Zusammenfassung
Intoxikationen im Rettungsdienst erfordern eine strukturierte Vorgehensweise mit besonderem Fokus auf den Eigenschutz. Bereits bei der Beurteilung der Einsatzstelle müssen Gefahren wie giftige Gase oder kontaminierte Patient:innen erkannt und geeignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Intoxikationen können vielfältige Symptome verursachen, daher ist die Erkennung von Toxidromen ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik.
Die symptomatische Therapie steht im Vordergrund und umfasst Maßnahmen wie Atemwegssicherung und Kreislaufstabilisierung. Zusätzlich sollte frühzeitig die Giftinformationszentrale kontaktiert werden, um spezifische Therapieempfehlungen zu erhalten. Falls verfügbar, kann eine Elimination oder Antidottherapie gezielt eingesetzt werden.
Beurteilung der Einsatzstelle
AchtungIntoxikationsnotfälle gehen häufig mit unübersichtlichen Einsatzsituationen einher. Eine sorgfältige Lageeinschätzung ist essenziell, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und den Eigenschutz zu gewährleisten. Neben der potenziellen Giftexposition müssen auch weitere Risiken, wie aggressives Verhalten von Patient:innen oder Anwesenden, berücksichtigt werden.
Gefahreneinschätzung und Eigenschutz
Giftige Gase:
Intoxikationen durch giftige Gase bergen ein besonderes Risiko für Einsatzkräfte. Im Folgenden sind typische Szenarien aufgeführt, in denen Vorsicht erforderlich ist:
- Typische Szenarien für CO
-Intoxikationen: - Shisha-Bars
- Räume mit schlechter Belüftung und Verbrennungsprozessen
- Weitere toxische Gase und Einsatzorte:
- CO₂-Ansammlung in Senken, Silos, Kneipen, bei undichten Tanks mit Kohlensäure
- Biogasanlagen (Methan, CO₂, Schwefelwasserstoff)
- Produktionsstätten der Gas- und Ölchemie (Schwefelwasserstoff, CO₂, Methan)
InfoKohlenmonoxid
(CO ):
- Entsteht durch unvollständige Verbrennung
- Mögliche Quellen: Gasthermen, Grills in geschlossenen Räumen, Ölheizungen
- CO
breitet sich schnell im gesamten Gebäude aus → toxische Konzentrationen auch entfernt von der Quelle möglich
MerkeVor dem Betreten eines Raumes muss geprüft werden, ob eine Intoxikation durch giftige Gase gegeben ist. Besonders bei mehreren bewusstlosen Personen in einem Gebäude oder Raum ist höchste Vorsicht geboten. CO
-Warngeräte erkennen gefährliche Konzentrationen und sollten bei jedem Einsatz mitgeführt werden.
Über die Haut resorbierbare Gifte:
Einige Giftstoffe können über die Haut resorbiert werden, jedoch sind sekundäre Vergiftungen der Rettungskräfte selten. Weiterhin ist hier Vorsicht geboten! Zum Schutz wird ein zweites Paar Handschuhe und ggf. ein Infektionsschutzanzug empfohlen. Der/die Patient:in sollte entkleidet und die Haut trocken abgerieben werden, so lassen sich bis zu 90 % der Substanz entfernen. Bei Unklarheiten sollte kein Risiko eingegangen und die Feuerwehr hinzugezogen werden.
Häufige Substanzen werden hier zusammengefasst:
Substanz | Vorkommen | Besonderheiten |
---|---|---|
Zyanide |
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Flusssäure |
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Acetylcholinesterasehemmer |
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Auffindesituation
MerkeDie Auffindesituation und der Ersteindruck (First Look) von Patient:innen kann entscheidende Hinweise liefern. Eine gründliche Untersuchung der Umgebung ist daher unerlässlich.
Hinweise auf die Art der Intoxikation:
- Tablettenpackungen (auch im Müll nachsehen)
- Offene Behälter (z.B. Alkohol, Pflanzenschutzmittel, Haushaltsreiniger)
- Flaschen oder Kanister mit Chemikalien
- Spritzen
oder Drogenutensilien - Abschiedsbriefe oder ähnliche Notizen
Zustand des/der Patient:in:
- Häufige Symptome: Bewusstlosigkeit, Atemdepression, Krampfanfälle
- Pupillenveränderungen:
- Miosis → Hinweis auf Opiatintoxikation
- Mydriasis → Hinweis auf Anticholinergika
- Miosis → Hinweis auf Opiatintoxikation
- Bläulicher Schaum vor dem Mund → Acetylcholinesterasehemmer
Diagnostik
Anamnese
InfoBei Vergiftungen kann die Anamnese erschwert sein, insbesondere bei bewusstlosen oder unkooperativen Patient:innen. Wichtige Informationen sind dann oft lückenhaft oder unzuverlässig, sodass Informationen über das Umfeld, Fremdanamnese und die körperliche Untersuchung besonders bedeutsam sind.
Die 6 W-Fragen:
Die 6 W-Fragen helfen, eine schnelle und gezielte Einschätzung der Vergiftungssituation vorzunehmen. Dadurch können lebensrettende Maßnahmen frühzeitig eingeleitet und die weiterführende Therapie optimiert werden.
TippDie Fragen liefern erste wichtige Hinweise zur Vergiftungssituation und unterstützen zudem die effektive Kommunikation mit der Giftinformationszentrale.
Besonderheiten bei der Anamneseerhebung:
- Kritische Bewertung der Aussagen:
- Insbesondere bei Suizidversuchen oder Drogenintoxikationen kann es zu bewusster oder unbewusster Fehlinformation kommen
- Vertuschung von Suizidabsichten, Straftaten oder Beikonsum in Methadonprogrammen ist möglich
- Über- oder Unterbewertung von Substanzmengen und Wirkungen
- Empathische Gesprächsführung:
- Keine wertenden Aussagen über Lebensstil oder Situation
- Ein urteilsfreier Umgang fördert die Bereitschaft, offen zu sprechen → so können entscheidende Informationen eher gewonnen werden
Achtung„One Pill Kill“
Bei Einnahme von 1 bis 2 Tabletten folgender Substanzen durch Kleinkinder (<6 Jahre) muss von einer potenziellen Lebensgefahr ausgegangen werden:
- Alpha-2-Agonisten (z.B. Clonidin
) - Opioide
(insbesondere Methadon) - Beta-Blocker (z.B. Propranolol)
- Calcium
-Kanal-Blocker (z.B. Verapamil, Amlodipin) - Trizyklische Antidepressiva
(z.B. Quetiapin) - Sulfonylharnstoff (z.B. Glimepirid)
Körperliche Untersuchung
MerkeIntoxikationen können eine Vielzahl klinischer Symptome verursachen, darunter abdominelle Schmerzen, Erbrechen, neurologische Auffälligkeiten wie Tremor, Bewusstseinseintrübungen oder Krampfanfälle sowie respiratorische Probleme und Herzrhythmusstörungen.
Inspektion (mögliche Symptome):
- Bewusstlosigkeit
- Zeichen eines stattgefundenen Krampfanfalls
- Bläulicher Schaum vor dem Mund → Acetylcholinesterasehemmer
- Einstichstellen → Hinweis auf Drogenkonsum
- Transdermale Medikation (Pflaster) → Hinweis auf z.B. Opiatintoxikation
Toxidrome:
DefinitionToxidrome sind charakteristische Symptomkomplexe, die bei bestimmten Vergiftungen auftreten und zur Differenzialdiagnose genutzt werden können. Ihre Identifikation ist ein zentrales Element in der initialen Beurteilung von Patient:innen. Die Orientierung an Toxidromen ermöglicht eine schnelle und gezielte Diagnostik.
In der folgenden Tabelle werden häufige Toxidrome und deren Symptomkomplexe kurz dargestellt:
Toxidrom | Klinisches Bild | Pupillen | ZNS | Haut + Schleim-häute | Temperatur | Herz-frequenz | Atem-frequenz |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Opiattoxidrom (z.B. Heroin, Fentanyl | „Reduziert und langsam“ | Eng | Gedämpft | Normal | Normal | ↓ | ↓ |
Cholinerges Syndrom (z.B. E 605, Sarin) | „Feucht und manchmal langsam“ | Eng | Möglicher-weise gedämpft | Sehr feucht | Normal | ↓ | ↑ |
Anticholinerges Syndrom (z.B. Vomex, Trizyklische Antidepressiva | „Heiß und trocken“ | Weit | Verwirrt | Trocken | ↑ | ↑ | ↑ |
Sympathomimetisches Syndrom (z.B. Amphetamine) | „Heiß und feucht“ | Weit | Agitation | Feucht | ↑ | ↑ | ↑ |
Weiterführende Informationen findest du unter den jeweiligen Artikeln zu den Intoxikationen.
Differenzialdiagnosen
Die Tabelle listet mögliche Differenzialdiagnosen, bei denen eine Intoxikation in Betracht gezogen werden sollte und deren Unterscheidungsmerkmale auf.
Krankheitsbild | Unterscheidungsmerkmal |
---|---|
Schlaganfall | Hemiparesen sprechen gegen eine Intoxikation |
Intrakranielle Blutungen | Pupillendifferenz untypisch bei Intoxikationen |
Sepsis | Hinweise auf Infektion, ggf. hohes Fieber |
Elektrolytstörungen | Meist schleichender Verlauf über Tage |
Postiktaler Zustand | Vigilanzzunahme im zeitlichen Verlauf |
Hypoglykämie / Hyperglykämie | Ausschluss durch Blutzuckermessung |
Giftinformationszentrale
Die Giftinformationszentralen sind rund um die Uhr erreichbar und bieten medizinisches Fachwissen zu Vergiftungen und toxikologischen Notfällen.
Funktionen der Giftinformationszentrale:
- Beratung bei Vergiftungen von Laien und medizinischem Fachpersonal
- Einschätzung von Symptomen, Vergiftungsgrad und möglichen Komplikationen
- Empfehlungen zu Erstmaßnahmen und Therapieoptionen
- Unterstützung bei der Identifikation unbekannter Substanzen
TippBedeutung für den Rettungsdienst:
- Frühzeitiger Kontakt (bereits während der Anfahrt) ermöglicht eine gezielte Vorbereitung
- Besonders relevant, wenn Giftstoff und Menge durch die Leitstelle bekannt sind
- Hilft, unnötige Maßnahmen zu vermeiden und die bestmögliche Versorgung sicherzustellen
- Unterstützt bei der Auswahl einer geeigneten Zielklinik
- Gibt Sicherheit in der Versorgung ungewohnter Krankheitsbilder
Management von Vergiftungen
MerkeDie symptomatische Therapie, nach dem xABCDE-Schema, ist die zentrale Säule in der Behandlung intoxikierter Patient:innen. In bestimmten Fällen kann die Giftelimination bereits präklinisch durch die Verabreichung von Aktivkohle oder frühzeitig durch eine Zuweisung in eine Klinik mit Notfalldialyse erfolgen, sofern das Gift dialysabel ist. Antidote sind präklinisch nur für wenige Vergiftungen verfügbar und sollten mit besonderer Sorgfalt eingesetzt werden.
Sicherung der Vitalfunktionen
Die folgenden Maßnahmen werden häufig angewandt:
- Sauerstoffgabe
/ Atemwegssicherung: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen
→ Bei Intoxikationen ist eine Normoxie anzustreben
→ Die Sauerstoffsättigungsollte nicht unter 90 % fallen - Kristalloide Infusionslösungen: Die Flüssigkeitstherapie ist essenziell zur Optimierung der Perfusion und zur Vermeidung einer Hypotonie
→ Bei Intoxikationen ist eine Normotonie anzustreben
→ Der systolische Blutdruckwert sollte nicht unter 90 mmHg fallen - Katecholamintherapie: Bei anhaltender hämodynamischer Instabilität sollten Katecholamine
zur Kreislaufstabilisierung eingesetzt werden
→ Zum Beispiel: Adrenalinals Push Dose Pressor
Giftelimination
DefinitionDie primäre Giftentfernung zielt darauf ab, noch nicht resorbierte Giftstoffe zu entfernen und die weitere Aufnahme zu minimieren.
Bei der sekundären Giftentfernung wird versucht, bereits resorbierte Substanzen aus dem Körper zu eliminieren.
InfoJe schneller die Giftelimination stattfindet, desto besser!
→ Schwere einer Vergiftung = Giftmenge × Zeit
Primäre Giftentfernung:
Die Maßnahmen zur primären Giftentfernung richten sich nach der Art der Giftaufnahme.
- Inhalative Giftaufnahme:
- Patient:in aus der belasteten Umgebung entfernen (wenn ohne Eigengefährdung
möglich) - Frischluftzufuhr gewährleisten oder Sauerstoff
verabreichen
- Patient:in aus der belasteten Umgebung entfernen (wenn ohne Eigengefährdung
- Dermale Giftaufnahme:
- Kontaminierte Kleidung entfernen (wenn ohne Eigengefährdung
möglich) - Betroffene Hautpartien gründlich mit Wasser reinigen
- Auf Wärmeerhalt achten
- Kontaminierte Kleidung entfernen (wenn ohne Eigengefährdung
- Orale Giftaufnahme:
- Verabreichung von Aktivkohle
TippAktivkohle bei Intoxikationen
Aktivkohle bindet aufgrund ihrer großen Oberfläche zahlreiche Toxine, insbesondere solche mit verzögerter Aufnahme. Idealerweise sollte sie innerhalb einer Stunde nach der Giftaufnahme verabreicht werden, doch auch eine spätere Gabe kann sinnvoll sein, um den enterohepatischen Kreislauf
zu unterbrechen und eine Depotwirkung von Medikamenten zu verhindern. Die Applikation ist also alleine wegen der zeitlichen Komponente speziell präklinisch oft hilfreich.
Voraussetzung: Freie Atemwege (kein Aspirationsrisiko vorhanden) oder gesicherter Atemweg!
Dosierung:
- 0,5–1 g/kg Körpergewicht
- Praxistipp: Erwachsene <50 kg Körpergewicht → 50 g als Einmaldosis
- Ausreichend hohe Dosis essenziell für eine effektive Bindung der Toxine
- Gabe über Magensonde möglich
Sekundäre Giftentfernung:
Die sekundäre Giftentfernung ist präklinisch nicht durchführbar. Hier werden gängige Verfahren und ihre Bedeutung kurz erläutert.
In der klinischen Therapie stehen verschiedene extrakorporale Verfahren zur Verfügung, die auch nach längerer Reanimationszeit eine Genesung ermöglichen können:
- Hämodialyse
– Entfernung wasserlöslicher Toxine über eine Blutfiltration - Hämoperfusion – Bindung von Giftstoffen an Adsorbenzien (z.B. Aktivkohle)
- Plasmapherese – Entfernung von Plasmaproteinen
und daran gebundenen Toxinen
InfoHämodialyse
Einige Toxine wie Methanol, Ethylenglykol, Salizylsäure, Valproat und Lithium sind besonders gut dialysabel. Bei lebensbedrohlichen Vergiftungen oder gleichzeitigem Nierenversagen kann eine zeitnahe Dialyse
lebensrettend sein. In diesen Fällen sollte frühzeitig eine geeignete Zielklinik angesteuert werden.
Antidot-Therapie
Weiterführende Informationen findest du unter den jeweiligen Artikeln zu den Intoxikationen.
DefinitionAntidote
Antidote (Gegengifte) sind Substanzen, die die Toxizität bereits aufgenommener Gifte reduzieren oder aufheben. Ihre Wirkungsweise variiert je nach Substanz:
- Chemische Reaktion: Umwandlung des Giftes in eine weniger toxische Form
- Antagonistischer Effekt: Blockade der Toxinwirkung an Rezeptoren
- Beeinflussung des Metabolismus: Veränderung der enzymatischen Verstoffwechselung des Giftstoffes
Für einige Toxine sind präklinisch verfügbare Antidote einsetzbar. Hier wird eine Auswahl relevanter Antidote vorgestellt:
Antidot | Indikation |
---|---|
Naloxon | Opiate |
Flumazenil | Benzodiazepine |
Cyanokit | Rauchgase |
Atropin | Acetylcholinesterasehemmer |
Sab Simplex | Schaumbildner |
AchtungAntidote sollten schrittweise dosiert werden, um unerwünschte Nebenwirkungen zu reduzieren.
MerkeWeitere Antidote sind verfügbar, doch ihr Einsatz erfordert eine strenge Nutzen-Risiko-Abwägung, da sie schwere Nebenwirkungen haben und bei Überdosierung selbst toxisch wirken können. Die Anwendung sollte individuell und in Absprache mit der Giftinformationszentrale entschieden werden.
Asservierung der Substanz
Zur Diagnosesicherung und gezielten Therapie im Krankenhaus sollte, wenn möglich, eine Asservierung des vermuteten Toxins stattfinden.
- Tablettenverpackungen
- Tablettenreste
- Offene Behälter (z.B. Alkohol, Pflanzenschutzmittel, Haushaltsreiniger)
- Flaschen oder Kanister mit Chemikalien
- Spritzen
oder Drogenutensilien - Speisereste
Tipp
- Alle in Patient:innennähe auffindbaren Tablettenverpackungen mitnehmen, ggf. auch in Abfalleimern nachsehen
- Proben eindeutig beschriften (Patientendaten, Art des Asservats, Zeitpunkt der Entnahme)
- Blutprobe vor Antidotgabe gewinnen, da das Gegengift die Analytik beeinflussen kann
Algorithmus
Wichtig:
Die Maßnahmen beziehen sich in der Regel, falls nicht anders angegeben, auf erwachsene Patient:innen. Die Empfehlungen orientieren sich an den deutschen oder ggf. europäischen Empfehlungen, klinischen Erfahrungswerten und Lehrbuchwissen aus dem deutschsprachigen Raum.
Die Angaben beziehen sich auf den allgemeinen Lehrbuchstand 02/2025.
Bitte verlass dich nicht blind auf diesen Algorithmus. Die Informationen können veraltet oder falsch sein. Bitte recherchiere vor der Durchführung von Maßnahmen noch einmal selber in der Fachliteratur, der entsprechenden Fachinformation oder der Leitlinie. Bei Unsicherheiten solltest du immer mit medizinischem Fachpersonal Rücksprache halten.
Dieser Algorithmus und die Angaben beziehen sich primär auf die präklinische und nicht die klinische Notfallmedizin.
Besondere Situationen
Herz-Kreislauf-Stillstand bei Intoxikationen
Ein Herz-Kreislauf-Stillstand im Rahmen einer Intoxikation stellt eine potenziell reversible Ursache dar. Aufgrund der häufig guten Prognose sollten Reanimationsmaßnahmen verlängert fortgeführt werden. Der Einsatz extrakorporaler Life-Support-Verfahren (eCPR / ECLS) sollte bereits präklinisch erwogen und nach Rücksprache mit einem spezialisierten Zentrum der Transport dorthin geplant werden.
Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses ist abhängig vom individuellen Fall. Die Zielklinik sollte sich am Zustand des/der Patient:in und den verfügbaren Behandlungsoptionen orientieren. Entscheidend ist, ob bei Bewusstlosigkeit oder kardiopulmonaler Instabilität eine Schockraumversorgung oder eine Intensivüberwachung erforderlich ist. Zudem sollte geprüft werden, ob spezielle Therapiemöglichkeiten wie Dialyse
InfoKriterien für eine intensivmedizinische Überwachung:
- Notwendigkeit einer endotrachealen Intubation
- Krampfanfall
- Keine Reaktion auf Ansprache
- Kein Sinusrhythmus
- AV-Block II. oder III. Grades
- QRS-Dauer ≥0,12 s
- Systolischer Blutdruck <80 mmHg
MerkeZusammenfassung Transport
- Zielkrankenhaus: Individuelle Entscheidung
- Bei Klinikauswahl auf Kriterien zur intensivmedizinischen Überwachung achten
- Ggf. Klinik mit Möglichkeit zur Dialyse
auswählen
Quellen
S3-Leitlinie Medikamentenbezogene Störungen, Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN)
SOP Intoxikationen. Teil 1: allgemeines Vorgehen, Notfallmedizin up2date 2020; 15(04): 339 - 344
Therapie akuter Intoxikationen, Intensivmedizin up2date 10, 2014
Versorgung von Patienten mit Intoxikation, retten – Notfallsanitäter. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023. ISBN: 978-3-13-242121-9