Staphylokokken sind kugelförmige Bakterien innerhalb des grampositiven Erregerspektrums.
Als Erreger der physiologischen Keimflora können sie den menschlichen Körper asymptomatisch besiedeln. Damit gehören sie zu den fakultativ pathogenen Erregern.
Ihre wichtigsten charakteristischen Merkmale sind:
Mikroskopische Anordnung in Haufen-/Traubenform
Positive Katalase-Reaktion (Streptokokken weisen keine Katalase-Reaktion auf)
Teil der physiologischen Keimflora
Taxonomie der Gattung Staphylococcus spp.
Taxonomie:
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Bacillota (früher: Firmicutes)
Klasse: Bacilli
Ordnung: Bacillales
Familie: Staphylococcaceae
Gattung: Staphylococcus (Staph.)
Die Gattung der Staphylokokken umfasst hunderte verschiedener Spezies, welche durch verschiedene Tests wie Enzymaktivitäten (Koagulase-Test) oder Wirkstoffsensitivität unterschieden werden können.
Klinisch relevant sind vor allem vier:
Staphylococcus aureus, inkl. MRSA (= Methicillin-resistenter S. aureus)
Staphylococcus epidermidis
Staphylococcus saprophyticus
Staphylococcus hominis
Wie die einzelnen Spezies unterschieden werden können und was Staphylokokken als Gattung weiter charakterisiert, wird im nächsten Abschnitt erläutert.
Merke
Einschub: Unterscheidung von Staphylokokken und Streptokokken
Erreger des grampositiven Spektrums lassen sich in Kokken und Stäbchen unterteilen.
Innerhalb der Kokken können zwei Gattungen unterschieden werden: Staphylokokken und Streptokokken. Da sich beide Erregergattungen mikrobiologisch ähnlich sind, ist es wichtig, ihre Unterscheidungsmerkmale zu kennen:
Morphologie: kokkoid (kugelförmig), Anordnung in Haufen
Größe: ca. 1 µm breit
Beweglichkeit: unbeweglich aufgrund fehlender Geiseln
Gram-Färbung: grampositiv
Verkapselung: Erreger abhängig
Sporenbildung: nein
Sauerstoffbedarf: fakultativ anaerob
Zellinvasion: Erreger abhängig
Differenzierung
Alle Staphylokokken haben gemeinsam, dass sie in der Gramfärbung ein positives Gramverhalten, sowie eine positive Katalase-Reaktion zeigen.
Die Differenzierung der verschiedenen Staphylokokken-Spezies erfolgt durch die Koagulase-Reaktion in Staphylococcus aureus-Spezies und andere Staphylokokken-Spezies.
Negative Koagulase-Reaktion: alle anderen Staphylococcus-Spezies
Weitere Differenzierung:
Staph. epidermidis Gruppe: Staph. epidermidis, Staph. hominis, Staph. capitis
Staph. saprophyticus Gruppe: Staph. saprophyticus und weitere
Übersicht: Differenzierung der Staphylokokken
Zellaufbau
Der Zellaufbau von Staphylokokken entspricht grundlegend dem von grampositiven Bakterien. Es gibt jedoch einige Besonderheiten, die Staphylokokken von anderen grampositiven Erregern unterscheiden. Da sie erregerspezifisch sind, werden sie genauer in den jeweiligen Erreger-Artikeln beschrieben.
Info
Wiederholung Zellaufbau: Die wichtigsten Eigenschaften grampositiver Bakterien
Keine äußere Membran (Lipopolysaccharid-Schicht): macht sie durchlässiger für bestimmte Antibiotika, z.B. Beta-Lactame
Eine Übersicht über die Besonderheiten von Staphylokokken:
Kapsel:
Einige Spezies können Polysaccharid-Kapseln ausbilden → Schutz vor Phagozytose
V.a. Staph. aureus und einige Staph. epidermidis-Stämme
2. Teichonsäuren & Lipoteichonsäuren:
In Zellwand/ Zellmembran eingebettet
Funktion:
Antigen-Eigenschaften → wichtig für Immunreaktion & Entzündungsreaktion
Dienen auch als Adhärenzfaktoren
3. Plasmide:
Extrachromosomale, ringförmige DNA-Moleküle
Tragen Gene für Antibiotikaresistenzen (können unter Erregern weitergegeben werden)
Stoffwechsel und Enzymaktivitäten
Wie schon im Abschnitt „Differenzierung“ angeschnitten, enthalten Staphylokokken zwei charakteristische Enzyme.
Sie bieten den Erregern Überlebensvorteile und dienen in der mikrobiologischen Diagnostik der Identifikation bzw. Differenzierung einzelner Spezies.
Enzym
Vorkommen
Reaktion
Funktion im Bakterium
Mikrobiologische Relevanz
Katalase
Bei allen Staphylokokken
Spaltet Wasserstoffperoxid zu Wasser H2O2 → H2O
Schutz vor oxidativem Stress:
Während der Immunreaktion werden aktive Sauerstoffradikale (kurz: ROS) gebildet, z.B. von neutrophilen Granulozyten → Darunter H2O2
Katalase kann ROS unschädlich machen → Schutz vor Abtötung
Katalase-Test zur Unterscheidung: Staphylokokken vs. Streptokokken
Koagulase
Nur bei Staph. aureus
Aktivierung der Gerinnungskaskade
Durch Komplexbildung mit Prothrombin erfolgt die Umwandlung von Fibrinogen → Fibrin
Ausbildung einer Fibrinkapsel
Bildung einer Fibrinhülle:
Wirkt wie ein Tarnmantel für die Bakterien → Immunsystem erkennt Erreger nicht so leicht
Schutz vor Phagozytose
Abszess- und Eiterbildung
Virulenzfaktor:
Wichtiger Virulenzfaktor von Staph. aureus
Andere Staphylokokkenarten sind koagulasenegativ und meist weniger pathogen
Koagulase-Test zur Unterscheidung: Staph. aureus vs. andere Staphylokokken-Spezies
Pathogenitätsmechanismen
Auch die Pathogenitätsmechanismen und Virulenzfaktoren unterscheiden sich von Erreger zu Erreger und werden in den jeweiligen Artikeln genauer beschrieben.
Es gibt jedoch einige grundlegende Pathogenitätsfaktoren, die alle Erreger der Staphylokokken-Gattung eint. Dazu gehören die folgenden:
Adhärenz an Wirtszellen und -strukturen
Biofilmbildung → macht Bakterien robust gegenüber Umwelteinflüssen (besonders bei koagulase-negativen Staphylokokken (z. B. S. epidermidis))
Gewebeinvasion → führt zu Entzündung und Zerstörung von Gewebe (vor allem bei S. aureus ausgeprägt)
Antibiotikaresistenz (häufig, durch Plasmide) → erschwert die Therapie (z.B. Resistenz gegen Methicillin (MRSA))
Toxinbildung (nur Staph. aureus)
Klinische Relevanz
Staphylokokken befinden sich als Bakterien der physiologischen Keimflora bei vielen Menschen ubiquitär auf Haut und Schleimhaut, v.a. des Oropharynx. Sie gehören daher zu den fakultativ pathogenen Erregern.Das bedeutet, dass sie nicht zwangsläufig eine Erkrankung/Infektion auslösen, sondern ihren Krankheitswert durch das Vorliegen bestimmter Gegebenheiten erlangen. Die nachfolgende „Merke-Box“ nennt einige Beispiele.
Merke
Pathogenität begünstigende Umstände von Staphylococcus aureus
Verschiebungen in der physiologischen Keimflora zugunsten einer Überwucherung von Staph. aureus
Verschleppung an andere Stellen des Körpers, z.B. Körperhöhlen
Ein geschwächtes Immunsystem
Wichtig ist es daher, zwischen zwei Begriffen zu unterscheiden: Besiedelung vs. Infektion.
Besiedelung (Kolonisation):
Ein Bakterium kann mikrobiologisch nachgewiesen werden, jedoch besteht keine klinische Symptomatik und somit kein Krankheitswert. Eine Besiedelung ist nicht obligat behandlungsbedürftig.
Beispiel:
Am Schlauch einer PEG-Sonde konnte Staphylococcus epidermidis nachgewiesen werden, es liegt jedoch kein Hinweis auf eine lokale Hautinfektion oder einen Harnwegsinfekt vor
MRSA-Nachweis in einem Nasen-Rachen-Abstrich ohne klinische Symptomatik
Achtung
Eine Besiedelung kann ein Reservoir für spätere Infektionen (z.B. postoperativ oder bei der Benutzung von Fremdmaterial, z.B. Kathetern) sein und somit die Krankheitsentstehung begünstigen, sodass bei v.a. eine MRSA-Besiedelung eine Dekolonisation durchgeführt wird.
Infektion:
Das Bakterium dringt in das Gewebe ein, vermehrt sich dort und löst eine Immunantwort aus. Der Erreger kann mikrobiologisch nachgewiesen werden und es liegt eine klinische Symptomatik vor. Infektionen sind je nach Schweregrad behandlungsbedürftig
Beispiel:
Eine lokale Hautentzündung mit Eiterbildung
Merke
Besiedelung vs. Infektion
Besiedelung: mikrobiologischer Nachweis positiv, aber keine klinische Symptomatik → Therapie in der Regel nicht notwendig (Ausnahme MRSA)
Infektion: mikrobiologischer Nachweis positiv + klinische Symptomatik → Therapie je nach Schweregrad notwendig
Klinische Symptomatik und Therapie
Die folgende Tabelle gibt einen groben Überblick über die häufigsten Krankheitsbilder, die durch die jeweiligen Spezies der Staphylokokken-Gattung ausgelöst werden, sowie die Standardtherapie.
Genauere Informationen zu den jeweiligen Krankheitsbildern finden sich im zugehörigen Artikel der einzelnen Erreger oder der jeweiligen Krankheitsbilder.
Erreger
Typische Besiedelungsgebiete
Erkrankungen
Therapie
Staph. aureus
Naso- und Oropharynx
Axilla
Leistenbereich
Oberflächliche und tiefgreifende Haut- und Weichteilinfektionen