Zusammenfassung

“Young girl about to receive a vaccine in her upper arm (48545990252).jpg” von SELF Magazine, CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons
Eine Impfung ist eine präventive medizinische Maßnahme zur aktiven Immunisierung gegen Infektionskrankheiten. Durch die Applikation von Antigenen, abgeschwächten oder inaktivierten Erregern wird das Immunsystem zur Bildung spezifischer Antikörper und Gedächtniszellen angeregt. Ziel ist ein langanhaltender Schutz vor der jeweiligen Erkrankung.
In der Praxis wird die intramuskuläre Injektion in den M. deltoideus als Standardtechnik bei Jugendlichen und Erwachsenen verwendet. Grundlage bilden die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI).
Indikationen
Eine Impfung ist indiziert zur Primärprävention impfpräventabler Erkrankungen und dient sowohl dem Individualschutz als auch der Herdenimmunität.
Beispiele:
- Schutzimpfungen gemäß STIKO-Impfkalender (z. B. Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Masern
, Influenza, COVID-19) - Postexpositionelle Prophylaxe bei Kontakt mit bestimmten Erregern (z. B. Tollwut, Hepatitis B)
- Berufsbedingte Indikationen, z. B. im Gesundheitswesen oder Rettungsdienst
Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen:
- Akute schwere Erkrankung mit Fieber > 38,5 °C
- Allergie gegen Bestandteile des Impfstoffs (z. B. Hühnereiweiß, Latex, Antibiotika
) - Schwere allergische Reaktion nach vorangegangener Impfstoffgabe
Spezifische Kontraindikationen für Lebendimpfstoffe:
- Schwangerschaft
- Angeborene oder erworbene Immundefizienz (z. B. Chemotherapie, immunsuppressive Therapie)
AchtungKeine Kontraindikationen:
- Leichter Infekt mit subfebriler
Temperatur (< 38,5 °C) - Kontakt zu infektiösen Personen
Aufklärung
Vor der Impfung erfolgt eine mündliche Aufklärung und Einwilligung des Impflings bzw. der Sorgeberechtigten. Dabei müssen folgende Punkte verständlich erläutert werden:
- Krankheit und Schutzwirkung des Impfstoffs
- Dauer und Schema des Impfschutzes
- Normale Impfreaktionen: Rötung, Schwellung, Schmerz, Fieber
bis 39,5 °C - Mögliche Komplikationen: z. B. allergische Reaktionen, Fieberkrämpfe
- Verhalten nach der Impfung: körperliche Schonung, Beobachtung auf Nebenwirkungen
Informationsblätter in verschiedenen Sprachen sind hilfreich und sollten dokumentiert ausgehändigt werden.
Material
- Einmalhandschuhe
- Händedesinfektionsmittel
- Hautdesinfektionsmittel
- Kanüle (25–50 mm, abhängig von Alter und Ernährungszustand)
- Impfstoff (ggf. Fertigspritze wie hier gezeigt)
- Sterile Tupfer
- Pflaster
- Abwurfbehälter für Kanülen
Durchführung
Vorbereitung:
- Identität und Impfstoff prüfen (Handelsname, Charge, Haltbarkeit, Indikation)
- Absolute Kontraindikationen ausschließen und mündliche Aufklärung durchführen
- Hände desinfizieren, ggf. Handschuhe anziehen
- Impfstoff vorbereiten: sofern keine Fertigspritze → Impfstoff aufziehen, Luftblasen entfernen, Kanüle wechseln

Injektion:
- Einstichstelle wählen: mittlerer Anteil des M. deltoideus, etwa 2–3 Querfinger unterhalb des Akromions
- Hautdesinfektion durchführen und Einwirkzeit abwarten
- Spritze vorbereiten: Schutzkappe entfernen, Luftblasen entfernen
- Injektionstechnik:
- Senkrecht zur Haut einstechen (90°-Winkel)
- Einstichtiefe etwa 2 cm, abhängig von Körperstatur und Dicke des subkutanen Fettgewebes
- Nicht aspirieren
- Impfstoff zügig injizieren
- Spritze nach Applikation einige Sekunden im Gewebe belassen, um direkten Rückfluss über den Stichkanal zu vermeiden
Nachsorge:
- Spritze zügig entfernen, Kanüle unmittelbar in den stichsicheren Abwurf geben
- Einstichstelle mit sterilem Tupfer abwischen und Pflaster aufkleben
- Patient:in beobachten (Synkopenprophylaxe, 15 Minuten Nachbeobachtung empfohlen)
- Dokumentation im Impfpass: Datum, Impfstoff (mit Handelsname/Charge), Indikation, Stempel, Unterschrift
TippKeine Aspiration erforderlich
Beim Impfen in den M. deltoideus oder anterolateralen Oberschenkel ist keine Aspiration notwendig, da dort keine großen Gefäße verlaufen.
Oberflächliche Venen liegen oberhalb der Muskelschicht und werden bei korrekter Injektionstechnik nicht punktiert.
Das Aspirierten verlängert den Vorgang, verursacht mehr Schmerzen und bringt keinen Sicherheitsvorteil.
Komplikationen

“Tetanusimpfung - Tag danach Crop.jpg” von Fluffychen, derivative work Lämpel, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
1. Impfreaktion (nicht meldepflichtig):
- Häufigkeit: ca. 1:100
- Symptome: lokale Rötung, Schwellung, Druckschmerz, Fieber
< 39,5 °C, Kopfschmerz , Unwohlsein - Auftreten:
- Totimpfstoffe: innerhalb von 48–72 h
- Lebendimpfstoffe: nach 1–2 Wochen
- Dauer: 1–3 Tage
2. Impfkrankheit (nicht meldepflichtig):
- Definition: milder Verlauf der Erkrankung nach Lebendimpfung (z. B. „Impfmasern“)
- Auftreten: 1–4 Wochen nach Impfung
- Übertragung: unwahrscheinlich
3. Impfkomplikation (meldepflichtig an Gesundheitsamt):
- Häufigkeit: ca. 1:1.000
- Definition: gesundheitliche Schädigung über das Maß einer normalen Impfreaktion hinaus
- Beispiele: Fieberkrampf, schwere allergische Reaktion
- Meldung: ärztliche Meldepflicht (§ 6 IfSG)
4. Impfschaden (meldepflichtig):
- Häufigkeit: ca. 1:1.000.000
- Definition: „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung“
- Zuständig: Versorgungsamt sorgt für Entschädigungen von Patient:innen mit Impfschaden nach „öffentlich empfohlenen“ Impfungen (z.B. STIKO-Empfehlungen)
Auffrischimpfungen bei Erwachsenen
Impfempfehlungen und Auffrischintervalle nach STIKO:
| Impfstoff | Grundimmunisierung: | Auffrischung: | Besonderheiten / Hinweise: |
|---|---|---|---|
| Tetanus (Td / Tdap) | 3 Dosen im Kindesalter | Alle 10 Jahre |
|
| Diphtherie (Td / Tdap) | 3 Dosen im Kindesalter | Alle 10 Jahre |
|
| Pertussis (Tdap) | 3 Dosen im Kindesalter | Einmalig im Erwachsenenalter (statt Td), danach Td alle 10 Jahre |
|
| Polio (IPV) | 3 Dosen im Kindesalter | Einmalige Auffrischung im Erwachsenenalter |
|
| Masern | 2 Dosen im Kindesalter | Keine routinemäßige Auffrischung |
|
| Varizellen | 2 Dosen | Keine routinemäßige Auffrischung |
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| Influenza (Grippe) | Jährlich | Jährlich im Herbst |
|
| COVID-19 | Grundimmunisierung nach Hersteller | Jährlich nur für Risikogruppen: ab 60 J., mit chronischer Erkrankung oder im Gesundheitswesen tätig |
|
| Pneumokokken | — | Ab 60 J.: einmalig PCV20 |
|
| Hepatitis B | 3 Dosen | Keine routinemäßige Auffrischung |
|
| FSME | 3 Dosen | 1. Booster nach 3 J., danach alle 5 J. (ab 50–60 J. teils alle 3 J.) |
|
| HPV (Humane Papillomviren) | 2 Dosen (9–14 J.) oder 3 Dosen (≥ 15 J.) | Keine Auffrischung |
|
Indikations- und Reiseimpfungen:
| Impfstoff | Grundimmunisierung: | Auffrischung: | Indikation / Hinweise: |
|---|---|---|---|
| Hepatitis A | 2 Dosen im Abstand von 6–12 Monaten | Kein routinemäßiger Booster nötig (Schutz ≥ 20 J.) |
|
| Typhus (Ty21a, oral) | 3 Kapseln an Tagen 1 / 3 / 5 | Alle 3 Jahre |
|
| Typhus (inaktiviert, i.m.) | 1 Dosis | Alle 2 Jahre |
|
| Japanische Enzephalitis | 2 Dosen (0 / 28 Tage) | Booster nach 1–2 J. bei anhaltendem Risiko; ggf. 2. Booster nach ~10 J. |
|
| Tollwut (Präexpositions-Impfung) | 3 Dosen (0–7–21/28) | Bei Dauerexposition: Titerkontrolle + Booster nach 1 J., dann alle 2–5 J. |
|
| Meningokokken ACWY | 1 Dosis | Nach 5 J. bei fortbestehendem Risiko |
|
| Meningokokken B | 2 Dosen (0–1/2 Monate; altersabhängig) | Keine Routine-Booster; bei Komplementdefekten / Asplenie / Komplementinhibition nach 1 J. und dann alle 2–3 J. |
|
| Cholera (oral) | ≥ 6 J.: 2 Dosen · 2–< 6 J.: 3 Dosen | ≥ 6 J.: 1 Booster innerhalb 2 J. · 2–< 6 J.: nach 6 Monaten |
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| Gelbfieber | 1 Dosis | Lebenslanger Schutz (WHO-anerkannt) |
|
| Tuberkulose (BCG) | — | — |
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Quellen
- Impfkalender mit den empfohlenen Standardimpfungen für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemäß STIKO-Empfehlungen im Epidemiologischen Bulletin 4/2025
- Empfehlungen im Epidemiologischen Bulletin 4/2025
- Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI): https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Punkt_Inj_Rili.pdf?__blob=publicationFile
