Staphylococcus saprophyticus (abgekürzt: Staph. saprophyticus) ist ein grampositives, Koagulase-negatives Bakterium aus der Gruppe der Staphylokokken.
Wie alle Staphylokokken ist es Katalase-positiv und liegt mikroskopisch in typischer Haufenform vor. Es besiedelt bevorzugt den Genitaltrakt und den Perianalbereich des Menschen, insbesondere bei jungen, sexuell aktiven Frauen.
Klinisch relevant ist Staph. saprophyticus vor allem als zweithäufigster Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen nach Escherichia coli. Typischerweise verursacht er Zystitiden mit Symptomen wie Dysurie, Pollakisurie und suprapubischem Druckschmerz.
Im Gegensatz zu anderen Koagulase-negativen Staphylokokken ist Staph. saprophyticus resistent gegenüber dem Antibiotikum Novobiocin – ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal in der Diagnostik.
Die Behandlung erfolgt in der Regel mit gängigen Antibiotika wie Nitrofurantoin oder Fosfomycin, worauf die Erreger meist empfindlich sind.
Taxonomie und Klassifikation
Taxonomie Staphylococcus saprophyticus
Domäne: Bacteria
Stamm: Bacillota (früher: Firmicutes)
Klasse: Bacilli
Ordnung: Bacillales
Familie: Staphylococcaceae
Gattung: Staphylococcus
Spezies: Staphylococcus saprophyticus
Info
Abkürzung „Staph.“
„Staphylococcus“ wird im weiteren Verlauf mit „Staph“. abgekürzt.
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Staphylococcus saprophyticus ist gegensätzlich zu anderen Erregern der Staphylococcus-Gattung, wie bspw. Staph. aureus, nicht Toxin-vermittelt pathogen.
Seine Pathogenität beruht stattdessen primär auf folgenden Faktoren:
Adhäsionsfaktoren: sie ermöglichen die Anheftung an das Urothel
Urease-Produktion: Die Urease ist ein Enzym, sie spaltet Harnstoff → Ammoniak
Erhöht lokalen pH-Wert und begünstigt somit das bakterielle Überleben
Kann außerdem zur Bildung von Struvitsteinen beitragen
Diese Faktoren zeigen die hervorragende Anpassung von Staph. saprophyticus an die Harnwege.
Info
Struvitsteine
Struvitsteine, auch Urolithe genannt, sind eine Art von Harnsteinen, welche aus Magnesium-Ammonium-Phosphat bestehen. Sie sind röntgendicht und werfen im Ultraschall einen charakteristischen Schallschatten. Das macht sie gut diagnostizierbar.
Eine im nächsten Abschnitt folgende Tabelle stellt die wichtigsten Virulenzfaktoren nochmals überblicksartig dar.
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Virulenzfaktoren von Staph. saprophyticus
Info
Prüfungsrelevanz
Dieser Abschnitt übersteigt in der Regel das prüfungsrelevante Wissen und dient der persönlichen Weiterbildung bei Interesse.
Die untenstehende Tabelle fasst die wichtigsten Virulenzfaktoren von Staph. saprophyticus übersichtlich zusammen.
Pathogenitätsmerkmal
Virulenzfaktor
Funktionsmechanismus
Adhäsion
UafA (Uroepithelial adhesion factor A)
Wichtigster Adhäsionsfaktor
Vermittelt Anheftung an Urothelzellen
Autolysin Aas
Bindet an Fibronectin (Glykoprotein der extrazellulären Matrix)
Dient der zusätzlichen Adhäsion an Wirtsgewebe
Milieuanpassung
Urease
Enzym
Spaltet Harnstoff, Folge: ↑ Ammoniak, ↑ pH-Wert
Begünstigt Überleben & Steinbildung
D-Serin-Deaminase
Enzym
Katalysiert Abbau von D-Serin im Urin
Schutzmechanismus gegen toxische Substanz
Kolonisation
Lipasen und Esterasen
Enzyme
Unterstützen Kolonisation und Nährstoffgewinnung aus Lipiden
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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Epidemiologie und klinische Relevanz
Epidemiologie
Staphylococcus saprophyticus gehört, wie die meisten anderen Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS), zur physiologischen Flora des Menschen.
Charakteristisch im Urogenitaltrakt, besonders bei jungen Frauen
Im Gegensatz zu anderen KNS: Staph. saprophyticus findet sich selten auf der normalen Haut, sondern hat eine Affinität zu Schleimhäuten
Klinische Relevanz:
Staph. saprophyticus stellt nach E. coli den zweithäufigsten Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen (HWI) bei jungen Frauen dar
Kann auch männliche Personen betreffen, generell jedoch selten in anderen Alters- und Geschlechtsgruppen (Männer, ältere Frauen und Kinder sind eher selten betroffen)
Häufig nach Sexualkontakt
Spielt keine Rolle bei nosokomialen oder Fremdkörper-assoziierten Infektionen
Klinik
Risikofaktoren für eine Staph. saprophyticus-Infektion:
Sexuelle Aktivität
Mangelhafte Analhygiene
Übertriebene Genitalhygiene → Zerstörung des Säureschutzmantels und des physiologischen Milieus
Östrogenmangel
Klassische Krankheitsbilder:
Manifestation
Symptomatik
Urethritis / Cystitis
Klassische HWI-Symptomatik: Brennen bei Miktion, Pollakisurie, Leukurie
Klassisches Krankheitsbild: “Honeymoon-Zystitis” (eng. Honeymoon = Flitterwochen) → Da vermehrtes Auftreten nach sexueller Aktivität
Diagnostik
Analyse einer Urinprobe mittels U-Stix
Gegebenenfalls Urinkultur
Info
U-Stix-Diagnostik
Bei der Urin-Diagnostik mittels U-Stix gibt es drei Marker, die für das Vorliegen einer Harnwegsinfektion sprechen können. Die Tabelle stellt die Interpretation dieser Marker übersichtlich dar.
Eine ausführliche Erklärung der Urin-Diagnostik findet sich im gleichnamigen Artikel.
Parameter
Bedeutung bei positivem Nachweis
Therapie-Indikation
Wichtige Hinweise / Differenzialdiagnosen
Leukozyten
Hinweis auf immunologisches Geschehen
✅ JA: in Kombination mit mind. einem der folgenden Punkte:
Vorliegen klinischer Symptome
Positiver Nitrit-Nachweis
🚫 NEIN: wenn alleinig erhöht
Weitere Ursachen für Leukozyten-Nachweis im Urin können sein:
Reizung der Harnwege (z. B. durch Katheter)
Kontamination der Urinprobe (nicht korrekt gewonnene Mittelstrahlprobe)
Reaktive Veränderungen (z. B. nach Sport oder Geschlechtsverkehr)
Nitrit
Hinweis auf bakterielle Besiedelung der Harnwege → Bakterien wandeln Nitrat in Nitrit um
✅ JA
Sehr selten: physiologische Erhöhung durch viel Verzehr von Obst/Gemüse
Erythrozyten
Hinweis auf Reizung oder Verletzung der Schleimhaut
Kann Verdacht auf eine Infektion unterstützen → Schleimhautreizung mit Mikrotraumata bei Harnwegsinfektion
🚫 NEIN: nicht allein ausreichend
Ausschluss von Differenzialdiagnosen bei alleinig positivem Erythrozyten-Nachweis
Darunter:
Nierensteine
Nierenentzündung
Nieren-/Blasentumor
Verletzung
Menstruation bei Frauen
Mikrobiologische Diagnostik:
Differenzierung zu anderen KNS: Staph. saprophyticus ist resistent gegenüber Novobiocin → Diese Eigenschaft dient als Unterscheidungsmerkmal bei der Erregeridentifizierung
Therapie
Allgemeines Vorgehen bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen:
30−50 % aller Infektionen, die den unteren Harnweg betreffen, heilen spontan innerhalb einer Woche
In ca. 2 % der Fälle kommt es zu einer aufsteigenden Entzündung, CAVE: Pyelonephritis
Daher: In den ersten Tagen: watchful waiting + Erhöhung der Trinkmenge möglich
Bei starkem Leidensdruck: sofortige Antibiotikum-Therapie
Eskalation auf breitere Antibiotika (die Tabelle zeigt eine Auswahl)
Antibiotikum
Dosierung
Weitere Informationen
Cotrimoxazol
2x tgl. 960 mg (jeweils 800 mg Sulfamethoxazol + 160 mg Trimethoprim) p.o., 1-0-1, für 3 Tage
Zunehmende Resistenzentwicklung
Aufgrund zunehmender Resistenzen sollte Cotrimoxazol nur bei bekannt empfindlichem Erreger eingesetzt werden
Norfloxacin
(Stellvertretend für Fluorchinolone; Dosierung nicht auf andere Wirkstoffe übertragbar Alternativ: Ciprofloxacin, Levofloxacin)
2x tgl. 400 mg p.o., 1-0-1, für 3 Tage
Fluorchinolone (v.a. Ciprofloxacin und Levofloxacin): Auch für Therapie leichter / moderater Verläufe unkomplizierter oberer Harnwegsinfektionen geeignet
Cephalosporine, 2./3. Generation
Dosierung je nach Wirkstoff
Dauer: 3 Tage
Achtung
Resistenzvermeidung
Zur Vermeidung von Resistenzen empfiehlt es sich, Breitspektrum-Antibiotika nicht direkt zu Beginn einer unkomplizierten Zystitis anzuwenden.
Beim Vorliegen einer bereits aufsteigenden Harnwegsinfektion sollte hingegen direkt zu Beginn aggressiver therapiert werden.
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