Zusammenfassung
Ausscheidungen (Urin, Stuhl und Erbrechen) sind etwas völlig Normales und gehören zu unserem Alltag dazu. Ein besseres Verständnis dieser Thematik hilft dabei, mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Dennoch sind sie häufig mit einem Scham- und einem Ekelgefühl behaftet, was häufig auf kulturelle Tabus oder persönliche Unsicherheiten zurückzuführen ist. Jeder Mensch hat seine eigenen Gewohnheiten, und viele Menschen sprechen nicht über ihre Gewohnheiten, auch dann nicht, wenn etwas anders ist als sonst. Zum Beispiel wird häufig verschwiegen, wenn der Stuhlgang unregelmäßig oder ungewöhnlich gefärbt ist, obwohl dies ein Hinweis auf gesundheitliche Probleme sein könnte.
Deshalb ist ein professioneller und empathischer Umgang mit dem Thema sehr wichtig. Dies kann bedeuten, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der offen über Veränderungen gesprochen werden kann, sowie auf respektvolle und unterstützende Weise Informationen und Hilfe anzubieten.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Umgang mit Ausscheidungen etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: Unklare Durchfälle, AZ-Verschlechterung.
- Ort: Pflegeheim „Sonnenschein“, Zimmer 15, 2. Stock.
- Alarmzeit: 08:30 Uhr
- Anrufer:in: Pflegekraft des Heims
- Anzahl der Betroffenen: 1
- Zusatzinfo:
- 79-jährige weibliche Patientin
- Bewohnerin hat seit mehreren Stunden Durchfall
- Sie reagiert nicht wie gewohnt und wirkt desorientiert
- Insgesamt ist sie eher blass
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes wartet bereits eine Pflegekraft auf euch, die euch zu dem Zimmer der betroffenen Bewohnerin führt.
- Die Pflegekraft berichtet, dass die betroffene Bewohnerin bereits seit gestern über Übelkeit klagt. Heute früh trat mehrfach flüssiger, übelriechender Stuhl auf
- Die Bewohnerin verweigerte Essen und Trinken und wurde zunehmend verwirrt
- Das Zimmer ist gut belüftet, der Patientin wurden bisher keine Medikamente verabreicht. Die Bewohnerin liegt im Bett, deutliche Blässe im Gesicht und an den Lippen erkennbar, zudem schwitzt die Patientin stark
- Es wurden hygienische Maßnahmen ergriffen, keine weiteren Bewohner:innen zeigen bisher Symptome
InfoHygienische Maßnahmen ergreifen
In der Pflege ist das Thema recht gebräuchlich und dort bedeutet es im Falle von unklarem Durchfall, dass die betroffenen Patient:innen isoliert werden müssen, da dieser auf infektiöse Ursachen wie Noroviren oder Clostridioides difficile hindeuten kann. Für die Pflegekräfte und auch das Personal vom Rettungsdienst ist somit Schutzkleidung
erforderlich: Schutzkittel, Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz oder, bei erhöhtem Infektionsrisiko durch Aerosole, eine FFP2-Maske sowie evtl. eine Kopfhaube. Diese muss im direkten Patient:innenkontakt permanent getragen werden und am Ende vollständig entsorgt werden. Dies geschieht im besten Fall in einer Schleuse. Für das Pflegepersonal steht außerdem noch die tägliche Wischdesinfektion von Flächen (z.B. Nachttisch, Bettgestell) und der Toilette im Patient:innenzimmer an. Dafür wird Desinfektionsmittel benötigt, was gegen den Keim der Patient:innen Wirkung zeigt. Dabei ist es wichtig, die Einwirkzeiten zu beachten. Auch im Rettungsdienst ist eine Desinfektion aller Gegenstände, die mit den Patient:innen in Kontakt gekommen sind (z. B. Trage, Beatmungsgerät), von großer Wichtigkeit, um eine Keimverschleppung zu verhindern. Hier sind die Standards der Wache zu beachten.

Ersteindruck nach xABCDE-Schema:
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von Patient:innen in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei Patient:innen mit problematischen Ausscheidungen aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch wurde z.B. die Messung des Blutzuckers
x |
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A |
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Kein A-Problem |
B |
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Mittelbares B-Problem |
C |
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Mittelbares C-Problem |
D |
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Mittelbares D-Problem |
E |
| Akutes E-Problem |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Allgemeines und Definitionen
Schamgefühl
Ausscheidungen sind ein normaler Teil unseres Tagesablaufs. Meist werden sie uns erst bewusst, wenn sie nicht funktionieren. Da sie ein gesellschaftliches Tabuthema sind und oft mit Scham und Unsicherheit verbunden sind, fällt es uns sehr schwer, darüber zu reden. Der Geruch, die Beschaffenheit und das Aussehen können als unangenehm bis ekelerregend empfunden werden. Da die Ausscheidungsorgane vor Blicken von außen verborgen liegen, ist es mit einer großen Überwindung verbunden, sich für die Intimpflege oder auch die Untersuchung durch den Arzt, nackt zu zeigen. Dies ist besonders der Fall, wenn Patient:innen sich unsicher fühlen oder in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit der Wahrung ihrer Intimsphäre gemacht haben. Deshalb sollte das Schamgefühl der Patient:innen von niemandem verletzt werden, weder von Pflegekräften noch von Ärzt:innen oder Mitarbeiter:innen des Rettungsdienstes.
MerkeUmgang mit dem Schamgefühl
- Wahrnehmen nonverbaler Signale
- Einhalten von Privatsphäre
- Stellen einfühlsamer Fragen
- Scham nicht verharmlosen
- Altersentsprechende Begriffe verwenden: wie Vorlage und Schutzhose bei Erwachsenen oder Pampers/Windel bei Kindern
Ekelgefühl
Ausscheidungen können aufgrund des Aussehens, der Beschaffenheit oder des Geruchs Ekel auslösen, sowohl bei Patient:innen als auch dem Personal. Diese Eigenschaften können als unangenehm oder abstoßend wahrgenommen werden, da sie häufig mit Krankheit, Hygieneproblemen oder negativen sozialen Assoziationen verbunden sind. In stressigen Situationen kann es schneller zu Ekelgefühlen kommen und sehr belastend sein, zum Beispiel wenn bei akutem Zeitdruck eine Reinigung nach einem Vorfall im Patient:innenzimmer erforderlich ist.
MerkeStrategien zum Umgang mit Ekel
- Tragen von Schutzkleidung: schafft eine professionelle Distanz und vermeidet direkten Kontakt mit den Ausscheidungen, z.B. Einmalhandschuhe und Schutzkittel/Einmalschürzen
- Das Thema im Team ansprechen: Niemand ist allein mit solchen Gefühlen
- Methode: Ein regelmäßiges Teamgespräch oder eine Supervision, in der solche Belastungen offen thematisiert und Lösungsansätze gemeinsam erarbeitet werden
- Entwicklung von individuellen Strategien: z.B. flach atmen, Luft anhalten, Mund-Nasen-Schutz tragen, Verwendung von Raumsprays oder ätherischen Ölen, Absprachen im Team oder kurze Pausen nach belastenden Situationen
- Individuelle Strategien können durch Selbstreflexion, das Testen verschiedener Ansätze und den Austausch mit Kolleg:innen entwickelt werden, um herauszufinden, was in belastenden Momenten am besten hilft
- Reduktion von Ekel durch fachgerechte Pflege: z.B. Anpassung der Trinkmenge bei konzentriertem und stark riechendem Urin, regelmäßiger Wechsel von Inkontinenzmaterial, um Geruchsbildung zu minimieren, und Ursache ausfindig machen und behandeln
Urin
Urin ist ein Ausscheidungsprodukt der Nieren. Die Produktion verläuft mittels Filtration, bei der Stoffe aus dem Blutplasma in die Nierenkanälchen übergehen, und Resorption, bei der wichtige Substanzen wie Wasser und Elektrolyte zurück ins Blut aufgenommen werden. Anschließend wird der Urin über die Harnleiter an die Harnblase abgegeben. In der Harnblase wird der Urin gesammelt und über die Harnröhre bei der Miktion ausgeschieden. Die normale Beschaffenheit des Urins ist hell- bis dunkelgelb und klar. Die Farbe und Klarheit können durch Faktoren wie Flüssigkeitsaufnahme, Ernährung, Medikamente, Erkrankungen oder den Gehalt an Farbstoffen wie Urochrom beeinflusst werden.
InfoZusammensetzung des Urins
- Hauptbestandteile: Wasser (95 %), Elektrolyte (wie Natrium, Kalium und Chlorid) und Harnstoff
- Weitere Bestandteile: Harnsäure, Kreatinin, wasserlösliche Vitamine (z.B. Vitamin C), organische Säuren (Zitronen- oder Oxalsäure), Hormone (z.B. Steroidhormone) und Farbstoffe (Urochrome: mitverantwortlich für Gelbfärbung des Urins)
Stuhl
Stuhl (Fäzes, Kot, Exkremente) ist normalerweise eine weiche, geformte Masse. Die Konsistenz ist wichtig, da sie Hinweise auf die Verdauung und mögliche gesundheitliche Probleme wie Durchfall oder Verstopfung geben kann. Die in den Darm fließende Gallenflüssigkeit verleiht dem Stuhl seine Farbe (Umwandlung von Bilirubin in Sterkobilin). Veränderungen der Farbe, wie ein schwarzer, roter oder sehr heller Stuhl, können auf gesundheitliche Probleme wie Blutungen im Magen-Darm-Trakt, Lebererkrankungen oder Gallengangsverschlüsse hinweisen. Im Normalfall ist der Stuhl meist hell- bis dunkelbraun. Die normale Stuhlmenge beim Erwachsenen beträgt ca. 120-300 g/Tag. Diese Menge ist wichtig, da sie die Balance zwischen Nahrungsaufnahme, Verdauung und Ausscheidung widerspiegelt. Abweichungen können auf Verdauungsstörungen oder andere gesundheitliche Probleme hinweisen.
InfoZusammensetzung
- 75 % Wasser
- 10 % Abfallprodukte (Zellulose): Zellulose ist ein Ballaststoff, der vom menschlichen Körper nicht verdaut werden kann. Sie regt jedoch die Darmbewegung an und unterstützt somit eine regelmäßige und gesunde Verdauung
- 7 % Epithelien
- 8 % Salze, Schleim und Bakterien: Bakterien sind ein wesentlicher Bestandteil der Darmflora und spielen eine zentrale Rolle bei der Verdauung sowie der Produktion von Vitaminen und kurzkettigen Fettsäuren
Übelkeit (Nausea)
Übelkeit wird mit einer unangenehmen Empfindung im Rachen und Oberbauch in Verbindung gebracht. Diese Empfindung kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, wie z.B. Magen-Darm-Infektionen, Bewegungskrankheit, Schwangerschaft, bestimmte Medikamente oder emotionale Faktoren wie Stress. Es entsteht eine Spannung von Magen, Darm und Ösophagus, die durch unwillkürliche Kontraktionen der glatten Muskulatur ausgelöst wird. Diese Kontraktionen verstärken sich, sodass das Gefühl entsteht, sich erbrechen zu müssen.
Würgen
Das Würgen geht dem eigentlichen Erbrechen meist voraus. Es tritt beispielsweise häufig auf, wenn ein Fremdkörper im Rachenraum die Würgereflexe auslöst oder wenn eine starke Übelkeit durch Magen-Darm-Erkrankungen vorhanden ist. Währenddessen atmen Patient:innen gegen die geschlossene Stimmritze (Glottis), was den Druck im Thorax erhöht und die Kontraktionen der Bauchmuskulatur unterstützt, um das Erbrechen vorzubereiten. Dabei kontrahieren die Atem- und Bauchmuskulatur rhythmisch.
Erbrechen (Emesis, Vomitus)
Als Erbrechen wird das Ausstoßen von Mageninhalt (teilweise auch Inhalt des Dünndarms) über den Mund verstanden. Der Mageninhalt wird durch kräftige Kontraktionen der Bauchmuskulatur und des Zwerchfells nach oben transportiert. Dieser Vorgang passiert entgegen der physiologischen Peristaltik, das heißt, dass die normalerweise nach unten gerichtete Bewegung der Magen-Darm-Muskulatur umgekehrt wird, um den Inhalt nach oben auszustoßen. Erbrechen ist ein wichtiger Selbstschutz vor giftigen Substanzen wie Alkohol in hohen Mengen oder verdorbenen Lebensmitteln, die Bakterien wie Salmonellen enthalten können (toxisches Erbrechen).
Einteilung nach Reizung des Brechzentrums:
Art der Reizung | Merkmale |
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Zentrales Erbrechen |
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Reflektorisches Erbrechen |
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Hormonell bedingtes Erbrechen |
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Postoperative Übelkeit und Erbrechen (postoperative Nausea and Vomiting, PONV) |
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Einteilung nach Zeitpunkt des Erbrechens:
Zeitpunkt | Merkmale |
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Akutes Erbrechen |
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Verzögertes Erbrechen |
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Persisitierendes Erbrechen |
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Antizipatorisches Erbrechen |
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MerkeÜbelkeit, Würgen und Erbrechen sind keine eigenständigen Erkrankungen, sondern Symptome einer zugrunde liegenden Erkrankung, meist Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Auch nicht gastrointestinale Ursachen wie neurologische (z.B. Migräne) oder hormonelle Erkrankungen können eine Rolle spielen.
Beobachtungskriterien
Ausscheidung | Beobachtungskriterien |
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Urin |
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Stuhl |
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Erbrechen |
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Anamnese
Ausscheidungen | Fragen zur Einschätzung |
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Urin und Stuhl
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Übelkeit und Erbrechen |
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Ablauf von Miktion, Defäkation und Erbrechen
Ablauf der Miktion
Info
- Innerer Schließmuskel: arbeitet unwillkürlich und kann nicht bewusst gesteuert werden
- Äußerer Schließmuskel: kann willentlich kontrolliert werden
- Verstärkung des Harnstrahls: Einsetzen der Bauchpresse möglich
Ablauf der Defäkation
Info
- Efferente Fasern steuern die glatte Muskulatur
des Darms - Der äußere Analschließmuskel ist noch geschlossen, während der Stuhl nach unten tritt
- Verspürt man Stuhldrang und kann keine Toilette aufsuchen, sorgt der innervierende Nervus pudendus dafür, dass der Muskel angespannt bleibt und die Defäkation verhindert wird
- Besteht der Stuhldrang länger, fallen die Impulse der Dehnungsrezeptoren weg, da der Darm die Stuhlmasse als weniger dringlich wahrnimmt und die Rezeptoren weniger stark aktiviert werden
Ablauf des Brechvorgangs
InfoReizung des Brechzentrums
- Erregung des parasympathischen Nervensystems
- Evtl. Erregung des Nervus vagus
: Entstehung einer Bradykardie (hemmt die Aktivität des Herzens über den Parasympathikus und verringert die Herzfrequenz )
MerkeBrech- und Atemzentrum stehen in Verbindung. Ein Beispiel hierfür ist, dass tiefes, bewusstes Atmen oft helfen kann, das Erbrechen zu unterdrücken, indem die Aktivität des Brechzentrums reduziert wird. Dem Erbrechen geht oft ein Übelkeitsgefühl mit vermehrtem Speichelfluss und verlangsamter Atmung voraus. Unter Umständen kann tiefes Atmen das Erbrechen verhindern.
Störungen
Miktionsstörungen
- Schmerzen, z.B. bei Zystitis
- Harnverhalt
(erschwertes oder fehlendes Wasserlassen): Urin kann nicht oder nicht vollständig entleert werden und es verbleibt Restharn in der Blase . Ein Harnverhalt muss rechtzeitig erkannt werden, da Rückstauungsschäden am Harnsystem und an den Nieren zum völligen Nierenversagen führen können. Es kann auch vorkommen, dass die Blase so voll ist, dass der Blasendruck den des Schließmuskels überwindet und tröpfchenweise Urin abgeht (sogenannte Überlaufblase). Dabei wird der Urin unkontrolliert ausgeschieden, ohne dass die Blase vollständig entleert wird. Ursachen für diese Problematik sind vielfältig: - Abflussbehinderungen: z.B. Nierensteine oder Verletzungen
- Prostataadenom
bei älteren Männern - Neurogene Blasenentleerungsstörung: z.B. bei MS oder Diabetes mellitus
- Anästhesie (postoperativer Harnverhalt
)
- Kontrollverlust über die Blasenfunktion: z.B. bei Harninkontinenz
InfoWeitere wichtige Begriffe
Blasenentleerungsstörungen sind Miktionsstörungen
, die mit einer erschwerten oder nicht vollständigen Entleerung der Harnblase einhergehen. Des Weiteren kann auch die Frequenz der Entleerungen verändert sein. Hier bekommst du eine Zusammenfassung wichtige Begriffe zur genauen Beschriebung der Problematik:
- Algurie
: schmerzhaftes Wasserlassen, z. B. bei Zystitis - Dysurie
: erschwertes Wasserlassen , das auch schmerzhaft sein kann - Pollakisurie
: häufiges Wasserlassen von meist geringen Urinmengen - Anurie
: Urinproduktion von <100 ml am Tag - Oligurie
: verminderte Urinproduktion von <500 ml am Tag - Polyurie
: Urinausscheidungen von über 2 L am Tag - Nykturie
: nächtliches Wasserlassen - Hämaturie: vermehrte Ausscheidung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten
) - Proteinurie
: vermehrte Ausscheidung von Eiweißen (>150 mg am Tag)
Stuhlentleerungsstörungen
- Diarrhö
(Durchfall ): Ausscheidung von dünnflüssigem Stuhl mehr als 3-mal am Tag. Häufig ist das verbunden mit Bauchkrämpfen, Dehydratation , Schwäche, Appetitlosigkeit und Elektrolytverlust. Diarrhö ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom - Ursachen für eine Diarrhö
können sein: - Darminfektionen
- Lebensmittelvergiftungen
- Nebenwirkungen von Medikamenten: z.B. Antibiotika
- Psychische Reize, wie Angst oder Aufregung
- Unzureichende Kautätigkeit
- Ursachen für eine Diarrhö
- Stuhlinkontinenz: Unvermögen, Stuhl zurückzuhalten. Die Ursachen können verschiedene medizinische und psychische Gründe sein
- Obstipation
: Darunter versteht man eine seltene und mühselige Entleerung von zu hartem Stuhl (lat. Verstopfung ). Begleitende Symptome können ein Völlegefühl, Bauchkrämpfe, Blähungen, Appetitlosigkeit, Zungenbelag, Mundgeruch, Kopfschmerzen und Unruhe sein. Obstipation ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom - Mögliche Ursachen sind vielfältig:
- Elektrolytverschiebungen
- Medikamente: z. B. Opioide
, Analgetika, Antidepressiva - Flüssigkeitsmangel
- Ballaststoffarme Ernährung
- Darmerkrankungen
- Mögliche Ursachen sind vielfältig:
- Tenesmus: Darunter versteht man einen ständigen, schmerzhaften Stuhldrang, der oft auch nach der Entleerung nicht abklingt. Typischerweise empfinden Betroffene dabei ein quälendes Gefühl von unvollständiger Entleerung, das Minuten bis Stunden andauern kann. Ursachen können Entzündungen wie bei Colitis ulcerosa
oder Tumore des Dickdarms sein
Komplikationen beim Erbrechen
Erbrechen kann neben kurzfristigem Unwohlsein zu ernsteren Komplikationen führen:
- Dehydratation
- Schwere Entgleisungen des Elektrolythaushaltes
- Aspiration: Das Einatmen
von Mageninhalt kann eine gefährliche Lungenentzündung auslösen
Versorgung
Hilfsmittel im Umgang mit Ausscheidungen:
- Steckbecken: Ein Behälter, der für immobile Patient:innen verwendet wird, um die Ausscheidung von Urin oder Stuhl im Liegen zu ermöglichen
- Urinflasche für Mann und Frau
- Toilettenstuhl
- Inkontinenzmaterial: Zum Beispiel Einlagen, Vorlagen oder Windeln, die speziell dafür entwickelt wurden, Urin oder Stuhl aufzufangen und die Haut zu schützen
- Nierenschale
- Brechbeutel
- (Feuchtes) Toilettenpapier
- Fließendes Wasser
Hygienische Prinzipien einhalten:
- Handschuhe beim Umgang mit Ausscheidungen tragen
- Nach dem Kontakt mit Ausscheidungen: hygienische Händedesinfektion
- Wenn Hilfsmittel genutzt wurden: direkte Entsorgung und evtl. Reinigung und Desinfektion
- Inkontinenzmaterial in geschlossenen Abfallsystemen entsorgen (beugt Gerüchen vor)
- Tägliche Desinfektion der Toilette im Patientenzimmer: Empfohlen werden Reinigungsmittel mit einer Desinfektionswirkung, die speziell für den Sanitärbereich geeignet sind, wie alkoholbasierte oder chlorhaltige Produkte
MerkeSelbstständigkeit fördern und erhalten
Patient:innen so viel wie möglich selbst machen lassen, z.B. beim Wechsel von Inkontinenzmaterial, der Intimpflege oder der Benutzung eines Toilettenstuhls, sofern sie dazu in der Lage sind.
Intimpflege:
- Regelmäßig durchführen: Zum Beispiel mit pH-hautneutralen Reinigungsprodukten, die sanft zur Haut sind und Reizungen vermeiden
- Hautschutz auftragen: Empfohlen werden Barrierecremes oder zinkhaltige Salben, um die Haut vor Feuchtigkeit und Reizungen zu schützen
- Wechseln bei Verschmutzung: Inkontinenzmaterial und Kleidung
TippDa im Rettungsdienst viele dieser Materialien nicht vorgehalten werden, sollte noch in der eigenen Wohnumgebung eine adäquate Versorgung stattfinden. Auch in den Notaufnahmen ist beispielsweise die Körperpflege von Patient:innen nicht die oberste Priorität und kann teilweise von dem anwesenden Pflegepersonal auch durch die Personalstärke kaum bewältigt werden.
Prüfungswissen
Begrifflichkeiten:
- Schamgefühl:
- Gesellschaftliches Tabuthema
- Privatsphäre wahren und auf nonverbale Signale achten
- Ekelgefühl:
- Kann durch professionelles Verhalten, Schutzkleidung
und individuelle Strategien wie flaches Atmen oder den Einsatz von Raumsprays gemindert werden
- Kann durch professionelles Verhalten, Schutzkleidung
- Urin:
- Ausscheidungsprodukt der Nieren, welcher normalerweise hell- bis dunkelgelb und klar ist
- Stuhl:
- Weiche, geformte Masse, die normalerweise hell- bis dunkelbraun gefärbt ist
- Übelkeit (Nausea):
- Unangenehme Empfindung im Rachen und Oberbauch
- Geht oft mit zunehmender Spannung von Magen, Darm und Ösophagus
einher
- Würgen:
- Tritt häufig vor dem Erbrechen auf
- Wird durch Reflexe
, wie bei Fremdkörpern im Rachen oder starker Übelkeit, ausgelöst - Führt zu rhythmischen Kontraktionen von Atem- und Bauchmuskulatur sowie erhöhtem Thoraxdruck, die das Erbrechen vorbereiten
- Erbrechen (Emesis, Vomitus):
- Ausstoßen von Mageninhalt, das durch eine Umkehr der Peristaltik und Kontraktionen der Bauch- und Atemmuskulatur erfolgt
- Schutzmechanismus gegen giftige Substanzen oder verdorbene Lebensmittel
- Nach Art der Reizung (zentrales, reflektorisches, hormonell bedingtes und PONV
) sowie nach Zeitpunkt (akut, verzögert, persistierend, antizipatorisch) klassifizieren - Symptom verschiedenster Ursachen wie gastrointestinale, neurologische oder hormonelle Erkrankungen
Beobachtungskriterien:
Ausscheidung | Beobachtungskriterien |
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Urin |
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Stuhl |
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Erbrechen |
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Anamnese:
Einschätzung von Urin- und Stuhlausscheidung:
- Erhebung von Schwierigkeiten wie Schmerzen, Brennen oder Verstopfung
- Frequenz und Menge der Miktion (normal: 4-6 Mal/Tag, ca. 1,5 Liter) und Defäkation (1-3 Mal/Tag oder alle zwei Tage)
- Aussehen, Geruch und mögliche Störungen der Ausscheidungsvorgänge
- Unkontrollierter Verlust von Urin/Stuhl, der Einsatz der Bauchpresse
- Benötigte Hilfsmittel
- Defäkationsrituale
Einschätzung bei Übelkeit und Erbrechen:
- Dauer, Auslöser (z.B. Medikamente, Lagewechsel), Häufigkeit, Schwere und Belastung der Übelkeit
- Hinweise auf Exsikkose
(z.B. trockene Schleimhäute) - Menge, Geruch, Farbe und Bestandteile: ermöglichen Rückschlüsse auf Ursachen
- Lebensumstände: wie Ernährungsgewohnheiten, Stuhlganggewohnheiten sowie der Zustand von Mund und Zähnen (können Einfluss auf Übelkeit und Erbrechen haben)
Ablauf von Miktion, Defäkation und Erbrechen:
- Miktion:
- Dehnungsrezeptoren in der Blasenwand signalisieren über das Rückenmark ans Gehirn, wann die Blase
entleert werden muss - Hemmende Impulse des Gehirns verhindern eine unkontrollierte Entleerung, bis die Person willentlich den äußeren Schließmuskel öffnet
- Während der Entleerung kontrahiert der Blasenmuskel, der innere Schließmuskel öffnet sich unbewusst
- Bauchpresse kann den Harnstrahl verstärken
- Dehnungsrezeptoren in der Blasenwand signalisieren über das Rückenmark ans Gehirn, wann die Blase
- Defäkation:
- Sensible Rezeptoren in der Darmwand melden eine Füllung an das Gehirn
- Spinale Reflexe
initiieren Peristaltik: die glatte Darmmuskulatur kontrahiert und der innere Schließmuskel erschlafft - Der äußere Schließmuskel bleibt geschlossen und kann willentlich gesteuert werden
- Bei längerer Stuhldrangunterdrückung nehmen die Impulse der Rezeptoren ab
- Die Bauchpresse und Beckenbodenmuskulatur unterstützen die Entleerung
- Brechvorgang:
- Das Brechzentrum in der Medulla oblongata steuert den Prozess, ausgelöst durch Reize wie Übelkeit oder parasympathische Aktivierung
- Es kommt zur Fixierung des Zwerchfells
, Verschluss des Kehlkopfs und Anspannung der Bauchmuskulatur → es entsteht Druck auf den Magen - Die Speiseröhrenschließmuskeln öffnen sich, und der Inhalt wird erbrochen
- Tiefes Atmen kann helfen, die Aktivität des Brechzentrums zu reduzieren und Erbrechen zu verhindern
Störungen:
- Miktionsstörungen
: Schmerzen, Harnverhalt , Kontrollverlust über die Blasenfunktion - Stuhlentleerungsstörungen: Diarrhö
, Stuhlinkontinenz, Obstipation , Tenesmus - Komplikationen beim Erbrechen: Dehydratation
, schwere Entgleisungen des Elektrolythaushaltes, Aspiration
Versorgung:
- Hilfsmittel nutzen: wie z.B. Urinflasche, Steckbecken oder Brechbeutel
- Hygienische Prinzipien einhalten: wie z.B. das Tragen von Handschuhen oder die Händedesinfektion nach dem Kontakt mit Ausscheidungen
- Selbstständigkeit der Patient:innen erhalten und fördern
- Intimpflege durchführen und Hautschutz auftragen
- Verschmutzte Kleidung und Inkontinenzmaterialien wechseln
Quellen
- Al-Abtah et al.: I care Pflege. Georg Thieme Verlag 2020, ISBN: 978-3-132-41828-8
- Amrhein et. al.: I care Krankheitslehre. Georg Thieme Verlag 2020. ISBN: 978-3-13-241824-0
- Eisenberg, M. (2024): Ekel in der Pflege – 4 Tipps, die wirklich schützen.
- Kuckert-Wöstheinrich, Dr. A. (2020): Ausscheidungen: Pflegerischer Umgang in unterschiedlichen Settings. Die PraxisAnleitung 4.2020. ISSN: 2699-755X
- Melchior, K. (2024): Übelkeit durch Hormone. Wie sich Beschwerden durch Periode oder Wechseljahre vermeiden lassen.