Einleitung
Die Hauptfunktion des Magen-Darm-Traktes ist die Resorption von Wasser, Elektrolyten und anderen Nährstoffen. Diese essentiellen Prozesse vollziehen sich über die parazelluläre und transzelluläre Resorption.
Die aufgenommenen Stoffe gelangen von der Darmmukosa direkt ins Blut. Eine effektive Resorption erfordert eine große Oberfläche, die durch Falten, Zotten und Mikrovilli in der Darmwand entsteht. Der Natrium
Spezifische Rollen von Dünn- und Dickdarm:
Dünndarm: Primärer Ort für die Aufnahme von Nährstoffen, Wasser und Elektrolyten. Täglich werden etwa 60-100 g Elektrolyte und 8-9 Liter Wasser resorbiert. Nach Mahlzeiten kann die Durchblutung um das 3-5-fache ansteigen, was die Resorptionseffizienz erhöht. In den oberen Darmabschnitten erfolgt der Stoffaustausch überwiegend parazellulär, mit einer abnehmenden Durchlässigkeit der Tight Junctions von oral nach aboral.
Dickdarm: Wichtig für die Rückgewinnung von Wasser und Elektrolyten und somit entscheidend für die Aufrechterhaltung der Wasser- und Elektrolytbalance. Im Dickdarm erfolgt nur eine geringfügige Resorption von Nährstoffen. Bakterien fermentieren im Dickdarm unverdauliche Kohlenhydrate (z.B. Ballaststoffe), wodurch kurzkettige Fettsäuren entstehen, die teilweise resorbiert werden. Zudem ist die Wasserresorption im Dickdarm zentral für die Regulation der Stuhlkonsistenz und somit für die Stuhlentleerung.
NaCl-Resorption
NaCl-Resorption im Jejunum:
Täglich erreichen ca. 35 g NaCl das Darmlumen, wovon der größte Teil im Dünndarm resorbiert wird (75%). Im Kolon werden 24% resorbiert und ca. 1%
mit dem Stuhl ausgeschieden. Im Duodenum und Jejunum wird der größte Teil des Natriums durch Solvent Drag parazellulär resorbiert.
Transzelluläre Resorption:
- Na+-Glucose
-Symport (SGLT1 = Sodium dependent glucose co-transporter) - Na+-Aminosäure-Symport
- Na+/H+-Antiporter (NHE)
- Cl--Kanäle
NaCl-Resorption im Ileum und proximalen Kolon:
- Na+/H+-Antiporter (NHE)
- Cl-/HCO3--Austauscher: Durch die Sekretion von Bicarbonat im Austausch gegen Chlorid
wird der pH-Wert im Chymus gesteigert - Parazelluläre Resorption von Wasser und Chlorid
durch einen elektrischen und osmotischen Gradienten
NaCl-Resorption im distalen Kolon:
- Epithelialer Natrium
-Kanal (ENaC) - Chlorid
-Kanal - Parazelluläre Resorption von Wasser und Chlorid
durch einen elektrischen und osmotischen Gradienten
Wie im Tubulussystem der Niere fördert Aldosteron auch im Ileum und distalen Kolon den Einbau und die Aktivierung von Na+-Kanälen (ENaC) in der luminalen Enterozytenmembran. Durch parazelluläre Resorption von Wasser und Cl- sinkt der Wassergehalt im Stuhl.
Calcium-Resorption
Es werden täglich, abhängig von der Ernährung, ca. 1 g Ca2+ aufgenommen, wovon nach Resorption und Sekretion nur 175 mg pro Tag resorbiert werden. Ein Großteil des Calciums wird parazellulär im Jejunum und Ileum resorbiert.
Bei geringen Ca2+-Konzentrationen im Duodenum findet eine aktive, transzelluläre Resorption statt. Dabei gelangt Ca2+ durch den apikalen TRPV6-Kanal in die Enterozyten, wird im Zellinneren an Calbindin (CB in der Graphik) gebunden und in das endoplasmatische Retikulum eingeschleust, sodass die intrazelluläre Ca2+-Konzentration niedrig gehalten wird. Es wird durch die basolaterale Ca2+-ATPase (PMCA1) sowie den 3 Na+/Ca2+-Antiporter (NCX1) aus der Zelle transportiert.
Calcitriol, das aktive Vitamin-D
Bicarbonat
Im Duodenum ist Bicarbonat entscheidend für die Neutralisation der Magensäure. Wenn der saure Mageninhalt in das Duodenum gelangt, wird Bicarbonat vom Pankreas, von den Brunner-Drüsen im Duodenum und vom Dünndarmepithel abgegeben. Dies schützt die Dünndarmschleimhaut vor der ätzenden Wirkung der Magensäure und schafft ein neutrales Milieu, das für die Aktivität der Pankreasenzyme notwendig ist.
Bicarbonat dient als Puffer, um abrupte Veränderungen des pH-Wertes im Darm zu vermeiden. Es reagiert mit H+-Ionen, die durch die Magensäure oder durch metabolische Prozesse im Darm entstehen und verhindert so eine schädigende Säurebelastung der Darmschleimhaut.
Bicarbonat wird von verschiedenen Drüsenzellen durch die Carboanhydrase gebildet und im Austausch gegen Chlorid
Die Sekretion von Bicarbonat wird durch Hormone wie Sekretin stimuliert, das bei einem niedrigen pH-Wert
Weitere Elektrolyt-Resorption + Zusammenfassung
Elektrolyte | Hauptabsorptionsort | Apikale Membran | Basolaterale Membran |
Na+ | Duodenum, Jejunum, Ileum, proximales Kolon, distales Kolon | Na+/Substrat-Symporter (z.B. SGLT 1 oder mit Aminosäuren) Na+/H+-Antiporter (NHE3) Na+-Kanäle (ENaC) Parazellulär durch elektrischen Gradienten | Na+/K+-ATPase |
Cl- | Jejunum, Ileum, Kolon | Cl-/HCO3--Antiporter (DRA) Parazellulär durch elektrischen Gradienten | Cl--Kanäle (CIC2) |
Ca2+ | Dünndarm | Ca2+-Kanal (TRPV6) Parazellulär | Ca2+-ATPase (PMCA1) Ca2+/3 Na+-Antiporter (NCX1) |
K+ | Duodenum, Jejunum, Ileum, distales Kolon | K+-Kanäle H+/K+-ATPase Parazellulär (wahrscheinlich durch solvent drag mit Wasser) | K+-Kanäle |
Mg2+ | Distales Jejunum, Ileum, Kolon | Mg2+-Kanal (TRPM6) | 2 Na+/Mg2+-Antiporter Mg2+-ATPase |
HPO42-, H2PO4- | Oberer Dünndarm (insbesondere Jejunum) | 2 Na+/Phosphat-Symporter | Phosphat-Kanäle |
Wasser-Resorption
Täglich gelangen etwa 8-10 l Wasser in den Darm, 2 l über die Flüssigkeits-
und Nahrungsaufnahme über den Mund und 6-8 l über die verschiedenen Verdauungssäfte. Der osmotische Gradient zwischen dem Darmlumen und dem Interstitium wird durch die Na+/K+-ATPase aufrechterhalten und ist die treibende Kraft für die Wasserresorption. Der Resorption osmotisch wirksamer Teilchen folgt ein passiver Wasserfluss. Das Wasser kann transzellulär oder parazellulär resorbiert werden. Der größte Teil des Wassers wird bereits im Dünndarm resorbiert (85 %). Im Kolon wird ca. 1 l resorbiert, sodass nur ca. 100 ml Wasser mit dem Stuhl ausgeschieden werden.
Magen:
Im Magen findet nur eine geringe Resorption von Wasser statt.
Dünndarm:
Der Großteil des Wassers wird im Dünndarm resorbiert. Dies geschieht vorwiegend im Jejunum und Ileum. Wasser folgt passiv dem osmotischen Gradienten, der durch die Resorption von Elektrolyten und Nährstoffen entsteht. Die Aufnahme von Natrium
Dickdarm:
Im Dickdarm findet ebenfalls eine Resorption von Wasser statt. Hier wird der Stuhl durch Wasserentzug eingedickt. Die Wasserresorption erfolgt auch hier durch einen osmotischen Gradienten und wird durch die aktive Resorption von Ionen wie Natrium
Die Wasserresorption hängt weiterhin vom osmotischen und hydrostatischen Druck ab.
Aquaporine:
Spezifische Wasserkanäle, sogenannte Aquaporine, erleichtern den transzellulären Transport von Wasser. Diese Proteine sind in den Zellmembranen der Enterozyten eingebettet und ermöglichen eine schnelle Wasserpassage. Besonders relevant sind Aquaporin-3 und Aquaporin-4, die im Dickdarm exprimiert werden.
Sekretion:
Neben der Resorption von Wasser erfolgt im gesamten Darm auch eine Sekretion von Wasser und Elektrolyten, sodass die Fließfähigkeit des Chymus erhalten bleibt. Chlorid
Störungen in der Wasserresorption und Sekretion können zu einer Diarrhoe
Kohlenhydrat-Resorption
Die Verdauung von Kohlenhydraten beginnt im Mund mit dem Enzym Amylase im Speichel, das Stärke in kleinere Einheiten spaltet.
Im Dünndarm setzen die Pankreasamylase und Bürstensaumenzyme (z.B. Maltase, Isomaltase, Sucrase und Lactase) die Spaltung der Kohlenhydrate in ihre monomeren Bestandteile (Glucose
Glukose und Galaktose werden aktiv über den Natrium
Fructose wird durch erleichterte Diffusion mittels des GLUT5 (Glucosetransporter 5) aufgenommen. GLUT5 ist ein Fructose-spezifischer Transporter, der nicht auf Natrium
Nach dem Eintritt in die Enterozyten müssen die Monosaccharide in die Blutbahn transportiert werden. Dies geschieht an der basolateralen Membran der Enterozyten.
Glucose
Die resorbierten Monosaccharide gelangen über die Pfortader zur Leber, wo sie metabolisiert oder für die Speicherung vorbereitet werden. Dieser Prozess ist entscheidend für die Energieversorgung des Körpers, da Glukose die primäre Energiequelle für die meisten Zellen ist.
Protein-Resorption
Proteine werden zunächst im Magen durch die Einwirkung des Enzyms
Pepsin, das im sauren Milieu aktiv ist, in kürzere Polypeptidketten gespalten.
Im Dünndarm setzen dann Pankreasenzyme wie Trypsin, Chymotrypsin, Elastase und Carboxypeptidase die Spaltung der Polypeptide in noch kleinere Ketten und einzelne Aminosäuren fort.
Am Bürstensaum der Enterozyten (den Mikrovilli der Dünndarmepithelzellen) befinden sich Enzyme wie Aminopeptidasen und Dipeptidasen, die die Polypeptide weiter zu Dipeptiden, Tripeptiden und freien Aminosäuren abbauen.
Freie Aminosäuren werden durch verschiedene Aminosäurentransporter, die zum Teil natriumabhängig sind, in die Enterozyten transportiert. Diese Transporter sind spezifisch für verschiedene Aminosäurengruppen (z.B. neutrale, basische oder saure Aminosäuren).
Dipeptide und Tripeptide können effizienter als freie Aminosäuren resorbiert werden. Sie werden durch den PepT1 (Peptide Transporter 1), einen H+-abhängigen Kotransporter, aufgenommen. Dieser tertiär aktive Transport basiert auf einem sekundär aktiven Transport von H+ im Austausch mit Na+ (NHE), der wiederum auf dem primär aktiven Transport der Na+/K+-ATPase basiert.
Innerhalb der Enterozyten werden Dipeptide und Tripeptide durch intrazelluläre Aminopeptidasen weiter zu einzelnen Aminosäuren gespalten.
Die freigesetzten Aminosäuren werden in den Enterozyten metabolisiert oder verlassen die Enterozyten über Aminosäuretransporter an der basolateralen Membran und gelangen in die Pfortader, die sie zur Leber führt. In der Leber werden die Aminosäuren für die Proteinsynthese, zur Energiegewinnung oder zur Herstellung anderer Stickstoffverbindungen wie Neurotransmitter oder Stickstoffmonoxid verwendet.
Die Effizienz der Proteinresorption im Darm ist sehr hoch, sodass normalerweise nur eine geringe Menge an Protein den Darm unresorbiert passiert und in den Fäzes ausgeschieden wird.
Lipid-Resorption
Die Verdauung von Lipiden beginnt im Magen, wo die Lipide durch die Magenbewegungen teilweise emulgiert werden. Bei der Emulsion werden die Fette
Im Duodenum werden die Lipide durch Gallensalze, die von der Leber produziert und über die Galle ausgeschieden werden, weiter emulgiert. Die Gallensalze umschließen die Fetttröpfchen und bilden Mizellen, die die Lipide wasserlöslich machen und deren Verdauung und Absorption
Pankreaslipasen, die wichtigsten Enzyme für die Lipidverdauung, spalten Triglyceride in Monoacylglycerole und freie Fettsäuren.
Die in den Mizellen enthaltenen Fette
Die Monoacylglycerole und freien Fettsäuren werden in die Zelle freigesetzt. Innerhalb der Enterozyten werden die Monoacylglycerole und die freien Fettsäuren wieder zu Triglyceriden resynthetisiert.
Weitere Enzyme wie Phospholipasen und Cholesterinesterasen sind für die Verdauung von Phospholipiden und Cholesterinestern zuständig.
Zusammen mit Cholesterin, Cholesterinestern und fettlöslichen Vitaminen werden die Triglyceride in Lipoproteine
Die Chylomikronen
Über das Blut werden die Lipide zu den verschiedenen Körperzellen transportiert, wo sie als Energiequelle oder für den Aufbau von Zellstrukturen verwendet werden.
Die Resorption von Lipiden ist für die Aufnahme von essentiellen Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann, und von fettlöslichen Vitaminen (Vitamine A, D, E und K) unerlässlich.