Zusammenfassung
Sobald bei einer Frau eine Schwangerschaft festgestellt wird, erhält sie von ihrer Gynäkologin oder ihrem Gynäkologen einen Mutterpass. Dieser Pass enthält alle Vorsorgeuntersuchungen sowie allgemeine Informationen über den Gesundheitszustand der Frau und des Fötus.
Damit auch im Notfall auf diese wichtigen Informationen zugegriffen werden kann, sollte der Mutterpass immer mitgeführt werden. In Notfallsituationen ist es häufig notwendig, schnell auf wesentliche Informationen zuzugreifen, um eine adäquate Versorgung zu gewährleisten.
Im Folgenden wird der Aufbau und die wichtigsten Inhalte des Mutterpasses dargestellt, um einen umfassenden Überblick über seine Bedeutung und Anwendung zu geben.

No machine-readable author provided. Erik Streb assumed (based on copyright claims)., CC BY-SA 3.0, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons
Seiten 2 und 3
Die ersten Seiten des Mutterpasses (gekennzeichnet als Seite 2 und 3) enthalten Angaben zur Blutgruppe, zum Rhesusfaktor, zur Röteln

Bildquelle: gemeinsamer Bundesausschuss.

Bildquelle: gemeinsamer Bundesausschuss.
TippSchwangerschaftswochen (SSW) - Die Berechnung der Schwangerschaftswochen ist wichtig, da sie eine präzise zeitliche Einordnung der Entwicklung des Fötus ermöglicht und somit entscheidend für die Planung und Durchführung der pränatalen Untersuchungen ist.
InfoIm Mutterpass werden die Schwangerschaftswochen häufig mit SSW abgekürzt. Die vollendeten Wochen werden zu den gezählten Tagen auf der Grundlage des errechneten Geburtstermins addiert. Eine Schwangere in der 31+6 SSW hat also 31 Wochen vollendet und befindet sich am 6. Tag der 32. Schwangerschaftswoche. Man kann die SSW entweder als post menstruationem (p.m.) mit Beginn der Zählung am 1. Tag der letzten Regelblutung angeben oder als post conceptionem (p.c) mit Zählbeginn am Tag des Eisprungs
, welcher ca. 14-16 Tage später ist. Meist wird in p.m. gerechnet, da dieser Tag einfacher zu bestimmen ist. Spricht man also von der 10. SSW p.m., ist der Embryo genau genommen erst 8 Wochen alt.
Seiten 4 und 9
Auf Seite 4 finden sich Angaben zu früheren Schwangerschaften und Geburten

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InfoIn der Gynäkologie gibt es einige Fachbegriffe, die am Anfang vielleicht etwas schwierig erscheinen. Hier noch einmal die wichtigsten Begriffe, die auf Seite 4 des Mutterpasses vorkommen und ihre Bedeutung:
- SSW (Schwangerschaftswoche): Diese werden als vollendete Wochen + die darauffolgenden Tage angegeben
- Spontangeburt: Eine vaginale Geburt
, bei der nicht mit Instrumenten (z.B. Saugglocke) eingegriffen werden muss - Vaginal-operative Entbindung
: Eine vaginale Geburt , bei der im Rahmen eines Geburtsstillstandes der Geburtsfortschritt mit Instrumenten (z.B. einer Saugglocke) unterstützt werden muss - Sectio: Ein Kaiserschnitt ist eine chirurgische Intervention, bei der das Kind über einen Bauchschnitt auf die Welt gebracht wird
- Abort: Eine Fehlgeburt (≠Totgeburt) bezeichnet ein Kind ohne Lebenszeichen unter 500 g Geburtsgewicht
- Totgeburt: Die Geburt
eines Kindes ohne Lebenszeichen über 500 g Geburtsgewicht - Abruptio: Die vorzeitige Ablösung der Plazenta von der Uteruswand vor der Geburt
des Kindes - EU oder EUG
(extrauterine Gravidität ): Eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (der Fötus kann sich im Eileiter, am Eierstock oder in der Bauchhöhle einnisten, was zu großen Komplikationen führen kann)
AchtungDie Nummerierung ist an dieser Stelle etwas irreführend, da die Seiten 4 und 9 genau nebeneinander liegen, wenn man das Heft an dieser Stelle aufschlägt.
Auf Seite 9 befindet sich eine Liste der Krankenhausaufenthalte während der Schwangerschaft und der kardiotokografischen Befunde. Der Kardiotokograf (nachfolgend CTG aus dem Englischen cardiotocography) zeichnet die Wehentätigkeit, die Herztöne des Fötus und die Herztöne der Mutter auf. Ein CTG sollte bei jeder vorzeitigen Wehentätigkeit durchgeführt werden. Auch dient es der Überwachung des Kindes während der Geburt

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Seiten 5 und 6
Auf Seite 5 werden die Anamnese und allgemeinen Befunde im Rahmen der ersten Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft aufgelistet und können mit Ja oder Nein beantwortet werden. Häufig finden sich hier auch handschriftliche Ergänzungen der behandelnden Ärzt:innen, die weitere Details beinhalten. Unterhalb der Auflistung befindet sich ein rot markiertes Feld, in dem angekreuzt wird, ob es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt oder nicht. Darunter können weitere Besonderheiten eingetragen werden.

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Während Seite 5 einen guten Überblick gibt, geht es auf Seite 6 um „Besondere Befunde im Verlauf der Schwangerschaft“ und den errechneten Geburtstermin.

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InfoWeitere Fachbegriffe
- Post partum: Nach der Geburt
des Kindes (Hierbei geht es offensichtlich um eine vorangegangene Schwangerschaft.) - Placenta praevia: Komplikation, bei der die Plazenta (der Mutterkuchen) in Richtung des Muttermundes liegt (der Geburtskanal kann betroffen bzw. sogar gänzlich blockiert sein)
- Hydramnion: Mehr Fruchtwasser als physiologisch vorgesehen
- Oligohydramnion: Weniger Fruchtwasser als physiologisch vorgesehen
- Plazenta-Insuffizienz: Funktion der Plazenta ist gestört, die Versorgung des Fötus ist unter Umständen nicht ausreichend sichergestellt
- Isthmozervikale Insuffizienz: Der Gebärmutterhals (Cervix uteri) ist unter der Schwangerschaft erweitert (kann zu Verlust des Fötus oder Frühgeburt führen)
- Gestationsdiabetes: Schwangerschaftsdiabetes
- Einstellungsanomalie: Unnatürliche Lage des Fötus im Becken
Seiten 7 und 8
Hier befindet sich das sogenannte Gravidogramm. Dieses enthält Aufzeichnungen über die Lage des Kindes, den Fundusstatus, die Kindsbewegungen, die Herztöne, den Blutdruck und spezielle Symptome der Schwangeren, wie z.B. Ödeme
- RR syst./diast.: Die früheren Blutdruckwerte der Mutter sind eine wichtige Referenz für die aktuell gemessenen Werte, die so besser in Relation zu den gewohnten Werten der Patientin gesetzt werden können. Konstant erhöhte Blutdruckwerte (>140/90 mmHg) müssen während der Schwangerschaft streng kontrolliert werden, da sie auf eine Gestose hinweisen können.
- Hb (Eryl): Ein leichter Abfall des Hämoglobins (bis ca. 12 g/dl) während der Schwangerschaft ist physiologisch. Fällt das Hämoglobin der Schwangeren stark ab, wird die frühzeitige Einnahme von Eisenpräparaten empfohlen.
- Sediment: Der Urin der Schwangeren wird auf Eiweiß, Zucker, Nitrit und Blut untersucht. Geringe Mengen an Eiweiß und Zucker können während der Schwangerschaft normal sein. Der Suchtest für Schwangerschaftsdiabetes ist ein oraler Glukosetoleranztest, der in der Schwangerschaft empfohlen wird. Blut und Nitrit im Urin
können auf eine Blasenentzündung hinweisen, die behandelt werden muss. - Vaginale Untersuchung: Bei der vaginalen Untersuchung werden die Länge und Festigkeit des Gebärmutterhalses, der Verschluss des Muttermundes, der Säuregrad der Scheide und Anzeichen für Infektionen der Scheide festgestellt. Gegebenenfalls wird auch eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt. Diese kann jedoch nur bei geöffnetem Muttermund erfolgen.
- Risiko-Nr.: Katalog A bezieht sich auf Risiken in früheren Schwangerschaften, Katalog B auf Risiken in der aktuellen Schwangerschaft. Risiken können z.B. das Vorliegen einer Placenta praevia, Anämie
oder Hypotonie sein und werden in Katalog B als Zahlen zwischen 28 und 52 angegeben. In der letzten Spalte ist Platz für alles, was nicht den vorherigen Spalten zugeordnet werden konnte, wie z.B. Laborergebnisse, Medikamente usw.

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InfoAbkürzungen im Gravidogramm
- SL = Schädellage
- QL = Querlage
- BEL
= Beckenendlage - Herztöne: Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen werden auch die kindlichen Herztöne mittels Ultraschall oder CTG kontrolliert. Diese werden in der folgenden Spalte eingetragen. Ein (+) steht für gefundene Herztöne und ein (-) für fehlende Herztöne.
- Kindsbewegungen: Die Bewegungen des Kindes werden in der nächsten Spalte ebenfalls mit (+) oder (-) gekennzeichnet.
- Ödeme
/Varikosis: In den nachfolgenden Spalten, die das Vorhandensein von Ödemen und Varikosis (Krampfadern) beschreiben, können bei besonders ausgeprägten Symptomen auch mehrere (+) eingetragen werden. - Gewicht: Die durchschnittliche Gewichtszunahme der Mutter beträgt 5 bis 20 kg. Das Gewicht der Mutter wird hier als Referenz eingetragen.
- Fundusstand: Die Lage des Fundus erlaubt eine Beurteilung des fetalen Wachstums. Der Fundus ist die kraniale Seite des Uterus. Er ist von außen tastbar und wird in einem Abstand von der Symphyse, dem Nabel oder dem Rippenbogen gemessen.
- Kindslage: Die Kindslage ist vor allem im Hinblick auf die bevorstehende Geburt
von Bedeutung, da nur die Schädellage (das Kind liegt mit dem Kopf voran im mütterlichen Becken) eine komplikationsarme Geburt vorhersagt. Die Kindslagen werden im Gravidogramm mit SL für Schädellage, QL für Querlage und BEL für Beckenendlage abgekürzt.
Seite 10 und 11
Im Verlauf der Schwangerschaft gibt es drei übliche, in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlene Ultraschall-Vorsorgeuntersuchungen, die im ersten, zweiten und dritten Trimester durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Ultraschalluntersuchungen werden auf diesen beiden Seiten dargestellt. Hier werden verschiedene Messungen des Fötus vorgenommen, um das Wachstum anhand von Perzentilen

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InfoDa auch hier einige Abkürzungen verwendet werden, werden diese hier erläutert:
- APD: anterior-posteriorer Durchmesser
- ATD: abdominaler Transversaldurchmesser
- AU
: Abdomenumfang - BPD
: biparietaler Durchmesser - FL
: Femurlänge - FOD
: frontookzipitaler Durchmesser - FS: Fruchtsack
- KU
: Kopfumfang - SSL
: Scheitel-Steiß-Länge - SSW: Schwangerschaftswoche anhand der letzten Regelblutung
- SSW korrigiert: Schwangerschaftswoche anhand der Größe des Fötus
Seiten 12 und 13
Für weitere Ultraschalluntersuchungen außerhalb der in den Leitlinien empfohlenen Untersuchungen besteht auf Seite 12 die Möglichkeit, die Ergebnisse einzutragen.
Auf Seite 13 sind die Untersuchungsergebnisse der oben beschriebenen Messungen in Normkurven eingetragen. Auf diese Weise kann das Wachstum des Fötus anhand des biparietalen Durchmessers und des abdominalen Transversaldurchmessers im Vergleich zu den Mittelwerten beurteilt werden.

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Seiten 14 und 15
Auf Seite 14 können, wie auf Seite 12, die Ergebnisse weiterer Ultraschalluntersuchungen eingetragen werden.

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Die letzte Seite, Seite 15, ist für die Abschlussuntersuchung vorgesehen. Dieser Teil ist erst nach der Geburt

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Quellen
- Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“) Stand: 2019.
- Ständige Impfkommission (STIKO): Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2024 in: Epidemiologisches Bulletin 4/2024. 2024, doi: 10.25646/11892 Seiten.1-72.