Zusammenfassung
Die venöse Blutentnahme beim Kind stellt eine besondere Herausforderung dar, da kindliche Venen oft schwer zu punktieren sind, Kinder ängstlich oder unruhig sein können und das Schmerzempfinden stärker ausgeprägt sein kann als bei Erwachsenen. Zur Fixierung können je nach Alter und Kooperationsbereitschaft mehrere Hilfspersonen erforderlich sein. Zur Schmerzlinderung können lokalanästhetische Pflaster, Glukoselösungen oder Ablenkungstechniken eingesetzt werden.
MerkeVor jeder Blutentnahme sollte die Indikation kritisch geprüft werden.
Indikationen
- Diagnostische Labordiagnostik (z. B. Blutbild, Entzündungsparameter, Blutzucker)
- Abnahme von Blutkulturen
Kontraindikationen (Auswahl)
- Infektionen oder Entzündungen an der Punktionsstelle
- Lokale Hauterkrankungen (z. B. Ekzeme, Hämatome)
- Extreme Unruhe, die eine sichere Punktion nicht zulässt
- Lähmung im Bereich der Punktion
Aufklärung
- Jede venöse Punktion stellt nach rechtlichen Maßstäben eine Körperverletzung dar und bedarf daher der Einwilligung der Sorgeberechtigten
- Eine mündliche Aufklärung über den Zweck, Ablauf und mögliche Komplikationen ist ausreichend
- Hinweis auf mögliche Schmerzen, Blaue Flecken oder Infektionsrisiken
- Falls nötig: Zustimmung zur Anwendung von Lokalanästhetika-Pflaster
- Das Kind sollte altersgerecht informiert werden, um Angst zu reduzieren und Vertrauen zu schaffen
Material
- Einmalhandschuhe
- Händedesinfektionsmittel
- Hautdesinfektionsmittel
- Analgesie:
- a) Ggf. Lokalanästhetikum-Pflaster (z.B. Emla®)
- b) Bei Säuglingen: ggf. Glucose 10-20 %
- Tupfer
- Stauschlauch
- Kanüle
- a) Butterfly
- b) gelbe 20G-Punktionskanüle (bevorzugt bei Säuglingen)
- Blutentnahmeröhrchen
- Pflaster für Kinder
- Abwurfbehälter
Durchführung
Vorbereitung:
TippZuerst alle benötigten Materialien zusammenstellen und erst dann das Patientenzimmer betreten, um unnötige Unterbrechungen zu vermeiden.
- Begrüßung der Sorgeberechtigten/Eltern und Vorstellung der eigenen Funktion
- Aufklärung über geplante Maßnahme und Einholung der mündlichen Einwilligung
- Name und Geburtsdatum des Kindes erfragen
- Positionierung:
- Säuglinge und Kleinkinder bevorzugt liegend
- Größere Kinder können abhängig von der Kooperationsbereitschaft auch sitzen (z.B. auf dem Schoß der Eltern)
- Hände desinfizieren und Einmalhandschuhe anziehen
- Mögliche Punktionsorte:
- Säuglinge & Kleinkinder: Skalpvenen, Handrücken, Fußrücken
- Größere Kinder: Handrücken oder Ellenbeuge (V. mediana cubiti)

Tipp
- Sorgfältige Auswahl der Vene
- Wärmeapplikation (warme Tücher auflegen) zur Vasodilatation
- Auf gute Stauung achten, da Blutdruck bei Kindern niedriger ist
- Extremitäten (Hand oder Fuß) unter Herzniveau halten, um Venenfüllung zu optimieren
- Analgesie
- Ggf. Lokalanästhetikum-Pflaster aufkleben (ab einem Alter von 3 Monaten)
- Vorteil: Gute Analgesie bei Einwirkzeit von 30 bis 60 Minuten
- Nachteil: Erschwerte Venenpunktion (Vasokonstriktion, Schwellung der Haut)
- Bei Säuglingen: ggf. Gabe von einigen Tropfen Glucose 10-20 % per os → kann die Schmerzsensibilität herabsetzen
- Ggf. Lokalanästhetikum-Pflaster aufkleben (ab einem Alter von 3 Monaten)
- Desinfektion der Punktionsstelle: Sprühen - Wischen - Sprühen
- Einwirkzeit des Hautdesinfektionsmittels abwarten
Durchführung der Punktion
- Punktion der Vene:
- Hilfsperson fixiert das Kind
- Ankündigung der Punktion ("Es piekst gleich")
- In flachem Winkel (ca. 30-40°) mit Kanülenschliff nach oben punktieren
- Blutentnahmeröhrchen in korrekter Reihenfolge befüllen
- Stauschlauch lösen
- Kanüle zügig entfernen und danach die Punktionsstelle zügig mit einem Tupfer für eine Minute komprimieren
- Kanüle sicher entsorgen
- Pflaster aufkleben
- Lob oder eine kleine Belohnung geben
AchtungBei wiederholten Punktionsversuchen ist auf eine möglichst kurze Stauungszeit zu achten, um eine Hämolyse und damit eine Verfälschung der Blutwerte zu vermeiden. Bei erneuten Versuchen sollte selbstverständlich ein neues Butterfly oder eine neue Kanüle verwendet werden.
Komplikationen
- Schmerzen und Angstreaktionen (häufig): Reduktion durch geeignete Maßnahmen der Analgesie und Ablenkung
- Hämatombildung: Bei ungenügender Kompression der Punktionsstelle
- Fehlpunktion: Erhöhtes Risiko durch kleine Venen und Unruhe des Kindes
- Infektion: Selten, vermeidbar durch Desinfektion und sterile Arbeitsweise
- Nervenschäden: Extrem selten, durch fehlerhafte Punktion in Nähe von Nerven
Quellen
- S1-Leitlinie Anämiediagnostik im Kindesalter, Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH), Stand: 2024, Abrufdatum 07.02.2025
- Richtlinie zur Blutabnahme für das Neugeborenen-Screening, Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Stand 2024, Abrufdatum 07.02.2025