle des Impfstatus
- Ausschluss von Infektionen mit Hepatitis B, C, HIV oder Tuberkulose
- Differentialblutbild
- Leber- und Nierenfunktionstest
- Schwangerschaftstest bei Frauen im gebährfähigem Alter
AchtungWeil die Nebenwirkungen schwer sein können, muss auch unter der Therapie eine regelmäßige Kontrolle des Blutbildes und der Leber- und Nierenfunktion erfolgen, um die Therapie gegebenenfalls abbrechen zu können.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören:
- Durch die Therapie-bedingte Immunsuppression kommt es häufiger zu opportunistischen Infektionen durch Viren, Bakterien und Pilze
- Schmerzen, Rötungen oder Juckreiz an der Injektionsstelle
- Systemische Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und gastrointestinale Beschwerden
- In Studien ergab sich ein erhöhtes Risiko für Malignome, darunter vor allem Lymphome und Hautkrebs
- In seltenen Fällen kommt es zu Autoimmunphänomenen mit Lupus-ähnlichem Erscheinungsbild
DefinitionBiosimilars sind biologische Arzneimittel, die einem anderen biologischen Arzneimittel (Biologika) ähneln, welches bereits zur Anwendung zugelassen ist. Sie haben ihren Ursprung in einer biologischer Quelle, in der Psoriasis-Therapie sind sie in Form von Infliximab, Adalimumab und Etanercept erhältlich.
TNF-α-Inhibitoren (z.B. Infliximab, Adalimumab, Etanercept)
- Wirkung:
- Blockieren den Tumornekrosefaktor-Alpha, ein Schlüsselzytokin in der Entzündung
- TNF-α ist an der Aktivierung von Entzündungszellen und der Freisetzung anderer proinflammatorischer Zytokine beteiligt
- Durch die Hemmung von TNF-α reduzieren diese Medikamente die Entzündung und die übermäßige Zellproliferation, die für Psoriasis vulgaris charakteristisch sind
- Anwendungsgebiete: Effektiv bei Hautpsoriasis und psoriatischer Arthritis
- Einnahme: Die Gabe kann subkutan oder intravenös erfolgen, hierbei variieren je nach Präparat die Dosierungen und die Zeitintervalle zwischen einer und acht Wochen
- Nebenwirkungen: Erhöhtes Risiko für Infektionen und möglicherweise Krebs
- Dosierungsbeispiel:
- Adalimumab
- Initialdosis: 80 mg in 0,8ml als Fertigspritze, Applikation subkutan
- Dann alle 2 Wochen: 40 mg in 0,8ml Fertigspritze, Applikation subkutan
- Adalimumab
TippBei unzureichendem Ansprechen nach der 16ten Woche, kann eine Erhöhung auf 40 mg jede Woche, oder 80 mg alle zwei Wochen etabliert werden.
IL-12/23-Inhibitor (Ustekinumab)
- Wirkung:
- IL-12 und IL-23 sind Zytokine, die an der Differenzierung und Aktivierung von T-Helferzellen beteiligt sind
- IL-12 fördert die Entwicklung von Th1-Zellen
- IL-23 fördert die Differenzierung und Erhaltung von Th17-Zellen
- Beide Zelltypen spielen eine zentrale Rolle in der Entzündungskaskade bei Psoriasis vulgaris
- Durch die Blockierung der gemeinsamen p40-Untereinheit dieser Zytokine verhindern IL-12/23-Inhibitoren die Aktivierung dieser T-Zellen und reduzieren somit die entzündlichen Prozesse und die Keratinozytenproliferation
- Anwendungsgebiete: Effektiv bei schwerer Psoriasis vulgaris
- Einnahme: Alle 12 Wochen wird eine Gabe subkutan verabreicht, was für die Patient:innen sehr angenehm und unkompliziert ist
- Nebenwirkungen: Infektionsrisiko, Kopfschmerzen und Müdigkeit
- Dosierungsbeispiel:
- Ustekinumab
- Initialdosis: 45 mg subkutan
- Nach vier Wochen: 45 mg subkutan
- Erhaltungsdosis: 45 mg subkutan, alle 12 Wochen
- Ustekinumab
IL-17-Inhibitoren (z.B. Secukinumab, Ixekizumab, Brodalumab)
- Wirkung:
- IL-17 ist ein proinflammatorisches Zytokin, das von Th17-Zellen produziert wird und eine zentrale Rolle in der Entzündungskaskade der Psoriasis vulgaris spielt
- IL-17 fördert die Produktion von weiteren entzündungsfördernden Zytokinen und Chemokinen, die wiederum die Rekrutierung von Neutrophilen und die Entzündungsreaktion in der Haut verstärken
- Durch die Hemmung von IL-17A (oder seines Rezeptors) reduzieren IL-17-Inhibitoren die Entzündung und die übermäßige Zellproliferation
- Anwendungsgebiete: Hochwirksam bei Plaques-Psoriasis
- Einnahme: subkutane Injektion in wöchentlichen oder monatlichen Abständen je nach Präparat
- Nebenwirkungen: Risiko für Infektionen, insbesondere Candida-Infektionen
- Dosierungsbeispiel:
- Secukinumab
- Initialdosis: 300 mg subkutan in zwei 150 mg Dosen
- Nach der Initialdosis weitere Dosen in Woche 1, 2, 3 und 4
- Erhaltungsdosis: In monatlichen Abständen
- Secukinumab
IL-23-Inhibitoren (z.B. Guselkumab, Tildrakizumab, Risankizumab)
- Wirkung:
- IL-23 ist ein proinflammatorisches Zytokin, das von antigenpräsentierenden Zellen produziert wird und eine zentrale Rolle bei der Differenzierung und Erhaltung von Th17-Zellen spielt
- Th17-Zellen produzieren wiederum IL-17 und andere entzündungsfördernde Zytokine, die zur Pathogenese der Psoriasis vulgaris beitragen
- Durch die Hemmung der p19-Untereinheit von IL-23 verhindern IL-23-Inhibitoren die Aktivierung von Th17-Zellen und reduzieren somit die Entzündungsprozesse und die übermäßige Zellproliferation
- Anwendungsgebiete: Effektiv bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris
- Einnahme: Die Gabe erfolgt subkutan alle 8 bis 12 Wochen, was die Therapieadhärenz der Patient:innen erhöht
- Nebenwirkungen: Ähnlich wie bei anderen Biologika, einschließlich Infektionsrisiko
- Dosierungsbeispiel:
- Guselkumab
- Initialdosis: 100 mg subkutan, in den Wochen 0 und 4
- Erhaltungsdosis: 100 mg subkutan, alle 8 Wochen
- Guselkumab
MerkeZusammenfassung Therapie:
- Die wirkstofffreie Basistherapie ist bei allen Schweregraden indiziert
- Die anderen Therapiemodalitäten können teilweise miteinander kombiniert werden, wobei das Ziel ist möglichst Glukokortikoid-sparend zu therapieren
- Systemtherapien kommen bei mittelschweren bis schweren Fällen zum Einsatz, hier stellen Biologika eine relativ neue Klasse an Medikamenten dar, die vor allem Einsatz finden, wenn andere Therapien versagen
- Laut der aktuellen Leitlinie gibt es inzwischen auch Ausnahmen, die eine direkte Therapie mit Biologika erlauben: hierzu gehören unter anderem die Nagelpsoriasis und der Befall des Genitalbereichs
Therapie nach Schweregrad
In allen Schweregraden ist zusätzlich zu der medikamentösen Therapie die Basistherapie mit wirkstofffreien Externa indiziert. Diese soll rückfettend auf die Hautbarriere wirken sowie deren Integrität fördern. Zur Schuppenlösung sind Salben mit Harnstoff
Eigene Abbildung
Leichte Psoriasis vulgaris
Bei Patient:innen mit leichter Psoriasis vulgaris, die weniger als 3-5 % der Körperoberfläche betrifft, sind topische Behandlungen in der Regel ausreichend. Anwendung finden hier vor allem topische Kortikosteroide, die entzündungshemmend und immunsuppressiv wirken. Je nach betroffenem Hautbereich sind unterschiedliche Stärken indiziert. Die Nutzung findet oft in Kombination mit Vitamin-D
Mittelschwere Psoriasis vulgaris
Bei Patient:innen mit mittelschwerer Psoriasis vulgaris, die 5-10 % der Körperoberfläche betrifft oder bei denen die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist, werden oft eine Kombination aus topischen Behandlungen und Phototherapie eingesetzt. Bei der Phototherapie unterscheidet man die Schmalband-UVB-Bestrahlung, die ambulant beim niedergelassenen Dermatologen durchgeführt werden kann, von einer PUVA. Während der PUVA erfolgt vor der Phototherapie die topische Anwendung von Psoralen, einem Photosensibilisator. Die erhöhte Photosensibilität führt dazu, dass die Wirkung der UV-Strahlen, aber auch die Nebenwirkungen verstärkt auftreten. In ausgewählten Fällen können systemische Therapien indiziert sein, diese wirken entweder immunsuppressiv wie Methotrexat
Schwere Psoriasis vulgaris
Bei Patient:innen mit schwerer Psoriasis vulgaris, die mehr als 10 % der Körperoberfläche betrifft, oder mit schwerer Beeinträchtigung der Lebensqualität, werden häufig systemische Behandlungen oder Biologika eingesetzt. Dies neben der nicht medikamentösen Therapie und den Basismaßnahmen. Wie bei der mittelschweren Psoriasis vulgaris kommen oft MTX
Therapie in der Schwangerschaft
AchtungViele der üblichen Medikamente, die zur Behandlung von Psoriasis vulgaris eingesetzt werden, sind aufgrund ihrer potenziellen teratogenen Effekte oder anderen Risiken für das ungeborene Kind kontraindiziert. Daher ist eine sorgfältige Abwägung der Risiken und Nutzen jeder Therapieoption erforderlich.
Während der Schwangerschaft finden vor allem topische Therapien sowie die allgemein indizierte Basistherapie Anwendung, da diese wenig bis keine Nebenwirkungen auf den gesamten Organismus haben. Die Sicherheit von Mutter und Fötus sollte Priorität haben bei der Behandlung. Wenn dennoch eine Therapie nötig ist, muss auf andere Medikamente umgestellt werden und vor allem auch die Adhärenz in Bezug auf nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen gestärkt werden. Hier ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Dermatologie und Gynäkologie wichtig, um eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Datenlage zur Therapie mit Biologika ist noch nicht ausgereift, TNF-α-Inhibitoren
Komplikationen und Komorbiditäten
Aufgrund der geschädigten Hautbarriere und des Juckreiz kann es bei Patient:innen mit Psoriasis vulgaris zu viralen, bakteriellen oder mykotischen Sekundärinfektionen kommen. An Psoriasis vulgaris erkrankte Patient:innen haben ein erhöhtes Risiko dafür, an weiteren Komorbiditäten zu leiden, hierzu gehören typischerweise:
- Psoriasis Arthritis
- Kardiovaskuläre Erkrankungen
- Hypertonie
- Adipositas
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
(Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ) - Diabetes mellitus Typ 2
- Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung
(NAFLD /NASH) - Osteoporose (vor allem durch langfristige Einnahme von Glukokortikoiden
) - Nierenerkrankungen
- Depression und Angststörungen
Neben der erhöhten Infektionsgefahr und den Komorbiditäten sind die Patient:innen emotional und psychisch stark durch Stigmatisierung und Ausgrenzung belastet, was die Lebensqualität erheblich einschränkt. Sie leiden durch soziale Ausgrenzung und damit verbundenem sozialen Rückzug, sowie vermehrt unter Depressionen und Angststörungen. Der Umgang mit der Krankheit nimmt sehr wahrscheinlich Einfluss auf den Verlauf. Eine depressiv-resignative Krankheitsverarbeitung (»ich kann nichts machen«) und soziale Isolation
AchtungGesellschaftliche Stigmatisierung:
Als behandelnder Arzt sollte man auch Rücksicht auf die psychische Gesundheit im Rahmen der Psoriasis vulgaris nehmen. Obwohl die Erkrankung nie ansteckend verläuft, unterliegt sie aufgrund ihres Hautbefundes deutlicher Stigmatisierung. Dies kann zu vermehrter Isolation führen und begünstigt das Entstehen von Depressionen und Angststörungen.
Eine vertrauensvolle Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung kann hier helfen, psychische Belastungen frühzeitig zu evaluieren und eine angemessene Unterstützung zu vermitteln.
Prognose
Psoriasis vulgaris ist eine chronische Erkrankung mit einem schubweisen Verlauf. Eine adäquate Behandlung kann die Symptome erheblich lindern und die Lebensqualität steigern.
- Die Belastung durch die Erkrankung bleibt weiterhin bestehen, da sie erhebliche psychische und soziale Auswirkungen haben kann
- Die Lebenserwartung wird durch die Psoriasis nicht verkürzt, da die Krankheit nicht tödlich verläuft, dennoch kann es zu Sekundärinfektionen kommen
- Schwerwiegende gesundheitliche Folgen gibt es bei der Psoriasis-Arthritis, die zu Gelenkversteifungen und erheblichen Bewegungseinschränkungen führen kann
- Auch die langjährige Einnahme von Medikamenten können besonders bei Vorerkrankungen erhebliche Nebenwirkungen auf innere Organe wie Leber
und Nieren. Im Einzelfall können diese irreversibel geschädigt werden, weshalb auch unter der Therapie regelmäßige Kontrollen nötig sind.
Mit angepasster Therapie und hoher Adhärenz
MerkeFakten zur Prognose:
- Eine adäquate Behandlung kann die Symptome erheblich lindern und die Lebensqualität steigern
- Erhebliche psychologische und soziale Auswirkungen
- Sekundärinfektionen sind möglich
- Schwerwiegende gesundheitliche Folgen gibt es bei der Psoriasis-Arthritis
- Langjährige Einnahme von Medikamenten können erhebliche Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen mit sich bringen
InfoAuch wenn die Lebenserwartung durch die Psoriasis vulgaris nicht eingeschränkt wird, ist die Lebensqualität der meisten Patient:innen stark beeinträchtigt.
Quellen
- S3-Leitlinie Therapie der Psoriasis vulgaris, Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG)
- Robert-Koch-Institut: https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/3160/220ShwcFDLtSs_62.pdf?sequence=1
- Regionale Psoriasisnetze in Deutschland: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/204417/9789241565189-ger.pdf?sequence=11
- Derma World: https://de.dermaworld.eu/therapiegebiete/psoriasis/psoriasis-verstehen/immunologischen-signalwege
- AWMF: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013_D_Dermatologische_Ges/013-001k_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2021-04-verlaengert.pdf
- AWMF: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-001l_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2024-04.pdf
- Deutsches Ärzteblatt: https://www.aerzteblatt.de/archiv/23480/Genetik-der-Schuppenflechte
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/4223/Fumarate-zur-Behandlung-der-Psoriasis / https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2017/20170623138037/anx_138037_de.pdf
- Springer Medizin: https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/braun-falcos-dermatologie-venerologie-und-allergologie/psoriasis?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-49546-9_39
- Thieme: https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0034-32436
- Fachinfo: https://www.fachinfo.de/fi/pdf/021706
- Novartis: https://www.novartis.com/at-de/sites/novartis_at/files/GI_Cosentyx_150mg_Inj-FerPen.pdf
- Janssen: https://static.janssen-emea.com/sites/default/files/Germany/SMPC/DE-PL-0014.pdf
https://static.janssen-emea.com/sites/default/files/Germany/SMPC/DE-PL-0026.pdf - Pfizer Corporation Austria Ges.m.b.H, Wien: https://labeling.pfizer.com/ShowLabeling.aspx?id=2038
- Medikamente-per-klick: https://www.medikamente-per-klick.de/images/ecommerce/02/72/02725954_2011-02_de_o.pdf?srsltid=AfmBOooOB-LU2NXhPSgaXFi--ofxsMreva-VI2ZW2mNd8Nvj7jZtFnAs
- Medizin Wissen: https://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta129_bericht_de.pdf