Einleitung
Vaginale Blutungen und Menstruationsunregelmäßigkeiten:
Neben der normalen Menstruationsblutung können vaginale Blutungen verschiedene Ursachen haben. Zunächst wird auf den physiologischen Menstruationszyklus
Physiologische Grundlagen
Die umgangssprachliche Bezeichnung „Periode“ bezeichnet die monatlich wiederkehrende Blutung der Frau im Rahmen des Menstruationszyklus
Der Zyklus jeder Frau ist etwas anders. Der durchschnittliche Blutverlust beträgt ca. 35 ml und schwankt insgesamt zwischen 25 und 80 ml. Auch die Dauer des Zyklus ist individuell verschieden. Häufig dauert ein Zyklus jedoch etwa 28 Tage und beginnt definitionsgemäß mit dem ersten Tag der Menstruation, die 3 bis 7 Tage dauert. In der Physiologie ist es üblich, den Zyklus in zwei Hälften zu unterteilen, wobei die Endpunkte der beiden Hälften der Beginn der Menstruation und der Eisprung sind.
Die erste Regelblutung wird als Menarche bezeichnet. Die letzte Blutung vor dem Klimakterium (umgangssprachlich Wechseljahre) wird als Menopause bezeichnet.
Eine hormonelle Verhütungsmethode, wie die Einnahme eines oralen Kontrazeptivums, kann die Dauer des Zyklus und die Dauer der Blutung beeinflussen. Dieser Umstand muss der Patientin erklärt werden, um Unsicherheiten bei der Anwendung zu vermeiden.
MerkeZusammenfassung Physiologie
- Zyklusdauer: 28 Tage
- 1. Zyklushälfte: 1. Tag der Blutung bis Ovulation
- 2. Zyklushälfte: Ovulation bis 1. Tag der Blutung
- Dauer der Monatsblutung: 3-7 Tage
- Durchschnittlicher Blutverlust: 35 ml
Zyklusanomalien
Eine Abweichung vom normalen weiblichen Zyklus kann mit Fachbegriffen beschrieben werden. Im Folgenden werden die häufigsten Zyklusabweichungen und beispielhafte Ursachen näher erläutert.
Polymenorrhö:
= Zyklusdauer < 24 Tage
- Mögliche Ursachen:
- Stresssituationen
- Menstruationen kurz nach der Menarche oder kurz vor der Menopause
- Andere hormonelle Ursachen
Oligomenorrhö:
= Zyklusdauer > 35 Tage
- Mögliche Ursachen:
- Essstörungen mit resultierenden hormonellen Schwankungen
- PCOS (=polyzystisches Ovarialsyndrom)
- Andere hormonelle Ursachen
Hypermenorrhö:
= Verstärkte Regelblutung, also definitionsgemäß mehr als 80 mL pro Menstruation
= Kann mit Abgang von Blutkoageln einhergehen, welche normalerweise nicht abgehen
- Mögliche Ursachen:
- Vorliegen von Myomen mit resultierender Störung der Uteruskontraktion
- Karzinome des Endometriums
- Endometriose
- Östrogenüberschuss (z.B. im Sinne einer Hyperproliferation des Endometriums)
Menorrhagie:
= Überlange Menstruationsblutung (> 7 Tage)
= Tritt oft gemeinsam mit einer Hypermenorrhö auf und hat entsprechend auch oft dieselben Ursachen
Hypomenorrhö:
= Abgeschwächte Regelblutung mit geringerem Blutverlust (oft unter 25 mL pro Menstruation)
- Mögliche Ursachen:
- Endometriumatrophie nach operativem Eingriff
- Hormonelles Ungleichgewicht bei vorliegender Essstörung
- Chronische Entzündung im Sinne einer Endometritis
- Verschiedene Formen der Kontrazeption (z.B. orale Kontrazeptiva oder hormonelle intrauterine Pessare)
Brachymenorrhö:
= Verkürzte Menstruationsblutung (< 3 Tage)
= Auch hier geht die verkürzte Menstruation oft mit einer veränderten Blutungsmenge einher, wodurch dieselben Ursachen zugrunde liegen
Metrorrhagie:
= „Zwischenblutung“
= Einzelne Blutungsepisoden oder Dauerblutungen zwischen den physiologischen Menstruationsphasen
= Menometrorrhagie = bezeichnet eine verstärkte, verlängerte oder zyklische Blutung (geht mit denselben Ursachen einher, welche die Metrorrhagie bedingen)
- Mögliche Ursachen:
- Ovarialinsuffizienz
- Myome oder Karzinome des Uterus oder der Zervix
- Beeinflussung durch Kontrazeptionsmaßnahmen
Spotting:
= „Schmierblutungen“
= Bezeichnet schwache genitale Blutungen, die keinen Krankheitswert haben müssen
- Mögliche Ursachen für Pathologien (neben den physiologischen Schmierblutungen):
- Endometriose
- Myome oder Karzinome des Uterus oder der verbindenden Strukturen
- Kontaktblutungen
- Abortus imminens bei vorliegender Schwangerschaft
Dysmenorrhö:
= „Regelschmerzen“
= Können vor, während oder nach der Menstruation auftreten
- Mögliche Ursachen:
- Ohne organische Ursache: primäre Dysmenorrhö
- Oft liegt eine erhöhte Prostaglandinproduktion zugrunde, welche die Uteruskontraktion fördert und mit vermehrtem Schmerz einhergeht
- In Assoziation mit organischen Ursachen: sekundäre Dysmenorrhö
- Myome, Karzinome oder Zysten
- Intrauterinpessare, insbesondere bei kürzlich erfolgter Einlage derer
- Endometriose
- Ohne organische Ursache: primäre Dysmenorrhö
Amenorrhö:
= Ausbleiben der Menstruationsblutung
- Mögliche Ursachen:
- Zeitpunkt liegt vor der Menarche oder nach der Menopause
- Vorliegen einer Schwangerschaft (häufigste Ursache einer sekundären Amenorrhö)
- Aktive Stillzeit
- Primäre Amenorrhö (ausbleibende Menstruationsblutung trotz Vollendung des 16. Lebensjahres)
- Anatomische Fehlbildungen
- Hormonelle Dysbalance durch PCOS, Ovarialinsuffizienz, Stress, Essstörungen oder Hypophyseninsuffizienz
- Sekundäre Amenorrhö (ausbleibende Menstruationsblutung für mehr als drei Monate bei zuvor erfolgter normaler Menstruationsblutung)
- Ovarialtumore oder -zysten
- Z.n. Radiatio
- Hormonelle Dysbalance durch Tumore, Leistungssport oder chronische Erkrankungen (z.B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
Weitere Ursachen für vaginale Blutungen

Sciencia58, CC0, https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de, via Wikimedia Commons
Vaginale Blutungen, die nicht im Zusammenhang mit der Menstruation stehen, können verschiedene Ursachen haben. Die Blutungsquelle kann in der Scheide selbst, in der Gebärmutter oder in den Adnexen liegen. Neben einer gründlichen gynäkologischen Ursachenforschung sollte auch eine urologische Genese ausgeschlossen werden.
Neben den oben genannten Zyklusunregelmäßigkeiten können vaginale Blutungen auch durch mechanische Manipulation hervorgerufen werden. Dabei kann es sich z. B. um Kohabitationsverletzungen handeln, d. h. um Verletzungen, die im Rahmen des Geschlechtsverkehrs entstehen.
AchtungBei Verdacht auf eine solche Kohabitationsverletzung sollte immer auch eine Vergewaltigung ausgeschlossen werden. Diese sollte, wenn sie sich bestätigt, gerichtsmedizinisch gesichert werden, damit die Informationen im Falle einer Anzeige verwertet werden können.
Eine solche Beweissicherung kann auch erfolgen, wenn noch unklar ist, ob Anzeige erstattet werden soll oder nicht. Neben der medizinischen Versorgung kann auch eine psychologische Betreuung erforderlich sein.
Eine solche Verletzung kann die Vagina selbst, die umgebenden äußeren Strukturen oder auch in der Vagina verbliebene Gegenstände betreffen. Neben nicht einvernehmlichem Geschlechtsverkehr können auch anormale Sexualpraktiken oder mangelnde Gleitfähigkeit der Scheide zu Blutungen führen.
Auch ein Trauma außerhalb des Geschlechtsverkehrs ist möglich, z.B. ein Sturz oder eine Sportverletzung.
Eine Gerinnungsdiagnostik sollte bereits bei leichter mechanischer Manipulation mit anschließender unverhältnismäßig starker vaginaler Blutung durchgeführt werden. Die Blutgerinnung kann durch eine genetische Erkrankung wie die von-Willebrand-Krankheit oder eine Faktor-V-Leiden-Mutation gestört sein. Eine Thrombozytenstörung kann aber auch durch eine andere organische Ursache oder durch die Einnahme bestimmter Medikamente hervorgerufen werden.
Manche Erkrankungen führen auch ohne Störung der Blutgerinnung gelegentlich zu vaginalen Blutungen außerhalb der Menstruation, z.B. eine Hyperprolaktinämie durch Beeinflussung des Östrogenspiegels.
Als weitere Differenzialdiagnose muss eine Entzündung der Geschlechtsorgane ausgeschlossen werden. Eine Infektion des Gewebes kann zu vermehrten Blutungen führen, die sich dann als vaginale Blutung äußern. Für die Diagnose können sowohl eine Blutuntersuchung als auch eine Urindiagnostik wegweisend sein. Auch die Ultraschalluntersuchung kann hier wertvolle Ergebnisse liefern.
Blutungen während der Schwangerschaft und während oder nach der Geburt
Therapie von akuten vaginalen Blutungen
Bevor eine Ursachenforschung durchgeführt werden kann, muss die Blutung oft erst gestillt werden. Dazu empfiehlt es sich, im Bereich der Vulva ein steriles Tuch aufzulegen, um das Blut
Zur Gesamtbeurteilung der Patientin sollten die Vitalparameter kontinuierlich gemessen werden. Je nach kardiopulmonaler Situation kann die Patientin flach gelagert werden oder sich selbst lagern. Bei größerem Blutverlust mit potenzieller vitaler Bedrohung sollte (mindestens) ein venöser Zugang gelegt werden. Auch die Gabe von anxiolytischen oder analgetisch wirksamen Medikamenten kann sinnvoll sein.v
Oberflächliche Wunden können oft unter örtlicher Betäubung behandelt werden. Bei tiefen Wunden oder starken Blutungen kann eine operative Versorgung unter Narkose erforderlich sein. Im Rahmen dieser chirurgischen Maßnahme kann bei Bedarf auch eine weitere Ursachenforschung erfolgen.
Prüfungswissen
Mögliche Ursachen:
- Menstruationsunregelmäßigkeiten
- Entzündungen
- Trauma (evtl. Kohabitationsverletzung oder Vergewaltigung)
- Mechanische Manipulation
- Tumore
- Störungen der Blutgerinnung oder des Hormonhaushalts
Therapie:
- Sterile Vorlage vor Vulva legen
- Keine Tamponade
- Lagerung nach Wunsch oder flach
- Ggf. Monitoring, intravenöser Zugang (ggf. Analgesie oder Anxiolyse)
- Ggf. Wundversorgung bzw. operatives Vorgehen erwägen