Zusammenfassung
Konventionelle Zytostatika sind Medikamente, die zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt werden. Sie greifen in das Wachstum und die Teilung von Tumorzellen ein und können so deren Wachstum und Ausbreitung verlangsamen oder sogar stoppen. Die meisten konventionellen Zytostatika wirken jedoch nicht spezifisch auf Tumorzellen, sondern beeinträchtigen auch gesunde Zellen im Körper und können dadurch unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Trotzdem sind sie seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil der Krebstherapie und werden in Kombination mit anderen Behandlungsformen wie der Strahlentherapie und der zielgerichteten Immuntherapie eingesetzt.
Allgemeine Nebenwirkungen
Die Schädigung schnell proliferierender Zellen führt zu typischen Nebenwirkungen:
- Haarfollikel: Haarausfall
- Knochenmark: Myelosuppression (gestörte Hämatopoese: Anämie
, Thrombopenie, Leukozytopenie , Granulozytopenie) → Erhöhte Infektanfälligkeit - Schleimhaut: Mukositis, Stomatitis, Ösophagitis
, Enteritis mit Diarrhö - Keimdrüsen: ausbleibende Ovulation, Azoospermie (ggf. prophylaktische Kryokonservierung von Spermien oder Eizellen)
Weitere:
- Zweittumore: Zytostatika wirken oft mutagen
- Brechzentrum: Übelkeit, Erbrechen
Wirkorte
- Purinsynthese: Hemmung durch Purin-Antagonisten und Folsäure-Antagonisten
- Pyrimidinsynthese: Hemmung durch Pyrimidin-Antagonisten
- Ribonukleotide zu Desoxyribonukleotide: Hemmung durch Hydroxyurea
- DNA-Schädigung: Durch Alkylantien, Topoisomerase-Inhibitoren, Antibiotika
- Mitosehemmung: Durch Mitosehemmstoffe
- Proteinsynthesehemmung: Durch Asparaginase
Übersicht
Wirkstoffe | Wirkung | Indikationen | Nebenwirkungen |
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Antimetabolite | |||
Purin-Antagonisten
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Folsäure-Antagonisten
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Pyrimidin-Antagonisten
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Ribonukleotidreduktase-Hemmer
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Alkylantien | |||
Stickstoff-Lost-Verbindungen
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Alkylsulfonate
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Weitere Alkylantien: | |||
Hydrazinderivate
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Nitrosoharnstoffe
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Platin-Verbindungen
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Topoisomerase-Inhibitoren | |||
Topoisomerase-I-Hemmer
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Topoisomerase-II-Hemmer
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Anthracycline
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Zytostatisch wirkende Antibiotika | |||
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Mitosehemmstoffe | |||
Taxane
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Vinca-Alkaloide
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Enzyme | |||
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InfoHand-Fuß-Syndrom
Das Hand-Fuß-Syndrom äußert sich durch schmerzhafte Hautrötungen an Handflächen und Fußsohlen, die mit Blasen und Ulzerationen einhergehen können. Es tritt häufig als Nebenwirkung bestimmter Zytostatika wie bei den Anthrazyklinen, Pyrimidinanaloga und Taxanen auf. Um dem Syndrom vorzubeugen, sollten Auslöser und Reizstoffe gemieden werden. Zusätzlich kann die regelmäßige Anwendung einer harnstoffhaltigen Creme die Symptome lindern.
Indikationen
- Neoadjuvante Zytostatikatherapie wird vor der Operation eingesetzt, um die Größe des Tumors zu reduzieren
- Adjuvante Zytostatikatherapie wird nach der Operation durchgeführt, um das Risiko von Rückfällen/Rezidiven zu verringern und/oder die Prognose zu verbessern
- Palliative Zytostatikatherapie wird eingesetzt, wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist (Verbesserung der Lebensqualität, Verlängerung der Lebenszeit)
- Konditionierung wird vor einer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation durchgeführt, um das Knochenmark des Empfängers zu zerstören (Myeloablation) und die Transplantation vorzubereiten
- In der Regel mit Alkylantien, mit oder ohne Ganzkörperbestrahlung
Supportive Therapie
- Nicht-Medikamentös: Physiotherapie, psychologische Betreuung, etc.
- Medikamentös:
- Antiemetika
: Serotonin-Rezeptor-Antagonisten wie Ondansetron - Infektionsprophylaxe:
- Antibiotika
(ggf. Antimykotika) - Impfungen durchführen
- Bei Neutropenie: Gabe von G-CSF (Granulocyte-Colony Stimulating Factor)
- Antiemetika
Prophylaxe eines Tumorlysesyndroms
- Definition Tumorlysesyndrom: Durch starken Zellzerfall werden intrazelluläre Elektrolyte und Zellbestandteile frei, welche unter anderem zu Elektrolytstörungen, einem akutem Nierenversagen, Herzrhythmusstörungen oder epileptischen Anfällen führen können.
- Diagnostik:
- Hyperkaliämie
- Hyperphosphatämie mit konsekutiver Hypocalcämie
(Ausfällung von Calcium -Phosphat-Kristallen) - Hyperurikämie
- LDH
- Kreatinin
- Hyperkaliämie
- Therapie:
- Absetzen nephrotoxischer Medikamente
- Harnalkalisierung (Urin-pH-Wert
↑) → Erhöht die Löslichkeit der Harnsäure - Flüssigkeitsgabe
- Ausgleich der Elektrolytveränderungen
- Allopurinol oder ggf. Rasburicase
- Absetzen nephrotoxischer Medikamente
Zielgerichtete Tumormedikamente
Im Gegensatz zu klassischen Zytostatika greifen diese Medikamente gezielt in Signalkaskaden ein, die für das Wachstum und die Ausbreitung von Tumorzellen verantwortlich sind („Targeted Therapy“). Eine Auswahl an wichtigen Wirkstoffen haben wir in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Wirkstoffe | Wirkung | Indikationen | Nebenwirkungen |
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Tyrosinkinase-Inhibitoren
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| Bei Vorliegen eines Philadelphia-Chromosoms (Translokation t(9;22))
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VEGF-Inhibitoren
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EGFR-Inhibitoren
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EGFR-Inhibitoren
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PD-1-Inhibitoren
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AchtungBei der Infusion von monoklonalen Antikörpern („-mab“) kann es zu einem Zytokin-Freisetzungssyndrom (Cytokine Release Syndrome/CRS) kommen. Dies ist eine systemische Immunreaktion durch massive Freisetzung von Zytokinen. Die Symptome sind Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie
und ggf. Dyspnoe. Diese Komplikation kann lebensbedrohlich sein.
Quellen
- Freissmuth et al.: Pharmakologie und Toxikologie. Springer 2012, ISBN: 978-3-642-12353-5.
- Karow, Lang-Roth: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2012
- Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie. 15. Auflage Thieme 2002, ISBN: 3-133-68515-5
- Wehling: Klinische Pharmakologie. 2. Auflage Thieme 2011, ISBN: 978-3-131-60282-4