Rickettsia spp. sind weltweit verbreitete, pleomorphe, gramnegative Bakterien mit obligat intrazellulärem Lebensstil. Da sie wichtige Stoffwechselwege verloren haben, sind sie auf die Versorgung durch die Wirtszelle angewiesen. Diese Eigenschaft macht ihre Kultivierung im Labor schwierig.
Sie sind vor allem alsErreger von Zoonosen bekannt und werden durch Arthropoden (z. B. Zecken, Läuse, Milben, Flöhe) auf den Menschen übertragen. Durch sie ausgelöste Infektionen (Rickettsiosen) reichen von milden fieberhaften Erkrankungen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen. Typische Krankheitsbilder umfassen das Rocky-Mountain-Fleckfieber, den epidemischen und murinen Typhus sowie das Tsutsugamushi-Fieber.
Rickettsien infizieren hauptsächlich Endothelzellen und verursachen vaskuläre Entzündungen,welche für viele der klinischen Symptome, wie Fieber, Hautausschläge und in schweren Fällen Multiorganversagen, verantwortlich sind.
Merke
Merkhilfe zu Rickettsia spp.
Merkhilfe zu Rickettsia spp.
In unserer Merkhilfe zu den Erregern mit atypischem Gramverhalten: “Rick und Claus mögen Münzen aus Blei und Plastik”, steht:
Rick für die Rickettsien
Er kann einen Trick: erinfiziert hauptsächlich Endothelzellen und verursacht somit vaskuläre Entzündungen
Info
Side Fact: Namensgebung der Rickettsien
Die Bakterien wurden nach dem amerikanischen Pathologen Howard T. Ricketts benannt, der maßgeblich an ihrer Erforschung beteiligt war.
Taxonomie und Klassifikation
Klasse: Alphaproteobacteria
Ordnung: Rickettsiales
Familie: Rickettsiaceae
Gattung: Rickettsia
Spezies: Wichtige humanpathogene Vertreter:
Fleckfieber-Gruppe (Typhus-Gruppe, TG):
R.prowazekii (Erreger des epidemischen Fleckfiebers)
R. typhi (Erreger des murinen (endemischen) Fleckfiebers)
Zeckenbissfieber-Gruppe (Spotted Fever Group, SFG): zahlreiche Spezies, darunter:
R.rickettsii (Erreger des Rocky-Mountain-Fleckfiebers)
R. africae(Erreger des afrikanischen Zeckenbissfiebers)
Info
Abkürzung “R.”
“Rickettsia” wird im weiteren Verlauf mit “R.” abgekürzt.
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Beweglichkeit: keine aktive Beweglichkeit wegen fehlender Geiseln; intrazelluläre Bewegung durch Zytoskelett der Wirtszelle (Aktin-basierter Gleitmechanismus)
Gram-Färbung: gramnegativ, jedoch oft schwaches Gramverhalten
Verkapselung: keine Kapsel
Sporenbildung: nein
Sauerstoffbedarf: obligat aerob (nutzen als intrazelluläre Parasiten Sauerstoff aus zellulärem Milieu des Wirts)
Zellinvasion: obligat intrazellulär
Zellaufbau
Zellwandaufbau Vergleich: gramnegative Erreger vs. Rickettsien
Der charakteristische Zellaufbau der Rickettsia spp. ermöglicht ihnen die Anpassung an ein intrazelluläres Leben. Besonderheiten zeigen sich vor allem in Zellwand und Zellmembran:
Gramnegative Zellwandstruktur
Zellwand enthält sehr dünne/teils unvollständige Peptidoglykanschicht (auch Mureinschicht genannt) → Zellwandstruktur macht Bakterien widerstandsfähig und erleichtert Eindringen und Überleben in Wirtszellen
Äußere Membran enthält Lipopolysaccharide (LPS), jedoch in reduzierter Form → Geringere immunologische Reaktivität als bei anderen gramnegativen Bakterien → LPS wirken als Endotoxine
Stoffwechsel und intrazellulärer Lebensstil
Durchdringen Zellmembranen von Wirtszellen
Replikation innerhalb Zytoplasma oder Zellkern
Sind als obligat intrazelluläre Bakterien auf Nährstoffversorgung durch Wirtszellen angewiesen → Zellmembran ermöglicht Stoffaustausch mit Wirtszelle → Können Adenosintriphosphat (ATP) aus Wirtszelle entnehmen, daher auch genannt: “ATP-Parasiten”
Gramverhalten
Zellwand der Rickettsia spp. weist nicht die typische Struktur anderer gramnegativer Bakterien auf:
Peptidoglykanschicht oft sehr dünn, manchmal nur fragmentarisch vorhanden → Vollständige Anfärbung ist erschwert
Zusätzlich: Rickettsia spp. obligat intrazellulär lebend, Vermehrung nur innerhalb Wirtszellen → Erschwerte Kultivierung und erschwerte mikroskopische Untersuchung unter normalen Gramfärbebedingungen
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Pathogenität
Die Pathogenität der Rickettsien ergibt sich aus einer Kombination ihrer Fähigkeit zur Invasion, intrazellulären Vermehrung und Schädigung des Wirtsgewebes. Im Mittelpunkt steht die enge Interaktion mit Endothelzellen, die zu einer Vaskulitis und den daraus resultierenden systemischen Auswirkungen führt.
Nachfolgend sind die zentralen Mechanismen kurz zusammengefasst.
Tipp
Ausführlichere Informationen zu den Virulenzfaktoren und Pathogenitätsmechanismen der Rickettsia spp. finden sich im nachfolgenden Abschnitt “Zusatzwissen: Virulenzfaktoren der Rickettsia spp.".
Pathogenitätsmerkmal
Funktionsmechanismus
Zellinvasion und intrazelluläres Leben
Durch Oberflächenproteine:
Zellinvasion über Oberflächenproteine und Rezeptorbindung → löst Endozytose in Wirtszelle aus
Intrazelluläre Nährstoffaufnahme, Aufnahme von ATP, sowie Vermehrung im Zytosol der Wirtszelle
Intrazelluläre Lebensweise führt zu einer Umgehung der humoralen Immunreaktion
Zellschädigung
Aktin-basierte Motilität:
Rickettsia spp. nutzen Zytoskelett der Wirtszelle für intrazelluläre Bewegung und Bewegung in benachbarte Zellen → Bewegung ohne Passage des extrazellulären Raums
Hoher Verbrauch von Zellressourcen
Mechanische Zellschädigung durch ihre Bewegung und programmierten Zelltod (Apoptose) → Zerstörung der infizierten Wirtszelle → Freisetzung der Bakterien in Blut oder in benachbarte Zellen
Entzündungsreaktion
Rickettsia spp. infizieren v.a. Endothelzellen → Entzündung der Gefäßwände (Vaskulitis)
Die Schädigung erfolgt durch:
Direkte Zytotoxizität
Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen, z.B. TNF-α, IL-6 und IL-1
Aktivierung des Gerinnungssystems und Mikrothrombenbildung
Konsequenzen der Vaskulitis: Schädigung der Gefäße → erhöhte Gefäßpermeabilität, Ödeme, Hypotonie; in schweren Fällen Multiorganversagen
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Epidemiologie und klinische Relevanz
Top 3 Erreger der humanen Infektionen:
R. rickettsii
R. prowazekii
R. typhi
Info
Welche Zellen befallen Rickettsien?
Rickettsia spp. befallen vor allem endotheliale Zellen der Blutgefäße, da diese Zellen leicht über das Blutgefäßsystem zugänglich sind. → Dies ist ein wichtiger Pathogenitätsfaktor und spielt eine zentrale Rolle bei der Verbreitung im Körper
Folge:
Schädigung der Gefäßwände → Gestörte Gefäßpermeabilität → Entzündungsreaktionen
Erklärt viele der klinischen Symptome von Rickettsiosen: z.B. Fieber, Hautausschläge und in schweren Fällen Organversagen
Zusätzlich können einige Rickettsien-Spezies noch weitere Zelltypen befallen, darunter:
Makrophagen: Infektion von und Vermehrung in Makrophagen lässt Rickettsien das Immunsystem effizient umgehen → Schnellere Ausbreitung
Glatte Muskelzellen und Fibroblasten: In seltenen Fällen, v.a. bei schwereren Infektionen
Erreger
Krankheitsbild
Geographische Verteilung
Reservoir
Infektionsweg & Vektoren
R. prowazekii (TG)
Epidemisches Fleckfieber
Weltweit
V.a. bei schlechten hygienischen Bedingungen, hoher Bevölkerungsdichte
Einige, durch andere Erreger ausgelöste Krankheiten, werden durch strukturelle oder klinische Ähnlichkeiten im erweiterten Sinne zu den Rickettsiosen gezählt. Unter anderem gehören die folgenden Erreger dazu:
Coxiella burnetii (Q-Fieber)
Ehrlichia spp. (Ehrlichiose)
Neorickettsia spp. (Sennetsu-Ehrlichiose)
Anaplasma spp. (Anaplasmose)
Orienta spp. (Tsutsugamushi-Fieber)
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Zusatzwissen: Virulenzfaktoren Rickettsia spp.
Wie im vorherigen Abschnitt bereits beschrieben, ergibt sich die Pathogenität der Rickettsien aus einer Kombination ihrer Fähigkeit zur Invasion, intrazellulären Vermehrung und Schädigung des Wirtsgewebes. Im Mittelpunkt steht die enge Interaktion mit Endothelzellen, die zu einer Vaskulitis und den daraus resultierenden systemischen Auswirkungen führt. In der nachfolgenden Tabelle werden einzelne Virulenz- und Pathogenitätsfaktoren nochmals genauer beleuchtet.
Info
Prüfungsrelevanz
Der Inhalt der Tabelle übersteigt in der Regel das für die Prüfung relevante Wissen und dient damit eher der persönlichen Weiterbildung.
Pathogenitätsmerkmal
Virulenzfaktor
Funktionsmechanismus
Motilität
Actin-Polymerisation (RickA-Protein)
R. spp. nutzt Wirts-Actin zur Zellbewegung durch Aktivierung von RickA-Protein → Intrazelluläre Bewegung → Infektion von Nachbarzellen
Adhäsion
Oberflächenproteine, z.B. OmpA, OmpB
Proteine binden vorrangig auf Endothelzellen → Ermöglichen Anheftung und Invasion in Zelle
Zellinvasion
Phospholipase D
Protease
Ermöglichen nach Eindringen in Zelle die Durchbrechung der Phagosomenmembran → Dadurch Eintritt in Zytoplasma → Entgehen der lysosomalen Zerstörung
Immunevasion
Antigenvariation
Veränderung der Oberflächenproteine
Vermeidung der Antikörper-Erkennung
Gewebeschädigung
Endotoxine, V.a. Lipopolysaccharide (LPS)
Auslösung einer Entzündungsreaktion
Direkte Gewebeschädigung und Förderung der Krankheitsausprägung
Zytotoxine
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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