Rechtsmedizinisch relevante Situationen sind im rettungsdienstlichen Alltag keine Seltenheit. Neben der Versorgung der Patient:innen muss das Rettungsteam insbesondere bei unklaren Verletzungsmustern, plötzlichem Kindstod oder möglichen Gewaltverbrechen stets auch rechtsmedizinische Aspekte verfolgen: Dokumentation, Spurenwahrung und Kommunikation mit Polizei oder Jugendamt sind häufig entscheidend.
Das Wissen über rechtsmedizinische Grundlagen trägt zur Handlungssicherheit bei und kann wesentlich zur Aufklärung von Straftaten beitragen. Im Folgenden werden zentrale Themen praxisorientiert und nachvollziehbar aufgearbeitet.
Allgemeine Grundlagen der Rechtsmedizin im RD
Die Rechtsmedizin befasst sich mit der Schnittstelle zwischen Medizin und Rechtswissenschaften.
Im Rettungsdienst begegnet sie dem Personal in vielfältigen Formen:
Bei unklaren Verletzungen
Bei Todesfällen
Beim Verdacht auf Fremdverschulden
Ziel ist es, medizinisch relevante Befunde so zu erfassen und zu dokumentieren, dass sie ggf. vor Gericht verwertbar sind. Dies erfordert besondere Sorgfalt, Neutralität und ein Bewusstsein für mögliche juristische Konsequenzen.
Tipp
Verwende zur Dokumentation Körperumrissskizzen und beschreibe Verletzungen exakt (Lokalisation, Größe, Farbe, Form).
Fotos sind mit Einwilligung (der Sorgeberechtigten)möglich. Die Anfertigung von Fotos ist allerdings nur sinnvoll, wenn die Bilder im Krankenhaus verwendet werden können und die Anfertigung korrekt erfolgt ist. Dabei ist oft ein Maßstab zur genauen Dokumentation der Größe notwendig, welcher präklinisch meist nicht verfügbar ist.
Keine einsatzrelevanten Bilder mit dem privaten Handy aufnehmen!
Relevante Einsatzsituationen
Eigene Abbildung
Hutkrempenlinie: Verletzungen oberhalb dieser Linie werden eher durch Gewalteinwirkung (Schläge) verursacht, während Verletzungen darunter eher auf Stürze zurückzuführen sind.
Auffinden einer verstorbenen Person
Gewalt, Misshandlung oder sexueller Übergriff
Suizidversuche oder Suizidankündigungen
Traumatische Verletzungen mit unklarer Genese
Tipp
Eine fundierte Kenntnis von typischen und untypischen Verletzungsmustern hilft, eine Situation präklinisch einzuschätzen. Auch für den Eigenschutz sind die Überlegungen, wie ein Trauma stattgefunden haben könnte, von Bedeutung, um eine potenziell aggressive Person früh richtig einschätzen zu können.
Die Hutkrempenlinie ist ein Beispiel für eine Merkhilfe zu typischen und untypischen Verletzungsmustern.
Rechtsmedizinische Kernprinzipien
Dokumentation: Befunde objektiv, vollständig und zeitnah festhalten
Spurenerhalt: Veränderungen an Kleidung, Körper oder Umgebung vermeiden
Neutralität: Keine Spekulation oder Bewertung von Ursachen
Kooperation mit Behörden: Frühzeitige Einbindung von Polizei, Jugendamt oder Gerichtsmedizin bei Bedarf
Merke
Rechtsmedizinische Aspekte sind nicht auf Gewaltverbrechen beschränkt. Jeder Einsatz mit unklarer Ursache oder besonderer Befundlage kann rechtsrelevant sein – daher ist es essenziell, schon im Rettungsdienst die Grundlagen forensisch sauberer Arbeit zu beherrschen.
Achtung
Auch das Personal des Rettungsdienstes kann Spuren am Tatort hinterlassen und damit die Ermittlungen in eine falsche Richtung lenken. Sollten beispielsweise keine Handschuhe am Einsatzort getragen worden sein, sollte das der ermittelnden Behörde mitgeteilt werden.
In manchen Fällen werden freiwillige DNA-Proben des Personals genommen, um eine bessere Unterscheidung zwischen den gefundenen Spuren gewährleisten zu können.
Behandlung durch Rechtsmediziner:innen
In manchen Fällen kann es notwendig sein, Rechtsmediziner:innen mit in die Behandlung einzubeziehen.
Das kann in verschiedenen Formen vorkommen:
Begutachtung eines Tatortes oder der Auffindesituation einer Leiche
Im Rahmen einer rechtsmedizinischen Ambulanz
Konsiliarische Mitbeurteilung von stationären Patient:innen
Rechtsmedizinische Ambulanzen finden sich meist angegliedert an rechtsmedizinische Institute in Großstädten. Dort können Opfer von Gewalttaten deren Verletzungen rechtssicher dokumentieren lassen - auch in anonymer Form, um eine Anzeige potenziell erst später zu verfolgen. Diese Möglichkeit sollte dem rettungsdienstlichen Personal, sowie dem Personal der Erstversorgung im Krankenhaus bekannt sein.
Auch ein rechtsmedizinisches Konsil kann innerhalb eines Klinikaufenthaltes gestellt werden, sodass Patient:innen mitbeurteilt werden können, um die Befunde einer möglichen Gewalttat fotografisch zu sichern.
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Kindesmisshandlung
Kindesmisshandlung kann körperlich, psychisch oder sexuell erfolgen und bleibt häufig unerkannt. Für den Rettungsdienst ist die frühe Erkennung entscheidend, da eine unmittelbare Schutzfunktion gegenüber dem Kind besteht. Eine gut geschulte Wahrnehmung kann entscheidend sein, um lebensbedrohliche Entwicklungen zu verhindern und weitere Gewalt zu unterbinden.
Achtung
Bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung besteht eine Meldemöglichkeit nach § 4 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz) – suche Rücksprache mit der ärztlichen Leitung und informiere ggf. Jugendamt oder Polizei. Die Schweigepflicht kann in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden.
Verdächtige Befunde
Hämatome an untypischen Stellen (z.B. Rücken, Gesäß, Ohrmuschel, Genitalien)
Klare Abgrenzungen bei thermischen Verletzungen (z.B. sog. „Tauchsymptom“ bei gleichmäßiger Verbrühung der Extremitäten durch Eintauchen in eine heiße Flüssigkeit)
Frakturen ohne nachvollziehbares Trauma (z.B. Spiralfrakturen bei Säuglingen)
Kind wirkt auffallend ängstlich, übermäßig angepasst oder kontaktvermeidend
Angaben der Bezugspersonen sind widersprüchlich, ausweichend oder unplausibel
Wiederholte Notrufe oder Klinikaufenthalte mit wechselnder Verletzungsangabe
Tipp
Bei prämobilen Kindern (also Kindern, die sich selbst nicht fortbewegen können) ist jedes Hämatom verdächtig für eine Kindesmisshandlung.
Meilensteine
Ein Säugling sollte mit etwa 6 Monaten sitzen und mit einem Alter von 12 Monaten krabbeln können.
Vorgehen im Einsatz
Nicht nur die Anamnese und Behandlung muss zielgerichtet und empathisch verlaufen, auch der Behandlungsplan muss ganzheitlich angelegt sein. Manchmal ist auch trotz fehlender medizinischer Indikation eine stationäre Aufnahme sinnvoll, um eine ruhige und vollumfängliche Behandlung durchzuführen oder das Kind aus einer potenziell gefährlichen Lage zu befreien.
Auch die Anamneseerhebung mit und ohne Erziehungsberechtigte ist sinnvoll, sowohl bei dem Verdacht auf Kindesmisshandlung als auch bei einem fraglichen Drogenkonsum oder dem Verdacht einer Vernachlässigung.
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Plötzlicher Kindstod
Das Sudden Infant Death Syndrome (SIDS), oder auch als plötzlicher Kindstod bekannt, beschreibt den plötzlichen, unerwarteten Tod eines gesunden Säuglings ohne nachweisbare Todesursache. Häufig tritt er nachts auf, meist im Alter zwischen 2 Wochen und 6 Monaten.
SIDS ist eine Ausschlussdiagnose, die erst nach eingehender Obduktion gesichert ist. Daher muss der Rettungsdienst den Fall immer als unklar behandeln. Auch eine äußere Herbeiführung des Todes, beispielsweise durch die Eltern, ist eine mögliche Todesursache.
Vorgehen im Einsatz
Falls Reanimationspflicht besteht: BLS/ALS nach Algorithmus
Dokumentation der Auffindesituation (Lage des Kindes, Kleidung, Bettumgebung, Raumtemperatur)
Uhrzeit des Auffindens und mutmaßlicher Todeszeitpunkt notieren
Keine Veränderungen der Umgebung ohne Notwendigkeit → auch zusätzliche Decken oder Gegenstände außerhalb des Bettes können relevante Hinweise geben
Ein Tod gilt nur dann als „natürlich“, wenn eine konkreteUrsache bekannt ist. SIDS ist ein nicht-natürlicher Tod, daher gilt:
Polizei informieren
Keine Todesfeststellung durch Rettungsfachpersonal
Ein Arzt führt die Leichenschau durch (kann je nach Bundesland unterschiedlich sein)
Der Leichnam darf jedoch nicht verändert werden
Info
Australische Forscher:innen haben 2022 einen Zusammenhang zwischen dem Enzym Pseudocholinesterase (Butyrylcholinesterase, BChE) und dem plötzlichenKindstod herausgefunden. Dabei wird das Risiko für einen SIDSerhöht, wenn die BChE-Aktivität niedrig ist. Die BChE-Aktivität wird aus dem getrockneten Blut bestimmt, welches ca. 3 Tage nach der Geburt entnommen wurde.
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Strangulation
Strangulation ist ein potenziell tödliches Ereignis – durch Suizid, Fremdeinwirkung oder Unfall. Die klinischen Zeichen können dezent sein, insbesondere bei Überlebenden. Daher ist eine hohe Aufmerksamkeit notwendig, um lebensbedrohliche Spätfolgen wie Ödeme, Stimmbandlähmungen oder intrakranielle Blutungen zu verhindern.
Verdächtige Befunde
Petechien im Gesicht, an den Lidbindehäuten oder in der Mundschleimhaut
Striemen oder Einschnürungen am Hals (horizontal oder schräg)
Bewusstlosigkeit, Atemstillstand, ggf. Zyanose
Heisere Stimme, Halsschmerzen, Dyspnoe, Einblutungen in der Sklera
Definition
Erhängt, erdrosselt oder erwürgt?
Erhängen:
Strangulation durch das Eigengewicht des Körpers an einer Schlinge
Typisch bei Suiziden, aber auch bei Gewaltverbrechen möglich
Die Schlinge liegt meist hoch am Hals, das Strangulationszeichen verläuft schräg oder V-förmig
Erdrosseln:
Strangulation durch Zuziehen einer Schlinge ohne Eigengewicht, z. B. durch ein Seil oder Kleidungsstück
Kann sowohl durch Dritte als auch bei Suizid vorkommen
Strangulationszeichen meist horizontal
Erwürgen:
Strangulation durch direkten Druck auf den Hals mit den Händen oder einem festen Gegenstand
Unregelmäßige Hämatome und Fingernagelkratzspuren und Fingerdruckspuren
Immer fremdverschuldet, also ein Hinweis auf Tötungsdelikt oder massiver Gewaltanwendung
Sollte eine Person sich eigenständig versuchen zu erwürgen, würde bei Verlust des Bewusstseins der Druck gegen den Hals beendet
Immer an Fremdverschulden oder Suizid denken – Polizei informieren! Auch bei scheinbar klarer Suizidsituation sollte die rechtsmedizinische Bewertung abgewartet werden.
Achte auch immer auf Begleitverletzungen, z.B. Abwehrverletzungen im Falle eines Gewaltverbrechens.
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Umgang mit Gewaltopfern
Betroffene von körperlicher oder sexueller Gewalt befinden sich in Ausnahmesituationen. Neben der medizinischen Versorgung zählt die empathische, neutrale Kommunikation. Besonders wichtig ist ein wertfreier, nicht konfrontativer Umgang, um das Vertrauensverhältnis nicht zu gefährden.
Achtung
Die Beweissicherung beginnt am Einsatzort. Selbst kleinste Spuren (z. B. Hautpartikel, Speichel, Blut, Haare) können bei der Strafverfolgung entscheidend sein. Unachtsames Verhalten kann unwiederbringliche Spuren vernichten.
Verhaltensregeln
Keine Spuren zerstören: Kleidung belassen, nicht waschen oder wechseln
Keine suggestiven Fragen: Statt „Wurden Sie geschlagen?“ besser „Möchten Sie erzählen, was passiert ist?“
Verletzungen vollständig beschreiben, nicht interpretieren
Gesprächsbereitschaft signalisieren, aber nicht drängen
Bei Wunsch der Betroffenen: Kontakt zu Hilfsstellen (z. B. Frauenhaus, Krisendienst, Polizei) herstellen
Tipp
Praxistipp: Ansprechpartner
Sobald sich ein Patient oder eine Patientin einem Teampartner oder einer Teampartnerinanvertraut, sollte diese Person auch ungeachtetihrerQualifikation bereitstehen. Dies kann zur Folge haben, dass die PlätzebeieinemTransportgetauscht werden müssen. Dabei sollte selbstverständlich auf den entsprechenden Führerschein geachtet werden.
Tipp
Dokumentation wichtiger Informationen
Wörtliche Zitate notieren („Patientin: 'Er hat mich gegen die Wand gestoßen'“) und vollständige Beschreibung der Befunde dokumentieren (Form, Ausdehnung, Lokalisation). Insbesondere umgangssprachliche Ausdrücke können initial fehl verstanden werden und später zu Missverständnissen führen.
Beispiel: „Sie hat mich abgeschossen.“ Mögliche Interpretationen:
Es wurde eine Schusswaffe gegen die betroffene Person gerichtet und abgefeuert
Es wurden Drogen verwendet, welche das Bewusstsein beeinträchtigen
Die Freundin hat Schluss gemacht
Vermeide medizinische Bewertungen wie „Schürfwunde“, wenn du nicht sicher bist – beschreibe neutral.
Gleichgeschlechtliche Untersuchung
Insbesondere bei sexueller Gewalt kann es hilfreich sein, die Untersuchung und Behandlung durch eine gleichgeschlechtliche Person (Frauen werden von Frauen untersucht, Männer von Männern) durchführen zu lassen. Das ist nicht immer möglich, sollte nach Möglichkeit aber versucht werden. Auch Praktikant:innen können in diesen Prozess, sofern möglich, einbezogen werden.
Zu keinem Zeitpunkt sollte eine Person zu Maßnahmen gedrängt werden, die ihm oder ihr missfallen. Das gilt unabhängig vom vorliegenden Krankheitsbild, ist in einer potenziell traumatischen Situation jedoch besonders zu beachten.
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Beweissicherung im Rettungsdienst
Auch wenn keine gerichtliche Beweissicherungspflicht besteht, sind strukturierte und neutrale Beobachtungen des Rettungsteams oft entscheidend für spätere Ermittlungen. Die Dokumentation ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein rechtliches Dokument. Daher gilt: so genau wie möglich – aber ohne Interpretation.
Vorgehen im Einsatz
Kleidung nicht zerschneiden, möglichst unberührt lassen und trocken lagern
Verletzungen objektiv beschreiben (z. B. "glattrandige, 3 cm lange Hautläsion")
Zeit, Ort, Umstände so genau wie möglich dokumentieren (inkl. Aussagen von Dritten)
Keine Spekulation oder Bewertung – z. B. nicht: „vermutlich alt“, sondern: „gelb-grünliches Hämatom“
Fotodokumentation nur bei eindeutiger Einwilligung und mit Schulung
Achtung
Die Versorgung der betroffenen Person ist wichtiger als die Beweissicherung!
Die Behandlung oder Untersuchung darf nicht von dem beweissichernden Vorgehen behindert werden. Beispielsweise kann es notwendig sein, die Kleidung einer Person zu zerschneiden, um schnell adäquate Hilfe leisten zu können und die Verletzungsschwere schnell und sicher einschätzen zu können. Falls die Situation es jedoch zulässt, gelten die obigen Grundsätze.
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Prüfungswissen
Allgemeines:
Rechtsmedizin als Schnittstelle zwischen Medizin und Rechtswissenschaften
Ziele bei Einsätzen mit rechtsmedizinischen Aspekten
Betroffene Person versorgen und lebensrettende Maßnahmen schnellstmöglich vornehmen
Befunde erfassen und dokumentieren
Mit Sorgfalt, Empathie, Neutralität und einem Bewusstsein für mögliche juristische Konsequenzen agieren
Möglichst wenig Änderungen an der initialen Situation vornehmen (Kleidung nicht zerschneiden, keine Körperflüssigkeiten abwischen) sofern medizinisch vertretbar
Tipp
Dokumentation
Körperumrissskizzen nutzen
Verletzungen und Situation exakt beschreiben, nicht bewerten (Lokalisation, Größe, Farbe, Form)
Fotos machen, sofern sinnvoll
Bestenfalls mit geeignetem Maßstab
Nicht mit dem privaten Handy
Kindesmisshandlung:
Frühe Erkennung entscheidend
Lebensbedrohliches Fortschreiten und weitere Gewalt verhindern
Meldemöglichkeit nach § 4 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz)
Möglichst auch ärztliche Leitung, Jugend und/oder Polizei mit einbeziehen
Schweigepflicht kann in einem solchen Fall als aufgehoben oder partiell aufgehoben gelten
Verdächtige Befunde:
Verzögerte Vorstellung im Krankenhaus/Rettungsdienst
Hämatome an untypischen Stellen oder bei prämobilen Kindern
Klare Abgrenzung bei thermischen Verletzungen ("Tauchsymptom")
Frakturen ohne nachvollziehbares Trauma
Kind zeigt Verhaltensauffälligkeiten (besonders ängstlich, anhänglich, kontaktvermeidend)
Angaben der Bezugspersonen sind widersprüchlich, ausweichend oder unplausibel
Wiederholte Krankenhausaufenthalte/Notrufe
Plötzlicher Kindestod:
Plötzlicher und unerwarteter Tod eines gesunden Säuglings ohne nachweisbare Ursache
Meist in Alter zwischen 2 Wochen und 6 Monaten
Ausschlussdiagnose durch Obduktion
Im Rettungsdienst immer als unklare Todesursache zu behandeln
Psychische Versorgung der Eltern einleiten (z.B. durch Notfallseelsorge)
Strangulation:
Tritt als Suizid, Fremdeinwirkung oder Unfall auf
Klinischen Zeichen können dezent sein, insb. bei Überlebenden
CAVE: Immer auf Begleitverletzungen achten
Verdächtige Befunde
Petechien im Gesicht, an Lidbindehäuten oder Mundschleimhaut
Striemen oder Einschnürungen am Hals (meist schräg oder horizontal)
Bewusstlosigkeit
Heisere Stimme, Halsschmerzen, Dyspnoe
Definition
Erdrosselt, erwürgt oder erhängt?
Erhängen:
Strangulation durch das Eigengewicht des Körpers an einer Schlinge
Die Schlinge liegt meist hoch am Hals, das Strangulationszeichen verläuft schräg oder V-förmig
Erdrosseln:
Strangulation durch Zuziehen einer Schlinge ohne Eigengewicht, z. B. durch ein Seil oder Kleidungsstück
Strangulationszeichen meist horizontal
Erwürgen:
Strangulation durch direkten Druck auf den Hals mit den Händen oder einem festen Gegenstand
Immer fremdverschuldet, also ein Hinweis auf Tötungsdelikt oder massiver Gewaltanwendung
Umgang mit Gewaltopfern:
Empathische und neutrale Kommunikation
Wertfreier, nicht konfrontativer Umgang
Beweissicherung bereits am Einsatzort, wenn möglich
Dokumentation von wörtlichen Zitaten
Vollständige Beschreibung der Befunde
Keine Suggestivfragen
Keine Interpretation
Gesprächsbereitschaft signalisieren, ohne zu drängen
Möglichst Behandlung durch gleichgeschlechtliche Personen, insb. bei sexuellen Übergriffen
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