Spirochäten sind eine Gruppe schraubenförmiger, gramnegativer Bakterien, die durch ihre charakteristische Morphologie und Beweglichkeit auffallen. Sie umfassen mehrere Gattungen, von denen drei — Borrelien, Leptospiren und Treponemen — eine besondere klinische Relevanz besitzen.
Die Erreger zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, komplexe Gewebe zu durchdringen, das Immunsystem zu umgehen und chronische Infektionen zu verursachen. Sie unterscheiden sich in ihrem Sauerstoffbedarf, ihrer Pathogenität und ihrem Übertragungsweg.
Während Borrelien primär durch Zecken oder Läuse übertragen werden und Krankheiten wie Lyme-Borreliose hervorrufen, sind Leptospiren vor allem in feuchten Umgebungen verbreitet und für die potenziell lebensbedrohliche Leptospirose verantwortlich. Die Erreger der Gattung der Treponemen, darunter die Spezies “Treponema pallidum”, bekannt als Erreger der Syphilis, werden überwiegend durch direkten Kontakt übertragen und können ohne Therapie chronische Verläufe mit schweren Spätfolgen verursachen.
Spirochäten stellen eine bedeutende Herausforderung für die Diagnostik und Therapie dar, da ihre geringe Größe und ihre Fähigkeit zur Immunevasion die Identifikation und Bekämpfung erschweren.
Merke
Merkhilfe Spirochäten
Merkhilfe zu den Spirochäten
“Borris schlürft leidenschaftlich Tee.”
Borris mit Bart: Borrelien
Schlürft: Spirochäten
Leidenschaftlich: Leptospira
Tee: Treponema
Taxonomie und Klassifikation
Erregerübersicht: Einordnung Spirochäten
Die Spirochäten umfassen mehrere Gattungen, wovon drei für den Menschen pathologisch und im Folgenden näher beschrieben sind:
Borrelien
Leptospiren
Treponema
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Die Spirochäten (Spirochaetales) bilden eine Gruppe gram-negativer Bakterien, die sich durch ihre einzigartige Morphologie und Motilität auszeichnen.
Ihre charakteristischen Merkmale sind die schrauben- bzw. korkenzieherartig gewundene Form, sowie die ungewöhnliche Länge von ca. 5-250 µm und ihr schmaler Durchmesser von 0,1-0,6 µm, wodurch sie oft schwer unter einem Standard-Lichtmikroskop darstellbar sind.
Zellaufbau
Der Zellaufbau der Spirochäten von innen nach außen ist wie folgt:
Zytoplasma mit Organellen
Zytoplasmamembran (= Zellmembran)
Zellwand mit dünner Peptidoglykanschicht
Periplasmatischer Spalt
Flagellen
Äußere Hüllmembran
Ihr Zellleib ist länglich, zylinderartig und erinnert an einen “Zytoplasmaschlauch”. Er ist in sich gewunden und beweglich, wodurch die Zelle eine hohe Flexibilität erhält.
Außerhalb der Zellmembran entspringen an den Zellpolen Flagellen, die sich von außen um das zylinderartige Zellgerüst legen und sich in der Mitte überlappen. Sie bilden somit ein Flagellenbündel, das vom einen zum anderen Zellpol reicht und als “Axialfilament” bezeichnet wird. Die Flagellen werden von einer zusätzlichen äußersten Hüllmembran umgeben und bleiben somit trotzdem “intrazellulär” - Spirochäten haben also, gegensätzlich zu den meisten anderen Bakterien, eine innenliegende Geisel. Die Flagellen werden deshalb auch als „Endoflagellen“ bezeichnet.
Beweglichkeit
Die charakteristische Beweglichkeit der Spirochäten ist ein wesentliches Merkmal ihrer Pathogenität.
Die Endoflagellen im Inneren der Leptospira ermöglichen durch Rotation eine korkenzieherartige, spiralige Fortbewegung. Die Art der Bewegung befähigt die Bakterien, in Gewebe einzudringen und sich durch komplexe Umgebungen wie Schleimhäute oder Kapillaren zu bewegen. Damit sind sie gegenüber dem Immunsystem schwerer angreifbar.
Gramverhalten
Spirochäten zeigen sich in der Gramfärbung als gramnegativ. Wegen ihres geringen Durchmessers nehmen sie die Färbung jedoch oft schlecht auf und sind zu dem unter dem Lichtmikroskop schwer darstellbar.
Alternative Färbe-/Darstellungsmethoden:
Dunkelfeldmikroskopie: Spirochäten werden durch spezielle Beleuchtung dargestellt
Silberimprägnation: mithilfe von Silber werden Bakterien deutlicher gefärbt und können unter dem Mikroskop besser dargestellt werden
Giemsa-Färbung: v.a. zur Darstellung von Borrelien geeignet
Sauerstoffbedarf
Der Sauerstoffbedarf der Spirochäten unterscheidet sich je nach Gattung. Sie können anaerob, mikroaerophil oder aerob sein.
Sauerstoffbedarf
Beschreibung
Erreger
(Obligat) anaerob
Empfindlich gegenüber Sauerstoff
Kann nur in Umgebungen mit sehr sehr niedriger bis keiner Sauerstoffkonzentrationen überleben
Treponema pallidum (teilweise auch mikroaerophil)
Mikroaerophil
Bevorzugt Umgebungen mit niedriger Sauerstoffkonzentration, ist jedoch nicht obligat anaerob
Geringe Mengen Sauerstoff werden toleriert und für Wachstum benötigt
Hohe Sauerstoffkonzentrationen sind für das Bakterium schädlich
Borrelia burgdorferi
Treponema pallidum
(Obligat) aerob
Sauerstoff wird für Wachstum und Vermehrung benötigt
Gutes Überleben in sauerstoffreichen Umgebungen
Leptospirans interrogans
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Übersicht: klinische Relevanz
Die klinische Relevanz wird in einem gesonderten Artikel über das Krankheitsbild genauer beleuchtet (Artikel im Abschnitt des jeweiligen Erregers verlinkt). Für eine grobe Übersicht der klinischen Relevanz der Spirochäten dient untenstehende Tabelle:
Erreger
Borrelien
Leptospira
Treponema
Klinische Manifestation
Lyme-Borreliose
Rückfallfieber
Leptospirose
Syphilis / Lues
Antibiotika
Doxycyclin
Amoxicillin
Ceftriaxon
Doxycyclin
Amoxicillin
Azithromycin
Penicilin
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Borrelien
Zusammenfassung
Borrelia spp. sind gramnegative, spiral-/schraubenförmige Bakterien und gehören zur Ordnung der Spirochäten.
Sie leben obligat mikroaerophil und werden primär durch Vektoren wie Zecken oder Läuse auf den Menschen übertragen.
Zu den medizinisch wichtigsten Arten gehören Borrelia burgdorferi, der Erreger der Lyme-Borreliose, und Borrelia recurrentis, der Auslöser des Rückfallfiebers. Charakteristisch für Borrelia spp. ist ihre Fähigkeit, im menschlichen Körper zu persistieren und das Immunsystem zu umgehen, was zu chronischen Infektionen führen kann.
Die Diagnose erfolgt durch Klinik, Serologie oder PCR.
Merke
Merkhilfe zu Borrelia spp.
In unserer Merkhilfe zu den Erregern mit atypischem Gramverhalten steht:
Borris: für die Gattung der Borrelien
Wandern: erinnert an die häufigste klinische Manifestation einer Borrelia burgdorferi Infektion: das Erythema migrans, auch Wanderröte genannt
Tee: erinnert an den Rest des Merkspruchs: er schlürft leidenschaftlich Tee
Schlürfen: erinnert daran, dass die Borrelien eine Untergruppe der Spirochäten sind
Tee: erinnert an den nächsten Erreger im Merkspruch, die Treponema spp.
Taxonomie und Klassifikation
Taxonomie zu den Borrelia spp.
Klasse: Spirochäten (Spirochaetia)
Ordnung: Spirochaetales
Familie: Spirochaetaceae
Gattung: Borrelia
Spezies: Wichtige humanpathogene Vertreter:
Borrelia burgdorferi spp.
B. duttoni
B. hermsii
B. afzelii
B. garinii
B. recurrentis
Info
Abkürzung “B.”
Der Begriff “Borrelia” wird im weiteren Verlauf mit “B.” abgekürzt.
Größe: Länge zwischen 10–30 µm, Breite etwa 0,2–0,5 µm
Beweglichkeit: korkenzieherartige, rotatorische Bewegung durch Endoflagellen, stark beweglich
Gram-Färbung: gramnegativ (dünne Peptidoglykanschicht, aber schlecht anfärbbar mit Gram-Färbung, daher oft in Spezialfärbungen, z.B. Giemsa-Färbung, sichtbar)
Verkapselung: keine Kapsel, jedoch zusätzliche äußere Hüllmembran
Sauerstoffbedarf: mikroaerophil (wachsen am besten in sauerstoffarmen Umgebungen)
Invasion: nein, extrazellulärer Erreger
Epidemiologie & klinische Relevanz
Borrelia spp. sind weltweit verbreitet, wobei verschiedene Spezies je nach geografischem Gebiet unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Die beiden wichtigsten Erkrankungen, die durch Borrelia-Spezies verursacht werden, sind Lyme-Borreliose und Rückfallfieber.
Erreger
Krankheitsbild
Geographische Verteilung
Reservoir
Infektionsweg & Vektoren
Risikofaktoren
Borrelia burgdorferi
Lyme Borreliose
Europa, Nordamerika, Asien
Kleine Nager
Rotwild
Übertragung durch Schildzecken (Ixodes spp.)
Meist nach 24–48 Stunden Zeckenkontakt
Aufenthalt in Waldgebieten, hohem Gras
V.a. Frühling und Sommer
Borrelia duttoni
Borrelia hermsii
Zeckenrückfallfieber
Afrika, Saudi-Arabien, Iran, Indien, Zentralasien
Selten Amerika, Südeuropa
Mensch
Nagetiere
Übertragung durch Lederzecken (Ornithodoros spp.)
Enge Lebensbedingungen
Schlechte Hygiene
Katastrophengebiete
Borrelia recurrentis
Läuserückfallfieber
Nordafrika
Südamerika
Selten Asien
Mensch
Übertragung durch Kopf- und Kleiderläuse (Pediculus spp.)
Geographische Verteilung der Borrelia spp.
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Zusatzwissen: Virulenzfaktoren der Borrelia spp.
In der folgenden Tabelle werden einige der wichtigsten Virulenzfaktoren sowie Pathogenitätsmechanismen der Gattung “Borrelia spp.” genauer beleuchtet.
Das Zusammenspiel der Virulenzfaktoren lässt Borrelia burgdorferi spp. besonders widerstandsfähig gegenüber der Immunantwort sein, und ermöglicht eine systemische und langanhaltende Infektion, die mit Lyme-Borreliose-assoziierten Komplikationen einhergehen kann.
Info
Prüfungsrelevanz
Der Inhalt der Tabelle übersteigt in der Regel das für die Prüfung relevante Wissen und dient damit eher der persönlichen Weiterbildung.
Pathogenitätsmerkmal
Virulenzfaktor
Funktionsmechanismus
Motilität
Endoflagellen
Schraub-/rotationsartige Bewegung → Ermöglicht Eindringen in intakte Gewebe und Flüssigkeiten, sowie Erreichen von "Körpernieschen"
Adhäsion
Bindeproteine (=Adhäsine), Z.B. BBK32, Decorin
Ermöglichen:
Bindung an Fibronektin (Strukturprotein der extrazellulären Matrix) → V.a. in Gelenken und Haut
Bindung an Decorin, (reichlich in Bindegewebe vorhanden), unterstützt Persistenz in spezifischen Geweben, z.B. in Gelenken und Gehirn
→ Fördern Gewebeinvasion
Immunsuppression / Immunevasion
Antigenvariation, V.a. VlsE-Protein
Antigenvariation des VlsE-Proteins (Variable major protein-like sequence expressed) durch genetische Rekombination → Erschwert Immunsystem die Erkennung und Elimination von Borrelien
Tick-Speichelproteine
Borrelien nutzen Proteine des Zeckenspeichels
Entzündungsmediatoren und Rekrutierung von Immunzellen (v.a. Makrophagen und Granulozyten) werden durch sie gehemmt → Erleichtertes Eindringen
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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Leptospira
Zusammenfassung
Leptospira spp. sind dünne, gramnegative Bakterien, die zur Ordnung der Spirochäten gehören. Sie leben obligat aerob und finden sich in aquatischen Umgebungen sowie im Urin infizierter Tiere.
Die Übertragung auf den Mensch erfolgt häufig durch Kontakt mit kontaminiertem Wasser oder infizierten Tieren.
Zu den medizinisch relevanten Arten zählt Leptospira interrogans, der Erreger der Leptospirose, einer potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung, die von grippeähnlichen Symptomen bis hin zu schwerem Organversagen reichen kann (Weil-Syndrom).
Die Diagnose erfolgt durch serologische Tests,PCR oder den direkten Nachweis im Blut oder Urin.
Merke
Merkhilfe zu Leptospira spp.
In unserer Merkhilfe zu den Erregern mit atpyischem Gramverhalten steht:
Herz: für die Leidenschaft, mit der Borris seinen Tee trinkt → Leidenschaft soll an “Leptospira” erinnern
Welle: soll an (Tee-)Wasser erinnern und somit an das natürliche Reservoir der Leptospira: feuchte Gebiete und stehendes Gewässer
Taxonomie und Klassifikation
Klasse: Spirochäten (Spirochaetes)
Ordnung: Leptospirales
Familie: Leptospiraceae
Gattung: Leptospira
Spezies:
Humanpathogene Spezies: Leptospira interrogans (verantwortlich für Leptospirose)
Saprophytische Spezies: Leptospira biflexa (leben frei in der Umwelt, nicht pathogen)
Info
Was heißt eigentlich “saprophytisch”?
Als Saprophyten werden Organismen bezeichnet, die weder Photo- noch Chemosynthese betreiben. Sie ernähren sich rein heterotroph von toten, organischen Stoffen und sind somit auf andere Lebewesen angewiesen.
Beweglichkeit: korkenzieherartige, rotatorische Bewegung durch Endoflagellen, stark beweglich
Gram-Färbung: gramnegativ (dünne Peptidoglykanschicht, aber schlecht anfärbbar mit Gram-Färbung, daher oft in Spezialfärbungen wie der Giemsa-Färbung sichtbar)
Verkapselung: keine Kapsel, jedoch zusätzliche äußere Hüllmembran
Sauerstoffbedarf: aerob (Sauerstoff wird für das Wachstum benötigt)
Zellinvasion: nein, extrazellulärer Erreger
Merke
Unterscheidungsmerkmal Leptospira spp.
Die Zellen der Leptospira spp. sind klassischerweise einseitig oder beidseitig hakenförmig gebogen. Ihr Aussehen erinnert daher manchmal an einen Kleiderbügel oder ein Fragezeichen.
Letztere Assoziation hat der Spezies “Leptospira interrogans” auch ihren Namen verliehen: “interrogans” = lat. “fragen”.
Diese charakteristische Biegung unterscheidet sie morphologisch von den anderen Spirochäten.
Epidemiologie & klinische Relevanz
Erreger
Krankheitsbild
Geographische Verteilung
Reservoir
Infektionsweg
Risikofaktoren
L. interrogans
Leptospirose
V.a. in tropischen und subtropischen Ländern
Geringes aber konstantes Vorkommen in Europa
V.a. feuchtes Milieu (stehende Gewässer, Reisfelder)
Nagetiere
Wild-, Nutztiere
Teilweise Haustiere, v.a. Hunde
(In-)direkter Kontakt mit Tierurin kontaminiertem Material, v.a. Wasser, Schlamm
Mensch-zu-Mensch-Übertragung sehr selten (ebenfalls über Flüssigkeiten)
Berufsexposition, z.B. Landwirtschaft, Fleischerei, Kanalarbeiten
Freizeitassoziiert, z.B. Wassersport
Nach Naturkatastrophen
Info
Leptospira Reservoir
Nagetiere gelten als weltweit bedeutenstes Reservoir für Leptospiren. Im Gegensatz zu Groß-Säugetieren, wie Rinder und Pferde, erkranken sie selbst nicht an Leptospirose, sondern scheiden den Erreger lediglich lebenslang aus.
Leptospira sind im Salzwasser nur kurz überlebensfähig und zeigen eine hohe Empfindlichkeit gegenüber UV-Exposition.
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Zusatzwissen: Virulenzfaktoren der Leptospira spp.
In der folgenden Tabelle werden einige der wichtigsten Virulenzfaktoren sowie Pathogenitätsmechanismen der Gattung “Leptospira spp.” genauer beleuchtet.
Info
Prüfungsrelevanz
Der Inhalt der Tabelle übersteigt in der Regel das für die Prüfung relevante Wissen und dient damit eher der persönlichen Weiterbildung.
Pathogenitätsmerkmal
Virulenzfaktor
Funktionsmechanismus
Motilität
Endoflagellen
Schraub-/rotationsartige Bewegung ermöglicht Eindringen in intakte Gewebe und Flüssigkeiten → Eindringen in Blutgefäße, fördert Verbreitung im Körper
Adhäsion
Oberflächenproteine, z.B. LipL32, LigA, LigB
Bindungan Wirtszellen
Erleichtert Invasion in Gewebe und Kolonisation von Organen, z.B. Nieren und Leber
Gewebeinvasion
Hämolysine, z.B. Sphingomyelinase
Zerstörung roter Blutkörperchen, möglicherweise Zerstörung von Gewebe und Organen
Potentielle Rolle bei Schädigung von Endothelzellen in Blutgefäßen → Blutungen
Metalloproteinasen, z.B. Kollagenase
Enzyme bauen extrazelluläre Matrixproteine ab, ermöglicht Eindringen in Gewebe und Organe
Fördern Gewebeinvasion, fördern Ausbreitung der Infektion
Immunevasion
Antigenvariation
Umgehung der Immunabwehr → Längere Persistenz im Wirt, chronische Infektion
Info
Lipopolysachharid (LPS) bei Leptospira spp.
Leptospira spp. haben als eine der wenigen Spezies der Klasse der Spirochäten LPS auf ihrer Zelloberfläche.
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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Treponema
Zusammenfassung
Die Gattung Treponema spp. umfasst dünne, spiral- oder schraubenförmige Bakterien, die der Ordnung der Spirochäten zugehören.
Sie sind gramnegativ und wachsen in mikroaerophilen oder anaeroben Umgebungen. Weiterhin kennzeichnend sind ihre langsame Teilungsrate und die Fähigkeit zur Persistenz im Wirt.
Zu den klinisch wichtigsten Vertretern zählt Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis, sowie weitere Arten, die für nicht-venerische Treponematosen (z. B. Yaws und Pinta) verantwortlich sind.
Die Übertragung erfolgt überwiegend durch direkten Kontakt, meist sexuell oder durch Hautkontakt.
Die Diagnose erfolgt serologisch (z. B. TPHA, FTA-ABS) oder molekularbiologisch, da die Anzucht im Labor schwierig ist.
Merke
Merkhilfe zu Treponema spp.
In unserer Merkhilfe zu den Erregern mit atpyischem Gramverhalten steht:
Tee: für die Gattung der Treponema
Hitze (des Tees): kann daran erinnern, dass die in der westlichen Welt am häufigsten vorkommende Spezies “Treponema pallidum”, als Erreger der Syphillis, v.a. bei (heißem) Geschlechtsverkehr übertragen wird
Taxonomie und Klassifikation
Klasse: Spirochäten (Spirochaetia)
Familie: Spirochaetaceae
Ordnung: Spirochaetales
Gattung: Treponema
Spezies: Wichtige humanpathogene Vertreter:
Treponema pallidum subsp. pallidum (Erreger der Syphilis)
Beweglichkeit: Korkenzieherartige, rotatorische Bewegung durch Endoflagellen, stark beweglich
Gramfärbung: gramnegativ (schlecht anfärbbar), oft nur mit speziellen Färbetechniken sichtbar (Silberimprägnation)
Verkapselung: keine Kapsel, jedoch zusätzliche äußere Hüllmembran
Sauerstoffbedarf: anaerob bis mikroaerophil (wachsen am besten in sauerstoffarmen Umgebungen)
Zellinvasion: nein, extrazellulärer Erreger
Epidemiologie & klinische Relevanz
Erreger
Krankheitsbild
Geographische Verteilung
Infektionsweg
T. pallidum subsp. pallidum
Syphilis
Europa
Nordamerika
Asien
Direkter sexueller Kontakt
Kongenital, transplazentar
Selten durch Blutkontakt/kontaminierte Gegenstände
T. pallidum subsp. endemicum
Endemische Syphilis / Bejel
Nordafrika
Mittlerer Osten
Teile Asiens
→Trockenes, heißes Klima
Enger Kontakt innerhalb Gemeinschaften (V.a. über infizierte Gegenstände)
T. pallidum subsp. pertenue
Frambösie
Afrika
Lateinamerika
Asien
→ Feucht-warmes Klima
Direkter Hautkontakt
Selten durch kontaminierte Gegenstände (Kleidung, Bettwäsche, etc.)
T. pallidum subsp. carateum
Pinta
Zentral- und Südamerika
Info
Krankheitsbilder durch Treponema spp.
Bei den durch Treponema spp. übertragenen Krankheitsbildern unterscheidet man venerische (durch Geschlechtsverkehr übertragen) und nicht-venerische (nicht durch Geschlechtsverkehr übertragen):
Genauere Informationen zu den jeweiligen Krankheitsbildern finden sich im entsprechend verlinkten Artikel.
Info
Übertragung der Syphilis
Die Infektionswahrscheinlichkeit bei Geschlechtsverkehr mit einer mit Syphilis infizierten Person beträgt ca. 30%.
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Zusatzwissen: Virulenzfaktoren der Treponema spp.
In der folgenden Tabelle werden einige der wichtigsten Virulenzfaktoren sowie Pathogenitätsmechanismen der Gattung “Treponema spp.” genauer beleuchtet.
Die Virulenzfaktoren wirken synergistisch, um Treponema spp. vor dem Immunsystem zu schützen, Gewebeinfiltration zu ermöglichen und systemische Infektion zu verursachen. Die Umgehung des Immunsystems ist eine der Hauptursachen dafür, dass bspw. Syphilis ohne Behandlung schwerwiegende chronische Verläufe mit sich bringen kann.
Info
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Pathogenitätsmerkmal
Virulenzfaktor
Funktionsmechanismus
Adhäsion
Adhäsionsmoleküle
Spezielle Proteine auf Oberfläche des Bakteriums können an Rezeptoren der Wirtszellen binden → Ermöglichen Anhaftung an Endothelzellen in Blutgefäßen → Infektion (Genaue Mechanismen noch nicht vollständig geklärt)
Gewebeinvasion
Hyaluronidase
BakteriellesEnzym → Baut Hyaluronsäure in extrazellulärer Matrix des Wirts ab
Hyaluronsäure als wichtiger Bestandteil des Bindegewebes: ermöglicht Zellzusammenhalt → Zerstörung ermöglicht T. pallidum leichtere Bewegung durch Gewebe und schnelleres Vordringen → Schnelle Ausbreitung im Körper des Wirts → Erhöht Invasivität und Pathogenität der Infektion
Immunsuppression/Immunevasion
Fehlendes LPS
Wenige Antigene auf Zelloberfläche
Äußere Membran enthält nur wenige Proteine, vorhandene sind strukturell versteckt
Lipopolysaccharid-Schicht (LPS), als fester Bestandteil der Zellwand gramnegativer Bakterien, fehlt bei T. pallidum → Bakterium für Wirts-Immunsystem schwer erkenntlich → Immunsystem reagiert nur langsam und ineffektiv CAVE: chronische Infektion
Langfristig: teils irreversible Gewebeschäden durch chronisch entzündliche Reaktion des Wirts (Herz, Gehirn, Nerven, Knochen) CAVE: Schäden nicht durch bakterielles Toxin, sondern durch Reaktion des Wirts
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28265270/ , abgerufen am 14.12.2024 Tracy K., Baumgarth N. (Feb. 2017): "Borrelia burgdorferi Manipulates Innate and Adaptive Immunity to Establish Persistence in Rodent Reservoir Hosts", DOI: 10.3389
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27525653/, abgerufen am 14.12.2024 Bentemps-Gallo S., Lawrence K., Gherardini F (Aug. 2016): "Two Different Virulence-Related Regulatory Pathways in Borrelia burgdorferi", DOI: 10.1371
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8001052/, abgerufen am 14.12.2024 Anderson C., Brissette C., (März 2021): "The Brilliance of Borrelia: Mechanisms of Host Immune Evasion by Lyme Disease-Causing Spirochetes", DOI: 10.3390