Definiton
Dyspnoe beschreibt das subjektive Gefühl einer erschwerten oder unzureichenden Atmung. Sie stellt kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom dar, das auf eine Vielzahl zugrunde liegender Erkrankungen hinweisen kann. Dyspnoe kann sowohl Zeichen einer akuten, potenziell lebensbedrohlichen Situation als auch Ausdruck einer chronischen Erkrankung sein.
Die Ursachen reichen von Erkrankungen der Atemwege
Differentialdiagnosen
AchtungAkut lebensbedrohliche Differentialdiagnosen
- Akutes Koronarsyndrom
(ACS ) - Lungenarterienembolie
- Pneumothorax
(insbesondere Spannungspneumothorax ) - Akute Herzinsuffizienz (kardiales Lungenödem
) - Anaphylaxie / Glottisödem
- Fremdkörperaspiration
- Status asthmaticus
- Schwere Exazerbation einer COPD
- Sepsis bei Pneumonie
Weitere Differentialdiagnosen
Kardiale Ursachen
- Chronische Herzinsuffizienz
- Koronare Herzkrankheit
(KHK ) - Herzrhythmusstörungen
- Klappenvitien
- Perikarderkrankungen
- Endokarditis
/ Myokarditis - Cor pulmonale
- Angeborene Herzfehler
Pulmonale Ursachen
- COPD
(inkl. Lungenemphysem) - Asthma bronchiale
- Pneumonie
- Atelektasen
- Pleuraerguss
- Pleuritis
- Lungenfibrose
- Sarkoidose
- Pulmonale Hypertonie
- Trachealstenose
Metabolische/hämatologische Ursachen
- Anämie
- Metabolische Azidose
- Kohlenstoffmonoxidvergiftung
- Hyperthyreose
Mechanische Ursachen
- Adipositas
- Schwangerschaft
Neuromuskuläre / zentrale Ursachen
- Neuromuskuläre Erkrankungen
- Zentrale Störungen (z. B. Schlaganfall
, Hirntumor)
Psychogene Ursachen
- Panikattacken und Angststörungen
- Hyperventilationssyndrom
Red Flags
MerkeRed Flags sind Warnsymptome, die auf eine akut lebensbedrohliche Ursache hinweisen und ein sofortiges Handeln erfordern.
Red Flags
- Akuter Beginn der Dyspnoe
- Hypoxämie (SpO₂ < 85 %) oder schwere Zyanose (z. B. periorale Zyanose)
- Tachypnoe (> 40/min)
- Stridor
- Sprechdyspnoe
- Zeichen der respiratorischen Erschöpfung (z. B. Nutzung der Atemhilfsmuskulatur, paradoxe Atmung
) - Thoraxschmerzen als Begleitsymptom
- Gestaute Halsvenen
- Vigilanzminderung
(z. B. Somnolenz, Desorientierung) - Zeichen der Kreislaufinstabilität (z. B. Hypotonie, Tachykardie
, Kaltschweißigkeit, Blässe) - Pathologischer Auskultationsbefund (z. B. einseitig oder beidseitig fehlendes Atemgeräusch – „Silent Chest“)
Merke
- Inspiratorischer Stridor
: Hinweis auf eine Obstruktion der oberen Atemwege (z. B. Fremdkörper, Glottisödem) - Exspiratorischer Stridor
: Hinweis auf eine Obstruktion der unteren Atemwege (z. B. Asthma bronchiale , COPD)
Erste Schritte
Basismaßnahmen durchführen
- Kontinuierliches Monitoring: Blutdruck, Herzfrequenz
, EKG , SpO₂ - Frühzeitiges 12-Kanal-EKG
(innerhalb von 10 Minuten) - i.v.-Zugang
etablieren - Blutabnahme mit folgenden Parametern:
- Troponin
, CK -MB: Hinweis auf Myokardinfarkt - NT-proBNP / BNP
: Hinweis auf Herzinsuffizienz - D-Dimere
: Hinweis auf Thrombembolie (nur bei moderater bis niedriger klinischer Wahrscheinlichkeit sinnvoll) - Entzündungsparameter (CRP, Leukozyten
): Hinweis auf Pneumonie - Nierenretentionsparameter (Kreatinin
, Harnstoff ) - Gerinnung (Quick/INR, PTT
) - Blutgasanalyse
(BGA ): Beurteilung von Hypoxämie, Hyperkapnie , Azidose /Alkalose - Hb
: Hinweis auf Anämie - Elektrolyte: z. B. Hypo-/Hyperkaliämie
, Hypo-/Hypernatriämie - Laktat: Hinweis auf Schockgeschehen oder Gewebshypoxie
- Blutzucker: v. a. bei Bewusstseinsstörung relevant
- Troponin
Ersteindruck
- Kreislaufstabilität beurteilen (z. B. Hautkolorit, RR, HF, Vigilanz)
- Red Flags prüfen → bei positivem Befund: sofortige Notfallmaßnahmen
- Inspiratorischer Stridor
: Rachen inspizieren, Fremdkörper ausschließen, zum Husten animieren - SpO₂ < 90 %: Sauerstoffgabe
(Ziel-SpO₂: 92–96 %, Maske mit Reservoir), Oberkörper hochlagern - Respiratorische Erschöpfung: ggf. High-Flow
, nicht-invasive Beatmung oder Intubation - Schockzeichen: Schockindex
berechnen (HF/RR > 1,0 → hohe prädiktive Aussagekraft für instabile Kreislaufsituation), ggf. Katecholamine (Ziel-MAD: 60–70 mmHg), Volumentherapie einleiten, ggf. Defi-Patches aufkleben - Ausgeprägte Unruhe / Todesangst: medikamentöse Sedierung und Analgesie erwägen
TippDie strukturierte Versorgung erfolgt nach dem xABCDE-Schema, das in Notfallsituationen standardisiert angewendet wird.
Anamnese | Körperliche Untersuchung | Gezielte Bildgebung (je nach Anamnese und Untersuchung) |
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Differentialdiagnose erkennen
Symptomatik | Diagnostik | Sonstiges | |
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COPD |
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Asthma bronchiale |
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Pneumonie |
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Pneumothorax |
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Lungenarterienembolie |
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Herzinsuffizienz |
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Akutes Koronarsyndrom (ACS) |
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Hyperventilation/Panickattacke |
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Quellen
- Pocket-Leitlinien, Akute und chronische Herzinsuffizienz (Version 2021), Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
- Pocket-Leitlinien, Akutes Koronarsyndrom (Version 2023), Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
- Pocket-Leitlinien, Management der akuten Lungenembolie (Version 2019), Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
- Pocket-Leitlinien, Aortenerkrankungen (Version 2014), Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
- S3-Leitlinie, Diagnostik und Therapie von Spontanpneumothorax und postinterventionellem Pneumothorax, Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie e.V. (DGT)
- S3-Leitlinie, Nationale VersorgungsLeitlinie COPD, NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF
- S3-Leitlinie, Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF
- S3-Leitlinie, Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
- Steffen et al.: Internistische Differenzialdiagnosen, Schattauer GmbH, 2008, ISBN: 978-3-7945-23-42.9
- Frimmel: Klinische Notfälle griffbereit, Schattauer GmbH, 2018, ISBN: 978-3-7945-3253-7
- Baenkler et al: Kurzlehrbuch Innere Medizin, Georg Thieme Verlag KG, 2021, ISBN: 978-3-13-220000-5