Stromstärke des Blutes und Gefäßwiderstand
Die Blutströmung durch Gefäße folgt den allgemeinen physikalischen Strömungsgesetzen, aber aufgrund der Zusammensetzung des Blutes und der Flexibilität der Gefäße gibt es einige Besonderheiten. Größen wie die Stromstärke oder der Gefäßwiderstand können nur näherungsweise mithilfe von physikalischen Gesetzen bestimmt werden.
Stromstärke
Die Stromstärke des Blutes im Kreislauf hängt von der Druckdifferenz, dem Strömungswiderstand, dem Gefäßquerschnitt und der Strömungsgeschwindigkeit ab.
Formel (ähnlich zum Ohmschen Gesetz):
Q = Stromstärke (l/min)
△P = Druckdifferenz zwischen Anfangs- und Endpunkt (mmHg)
R = Strömungswiderstand (mmHg x min/l)
- Bei einer Erhöhung der Druckdifferenz zwischen dem Anfang und Endpunkt nimmt die Stromstärke zu. Dies kann man sich gut anhand eines Strohhalmes vorstellen, wenn sich in einem Strohhalm eine Flüssigkeit befindet und man den Strohhalm horizontal hinlegt fließt die Flüssigkeit langsam (aufgrund der Schwerkraft links und rechts heraus – an beiden Enden herrscht der gleiche Druck). Wenn man jedoch von einer Seite in den Strohhalm hereinpustet erhöht sich der Druck auf einer Seite und es entsteht eine Druckdifferenz zwischen den Seiten. Die Stromstärke erhöht sich und die Flüssigkeit fließt schnell aus dem Strohhalm heraus
- Bei einer Erhöhung des Strömungswiderstandes nimmt die Stromstärke ab. Hält man am Ende eines Strohhalms einen Finger vor oder befindet sich im Strohhalm ein anderer Strömungswiderstand wie z.B. ein Zitronenkern, so nimmt der Flüssigkeitsfluss ab

- In der Physiologie des menschlichen Körpers zeigt sich das Ohm´sche Gesetz am Bayliss-Effekt. Der Bayliss-Effekt (siehe Seite 114) sorgt dafür, dass die Durchblutung eines Organs konstant bleibt, auch bei schwankendem Blutdruck. Dies erfolgt durch eine Anpassung des Gefäßwiderstandes, sodass die Stromstärke konstant bleibt
Kontinuitätsgesetz
Das Kontinuitätsgesetz besagt, dass die Stromstärke in jedem Abschnitt eines verbundenen Röhrensystems konstant ist
Q = Stromstärke
A = Gefäßquerschnitt
v ̅ = mittlere Strömungsgeschwindigkeit
- Bei einer Zunahme des Gefäßquerschnittes nimmt somit die mittlere Strömungsgeschwindigkeit ab, damit die Stromstärke konstant bleibt
- Bei einer Zunahme der mittleren Strömungsgeschwindigkeit müsste somit der Gefäßquerschnitt abnehmen, damit die Stromstärke konstant bleibt
- Die Strömungsgeschwindigkeit berechnet sich nach dem Gesamtgefäßquerschnitt
- Unmittelbar nach dem Herzen bezieht sich dieser nur auf die Aorta. In der Folge verzweigen sich die Gefäße und der Gesamtquerschnitt wird größer. Aufgrund des zunehmenden Gesamtquerschnittes nimmt die Strömungsgeschwindigkeit ab
- Auf der Ebene der Kapillaren besteht ein großer Gesamtgefäßquerschnitt. In den Kapillargefäßen herrscht somit eine geringere Strömungsgeschwindigkeit als in den vorgeschalteten Gefäßen. Die langsame Strömungsgeschwindigkeit ist eine Voraussetzung für einen optimalen Stoffaustausch
In den nachgeschalteten Gefäßen, den Venolen, den kleinen Venen und den großen Venen (wie z.B. die Vena cava inferior und die Vena cava superior) nimmt der Gefäßquerschnitt wieder ab und die Strömungsgeschwindigkeit erhöht sich